Die letzte Chance - Final Jeopardy
diejenigen, die Pailletten am Grab mögen. Ich bezweifle, daß auch nur eine von ihnen überhaupt gehört hat, was gesprochen worden ist. Was meinen denn die Cops - haben sie einen Mörder?«
»Nur die üblichen Verdächtigen. Ich hab’ gehört, daß die Polizei von L.A. heute nachmittag im Haus ist und nach Hinweisen, Papieren, Tagebüchern und so weiter sucht. Morgen werd’ ich mehr wissen. Hast du noch irgendwas über ihren Psychologen rausgefunden?«
»Nur daß sie in den letzten paar Jahren vier verschiedene gehabt hat. Ich kenne ihre Namen nicht, aber die Polizei wird sie auf den Pillenflaschen in ihrem Bad finden. Laut Iz hatte alle Welt Probleme. Nur ihr ging es gut - aber sie brauchte diese Burschen für Pillen. Hochs, Tiefs - jeweils der letzte Schrei. Sobald einer der Psychiater ihr auf die Schliche kam, ging sie zu einem neuen und ließ sich die ganze Palette von vorn verschreiben.«
»Hab’ ich dir schon gesagt, daß sie in den letzten paar Nächten, in denen sie auf Vineyard in meinem Haus war, nicht allein war?«
»Sag bloß! Spann mich nicht auf die Folter - wer war der Masochist?«
»Wir haben keine Ahnung. Ich hab’ gehofft, daß sie es dir vielleicht gesagt hat.«
»Nee. Sie hat mir allerdings was von irgendeinem Burschen erzählt, den sie vor etwa einem Monat zufällig im Flugzeug kennengelernt
hat. Sie war mit der Concorde von London zurückgeflogen - er hätte sie >die Rakete< genannt.«
»Ach ja. Das ist Investmentbanker-Jargon.«
»Sie sagte, der Kerl sei so faszinierend gewesen, weil er nicht im Showbusiness war, aber eben stark und bedeutungsvoll gewesen sei-ihre Worte, Mädchen. Du weißt ja, wie sehr es sie immer beeindruckt hat, daß Leute, die nicht in People standen, interessante Gesprächspartner sein konnten und sogar einen Tisch im Le Cirque bekamen.«
»Hat sie sich denn mit ihm verabredet oder sich an ihn herangemacht? Ich möchte gar zu gern wissen, wer es ist, damit ich ihn fragen kann, ob auch er meine Gastfreundschaft genossen hat.«
»Ich werd’ mich mal umhören. Für mich hat sich das nach ihrer ewigen Suche nach dem Märchenprinzen angehört.«
Wir plauderten noch etwa zehn Minuten, bevor wir auflegten. Als wir auf die Psychiater zu sprechen gekommen waren, war mir mein Nachbar eingefallen.
Sobald ich aufgelegt hatte, wählte ich sofort David Mitchells Nummer. Es war unsere Sonntagabendtradition, uns - falls keiner von uns eine Verabredung hatte - um sieben zusammen 60 Minutes anzusehen und uns dabei etwas zu essen kommen zu lassen. »Bleibt’s bei heut’ abend?« fragte ich David, als er abhob.
»Klar. Zac und ich werden kurz vor sieben rüberkommen. Noch jemand dabei?«
»Nein, Jed mußte heute morgen weg.«
»Soll ich was bei Pig Heaven bestellen?«
»Mmm. Chinesisch - tolle Idee! Aber eins sag’ ich dir gleich: Ich werde umschalten, wenn sich auch nur einer der Beiträge mit einem weiteren Todeskandidaten befaßt, der zugibt, 27 Menschen umgebracht zu haben, nur den einen nicht, wegen dem er verurteilt worden ist. Ich schau’s mir nur an, wenn sie einen Wissenschaftler vorstellen, der entdeckt hat, daß rotes Fleisch, Pommes frites, Speiseeis und Doritos gut für die Gesundheit sind, oder irgendeine andere optimistische Geschichte. Bis später.«
David und Zac erschienen, als die Lokalnachrichten zu Ende gingen. Ich mochte David sehr, hatte aber nicht das Gefühl, ihn wirklich zu kennen. Er besaß diese wunderbare Eigenschaft eines guten Therapeuten, der einen ermutigt, alles zu sagen, was
man denkt und glaubt, ohne dabei auch nur im geringsten eigene Gefühle preiszugeben. Wie ich hatte auch er einen Beruf, der ihn völlig in Beschlag nahm. Ich hatte ihn zwar hin und wieder mit einer seiner Freundinnen gesehen, hatte aber keine Ahnung, wer sie waren oder in welchen Kreisen er verkehrte.
Prozac wiederum war die ideale Nachbarin. Die gepflegte, gelblichgraue Hündin, die auf den Kosenamen Zac hörte, begrüßte mich immer, wenn ich nach einem schweren Tag heimkam. Wenn sie mich erblickte, sprang sie mir über den Gang entgegen, leckte mich freundschaftlich und wollte getätschelt und gestreichelt werden. Gelegentlich, wenn David zu Sitzungen außerhalb der Stadt war, behielt ich Zac übers Wochenende bei mir und nahm sie zu langen Spaziergängen oder zum Joggen in den Park mit.
David nahm mich sanft ins Kreuzverhör, um sich zu vergewissern, daß ich wirklich okay war, während Zac ihre übliche Position zu meinen Füßen einnahm und sich auf
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