Die letzte Chance - Final Jeopardy
ins Schlafzimmer, um mich anzuziehen.
Es gibt eigentlich kein körperliches Training, das mich interessiert, nur fürs Ballett hatte ich schon immer eine Schwäche. Seit meinem vierten Lebensjahr hatte ich Unterricht genommen. Meine Träume, Nachfolgerin der Makarova zu werden, hatte ich erst aufgegeben, als ich aufs College kam. Dennoch, während der Universitätsjahre und immer, wenn meine unregelmäßige Arbeitszeit bei Gericht es erlaubte, nahm ich weiter Ballettstunden, um in Form zu bleiben und für die Anspannung meines Berufs einen Ausgleich zu finden.
Der Streifenwagen mit zwei Beamten von der Tagschicht stand in der Auffahrt meines Wohnhauses, als ich aus der Tür trat, die Ballettschuhe in der Hand und einen Regenmantel über dem schwarzen Trikot und der Strumpfhose. Beide Cops - zwei
junge Frauen - setzten sich aufrecht hin, als sie mich auf sie zukommen sahen.
»Hi, ich bin Alexandra Cooper«, sagte ich, obwohl sie das sicher wußten, als sie mich erblickten. »Tut mir leid, daß Sie hier Ihren Dienst tun müssen, aber ich denke, in ein paar Tagen wird das vorbei sein. Würde es Ihnen was ausmachen, mich für eine Stunde rüber zur West Sixty Fourth Street zu bringen?«
»Kein Problem.«
Ich stieg ein, und wir fuhren zu dem Studio auf der West Side. Es lag in der Nähe des Lincoln Centers und gehörte einem ehemaligen Tänzer des American Ballet Theatre. Ich nahm an seinem Unterricht am Samstag morgen und gelegentlich abends unter der Woche teil, wenn meine Zeit es erlaubte. William und seine sechs anderen Schüler waren zwar überrascht, mich zu sehen; als ich etwas verspätet eintraf, aber das Schweigegebot für die Teilnehmer während des Trainings war einer der zusätzlichen Vorzüge des Balletts. Nie mußte ich meine persönlichen Umstände erklären oder über meine Prozeßergebnisse oder die tägliche Arbeit an den Fällen sprechen, von denen sie in der Boulevardpresse gelesen hatten.
Fast eine Stunde lang, während ich mich streckte und mich mit Pliés und Glissaden über den glatten Holzboden zur vertrauten Musik von Prokofjews Romeo und Julia bewegte, verdrängte die Konzentration alle anderen Gedanken aus meinem Hirn. Ich schwitzte und strengte mich genauso an wie die anderen Frauen im Studio und bedauerte es eher, als die Platte zu Ende war und William sich vor der Gruppe mit seinem üblichen »Schönen Dank, meine Damen« verbeugte.
Ich begrüßte die anderen erschöpften Tänzerinnen und kühlte mich ab, bevor ich zum Streifenwagen hinausging, um mich von meiner Eskorte nach Hause bringen zu lassen. Zuvor stieg ich aber noch bei Grace’s Marketplace aus, einem Feinkosttempel, um das Abendessen für Jed und mich einzukaufen. In der Abteilung für schmackhafte, vorgekochte Gerichte war ich Stammkundin - ich liebte diese kompletten Mahlzeiten, die nur noch aufgewärmt und serviert werden mußten. Jed würde von der langen Reise viel zu erschöpft sein, um an diesem Abend noch ausgehen zu wollen. Kalbfleisch auf französische Art, neue Kartoffeln
aus dem Backofen, grüne Bohnen und Salat, und dann stand ich an der Schnellkasse, sprang in den Wagen und ließ mich wenige Minuten später an meiner Haustür absetzen. »Das war’s für heute, meine Damen. Ich gehe nicht mehr aus. Mein Freund wird später kommen - mehr bekommen Sie heute nicht zu tun. Vielen Dank.« Die beiden Polizistinnen bezogen in der Auffahrt Posten, und ich fuhr nach oben, um meine Einkäufe zu verstauen und unter die Dusche zu gehen.
Die einzige Nachricht auf meinem Anrufbeantworter stammte von Nina, die vom Auto aus auf dem Weg zu Isabellas Beerdigung angerufen hatte. »Ich ruf’ später noch mal an, nach der Show. Vergiß nicht, sie dir anzusehen - C-SPAN überträgt den Gottesdienst. Insider behaupten, daß jede Menge Krokodilstränen fließen werden - Sharon, Demi, Nicole, - alle die Mädels eben, die Isabellas Drehbücher und laufende Projekte an sich reißen wollen, werden vorn und in der Mitte stehen, in tiefstem Schwarz und mit geheuchelter Trauer. Bis später.«
Es war fast ein Uhr, also machte ich es mir auf meinem Sofa im Arbeitszimmer bequem und sah mir den Gedenkgottesdienst für Isabella an, der aus Forest Lawn übertragen wurde. Zunächst schilderte der Kommentator den Einzug der Filmstars, nicht viel anders als bei der Oscar-Verleihung im Dorothy-Chandler-Pavillion. Unter den Hunderten prominenter Trauergäste konnte ich Nina und ihren Mann Jerry Baum ausmachen - einen Literaturkritiker und
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