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Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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ich mich an ihn erinnern würde, wenn er mich … wenn er …
    »Disziplin«, sagt sie. »So hat er es genannt. Seiner Meinung nach bist du zu verwöhnt gewesen, ein frecher Junge, der eine feste Hand braucht. Mir war überhaupt nicht so richtig klar, was da abging, bis eines Tages … in seinem Auto …«
    An diesen Tag im Auto kann ich mich erinnern. Aber er hat mich nicht geschlagen. Sie hat das alles für mich in Ordnung gebracht. Sie hat den nassen Fleck zugedeckt, hat mich zu Gran gebracht, sie hat mich gerettet. Es ist nichts Schlimmes passiert.
    Sie sieht mich an. »Weißt du das nicht mehr?«
    Ich bin nicht sicher, woran ich mich erinnere. Aber ich will nicht mit ihr darüber reden … es ist viel zu peinlich.
    Doch sie ist nicht zu bremsen. »Du hast eine ziemliche Sauerei in seinem Auto veranstaltet. Der Kerl war ein absoluter Sauberkeitsfanatiker, Ty, der hat jede Woche stundenlang seinen blöden Ford Mondeo geputzt. Er istdurchgedreht, hat dich angeschrien, hat sofort haltgemacht. Er hat dich so verängstigt, dass du dich eingepinkelt hast. Du armer kleiner Wicht. Ich hätte etwas tun sollen, ich hätte dafür sorgen müssen, dass er aufhört. Es tut mir so leid, Ty. Ich war jung und dumm und hab ihm sogar geglaubt, als er behauptet hat, dass du eine Vaterfigur brauchst. Jedenfalls hat er sofort angehalten, als er gesehen hat, was du getan hast, und hat dich mit dem Gürtel verprügelt. Zack, quer übers Gesicht. Schrecklich. Du hast so viel Angst gehabt, dass du nicht mal geweint hast.«
    Worauf soll man sich noch verlassen, wenn man nicht mal mehr seinen eigenen Erinnerungen trauen kann? Woher soll man wissen, was wahr ist und was nicht?
    »Du weißt es nicht mehr, oder?«, sagt sie. »Gott sei Dank. Ich habe solche Schuldgefühle … Danach hab ich dich jedes Mal, wenn ich mich mit ihm verabredet hatte, zu deiner Gran gebracht –«
    Unglaublich. »Du hast dich noch weiter mit ihm verabredet?«
    Sie wird rot. »Ich hab doch gesagt, dass ich jung und dumm war. Also. Ich dachte, ich sei in ihn verliebt.«
    Ich sage nichts mehr. Was soll ich jetzt noch sagen? Es fühlt sich so an, als hätte Jukes’ Messer alles, was in mir war, herausgekratzt.
    »Dann fing er mit seiner Eifersucht an, dachte ständig, ich würde mich nach anderen Typen umsehen. Eines Tages hat er auch mich geschlagen und mir ein blaues Auge verpasst. Das war’s dann. Aus und vorbei. Du warst sehrerschrocken, bist eine ganze Weile sehr still gewesen. Aber dann fing die Schule an, du hast dich mit Arron befreundet und, tja, das Leben ging weiter.«
    »Warum hast du mir das nicht früher schon gesagt?«
    Sie zuckt die Achseln. »Wann ist der passende Moment, um über so etwas zu reden?«
    Ich drehe den Kopf von ihr weg. »Du hast mir nie etwas gesagt.«
    »Ty«, sagt sie mit leiser, bittender Stimme. »Wir machen alle Fehler, mein Liebling. Ich wollte nur, dass du ein schönes Leben hast, ich wollte alles richtig machen. Ich habe es wirklich versucht.«
    Ich muss blinzeln. Ich möchte nicht länger darüber reden. »Ich weiß. Schon gut«, sage ich.
    »Es gibt noch ein paar andere Sachen, über die ich mit dir reden muss«, sagt sie mit zögerlicher, verunsicherter Stimme. Ich sehe sie nicht an.
    Es klingelt, die Besuchszeit ist vorbei. Sie steht auf und will gehen. »Du musst dich ausruhen«, sagt sie.
    »Ich will mich nicht ausruhen. Ich mache hier nichts anderes, als mich auszuruhen. Es ist so langweilig hier, ich kann überhaupt nichts machen.« Ich weiß, dass ich mich wie ein Quengelkind anhöre, aber ich kann nichts daran ändern.
    Sie gibt mir einen Kuss auf die Stirn. »Was ist mit dem iPod, den dir Archie gegeben hat? Und mit den Büchern, die er dir geliehen hat? Und der Fernseher in diesem schicken Fernsehzimmer? Und Pen hat dir ein Sudoku-Heft geschickt.«
    Gähn. Archies iPod ist voll mit Mädchen-Bands, ich habe ihm das Ding gleich zurückgegeben, zusammen mit einer Liste ordentlicher Musik. Seine Bücher sind Thriller oder Mangas und ich bin weder für das eine noch für das andere in Stimmung. Und nur Gott allein weiß, wie Archies Mum auf die Idee kommt, ich würde auch nur eine Sekunde meines Lebens dafür opfern, um herauszufinden, welche blöde Zahl in welches blöde Kästchen gehört.
    »Langweilig. Sag Archie, er soll morgen kommen.«
    »Er muss nächste Woche wieder in die Schule«, erwidert meine Mum. »Es ist sein letztes Wochenende. Er führt sich auf, als müsste er ins Gefängnis, dieser verzogene Bengel. Das

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