Die letzte Chance - Final Jeopardy
meinen Kalender eingetragen hatte. Eine Notiz von Battaglias Assistentin Rose Malone, die mir nahelegte, im Laufe des Tages doch mal beim Boß vorbeizuschauen.
Ich begab mich an die Arbeit, indem ich ein paar Briefe in den Computer hackte, die Laura ausfeilen und für mich zum Unterschreiben ausdrucken konnte, wenn sie kam. Zwei waren Verfügungen, die Opfer darüber informierten, daß ich in beiden Fällen Antrag auf eine langjährige Freiheitsstrafe gestellt hatte und den Frauen ersparen wollte, ihren Vergewaltigern beim Prozeß gegenüberzutreten. Ein anderer Brief bestätigte, daß ich vor Erstsemestern an der Yale University zu Beginn des nächsten Semesters eine Vorlesung über Vergewaltigungen bei einem Date halten würde, und in einem weiteren Brief erklärte ich mich bereit, an einer Konferenz im Mount-Sinai-Hospital teilzunehmen und Sarah mitzubringen, die Anfang Januar das gynäkologische Personal über das Procedere bei Untersuchungen von Notzuchtsopfern informieren sollte. Ich versuchte soviel wie möglich wegzuarbeiten, bis sich um neun Uhr die Tore für das allgemeine Publikum öffneten und alle meine Kollegen auf Hochtouren kamen.
Laura schaute als erste bei mir herein. Sie informierte mich über alles, was ich am vergangenen Freitag versäumt hatte, und ging die Tagestermine mit mir durch. Normalerweise reservierte
ich an Montagen ein wenig Zeit, weil sich an Wochenenden erfahrungsgemäß eine große Zahl von Fällen ansammelte, die dann vorrangig behandelt werden mußten.
»Ich hatte einen Zehn-Uhr-Termin für Sie gemacht, mit einer Frau, deren Ex-Freund in ihrer Wohnung aufkreuzte, um ein paar Sachen zu holen, dann auf sie einprügelte und sie vergewaltigte«, begann Laura. »Aber sie hat mir aufs Band gesprochen und den Termin abgesagt. Sie heißt Shaniqua Simmons - hier ist ihre Nummer. Rufen Sie sie selbst an, um zu erfahren, warum sie nicht kommt.«
»Kann jemand den Termin gebrauchen?«
»Klar. Jackie Manzi von Special Victims hat angerufen. Sie möchte, daß Sie eine Studentin vom Hunter College empfangen - der Fall sei gestern morgen reingekommen. Jackie weiß nicht, ob sie eine Verhaftung vornehmen lassen soll. Sie möchte, daß Sie das entscheiden und es ihr mitteilen.«
»Na schön. Rufen Sie sie an, und sagen Sie ihr, sie soll ihre Zeugin so bald wie möglich runterbringen - sie kann Shaniquas Termin haben.«
»Rose Malone hat gesagt, Sie sollten ihre E-Mail ignorieren. Battaglia möchte mit Ihnen, Rod und Pat McKinney beim Lunch ein Brainstorming veranstalten - es geht um Ideen, wie man die Dauer der Untersuchungshaft bis zum Zeitpunkt der Anklageeröffnung reduzieren könnte. Sie hat durchblicken lassen, daß er auch sehen möchte, wie Sie unter all diesem Streß funktionieren.«
»Danken Sie ihr für die Warnung.«
»Um zwei haben Sie dann das Interview mit Ellen Goldman, der Frau, die das Profil für den USA Lawyer’s Digest schreibt.«
»Ich hab’ heute wirklich nicht die Geduld für so etwas. Ich muß hier noch so viel erledigen.«
»Nun, ich bezweifle, ob Sie sie noch viel länger vertrösten können - sie ist sehr hartnäckig. Außerdem glaubt der Bezirksstaatsanwalt, daß es gute PR fürs Amt ist, also sträuben Sie sich nicht dagegen.«
»Jawohl, Ma’am.« Ich beugte mich lächelnd Lauras vernünftigem Rat. »Sonst noch was?«
»Jede Menge Anrufe - teils von den Medien, teils von Freunden -, Sie können sie sich selbst vornehmen. Und ein Kerl hat
den ganzen Freitag über angerufen. Wollte aber weder seinen Namen nennen noch eine Nachricht hinterlassen - er müsse unbedingt mit Ihnen über Isabella reden und würde es heute wieder versuchen. Wollen Sie ihn übernehmen?«
»Klar.«
»Alan Glanton hat bereits angerufen. Er eröffnet heute vormittag das Verfahren in der Bodega-Vergewaltigung. Richter Callahan hat ihm erklärt, er werde viel eher positiv hinsichtlich der Einsprüche der Anklage während des Prozesses entscheiden, wenn Sie Alan die gleiche >Ausstattung< geben, die Sie so erfolgreich im Boynton-Prozeß verwendet haben. Kann er vorbeikommen und sie sich abholen, bevor er zum Gericht geht?«
Ich lachte und ging zum letzten Aktenschrank an der Wand, der alle meine persönlichen Sachen enthielt: Schuhe mit verschiedenen Absatzgrößen, Strumpfhosen in allen möglichen Farbnuancen, um gegen unerwartete Laufmaschen gewappnet zu sein, Make-up und Parfüm für unverhoffte Abendeinladungen. Und mein Weg zu Richter Callahans Herz: Päckchen mit Stick-Ups,
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