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Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)

Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Connor
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setzte sie sich hin und sah ihm in die Augen.
    Wasser lief ihm das Gesicht hinab. Sie leckte daran. Salzig.
    Der Mensch stieß einen Laut aus, den sie erkannte, ein schmerzliches Wimmern. Verletzt? Sie leckte wieder an ihm, suchte nach einer Wunde, und er schlang die Vorderbeine um sie, als ob er mit ihr rangeln wollte, aber sie glaubte nicht, dass es darum ging. Dann hallte eines seiner Geräusche in ihr wider.
    Jenna.
    Das Wort durchfuhr sie wie das Krächzen einer Krähe. Sie legte den Kopf schief. Er sagte es noch einmal.
    Ich bin Jenna.
    Feuer folgte. Sie landete winselnd auf der Seite, als die Welt ihr entglitt. Sie suchte für einen ganz kurzen Augenblick jenen Leidensort auf und wirbelte dann zurück. Quälende Schmerzen durchfuhren sie, als ob sie sich alle Knochen auf einmal gebrochen hätte.
    Als sie wieder deutlich sehen konnte, lag Jenna in Masons Armen. Er streichelte ihr den nackten Bauch, als ob sie ein Tier wäre. Noch schlimmer, er sah aus, als hätte er ganz allein gegen die Heerscharen der Finsternis gekämpft.
    Die Erinnerung an Tage und Empfindungen kehrte in einzelnen Fetzen zurück. Der Biss. Der Kampf. Sie hatte davon geträumt, als Wölfin auf die Jagd zu gehen. Warum zur Hölle bin ich noch am Leben?
    Sie versuchte zu sprechen, aber es gelang ihr nicht, und so befeuchtete sie sich die Lippen mit der Zunge. »Nutzt du meine Hilfslosigkeit aus? Mann, das muss ja eine tolle Party gewesen sein!«
    Sein heiseres Lachen durchgrollte sie. »Mein Gott, Jenna. An wie viel erinnerst du dich?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Ich glaube …« Sie begegnete seinem dunklen Blick, als die letzten Wolken sich lichteten. »Ich hab’s getan, oder?«
    Mason nickte düster. »Du hast deine Gestalt verändert.«
    Sein Tonfall hinterließ in ihr eine geballte Spirale der Sorge. »Heißt das, dass ich jetzt ein Monster bin? Oder bald eines sein werde?«
    »Ich weiß es nicht. Du hast mich nicht verletzt. Du hast an meinem Arm geknabbert, aber es hat nicht wehgetan.«
    »Oh mein Gott. Ach du Scheiße. Habe ich …«
    »Nein.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht geblutet.«
    Tränen traten ihr in die Augen. Sie mühte sich ab, sich ihm zu entziehen, aber er ließ einfach nicht los. Er streichelte sie auch nicht mehr. Tief in ihren Knochen wusste sie, dass zwischen ihnen alles aus sein würde, wenn er jetzt zuließ, dass sie sich losmachte.
    Ich könnte dir wehtun.
    Du hast es nicht getan.
    Das hier blieb ihnen also noch. Jenna holte tief Luft und konzentrierte sich darauf, undurchdringliche Barrieren zu errichten. Er sollte nicht davon befleckt werden, dass sie geschädigt war, sollte ihre Krankheit nicht im Kopf haben. Als sie auf seinem Schoß hin- und herrutschte, streiften ihre Finger kaltes Metall auf dem Boden. Blind ergriff sie den Gegenstand und hob ihn hoch. Seine Pistole.
    Das ist die perfekte Art, mit einem Mädchen Schluss zu machen, das auf den Hund gekommen ist.
    Sie schnaubte verärgert. Die Brust tat ihr unmöglich weh. Er hatte vorgehabt, sie wenn nötig zu erschießen. Das hätte dafür sorgen sollen, dass sie sich besser fühlte, aber stattdessen wollte sie schreien. Ganz gleich, für wie abgebrüht er sich hielt, er hätte damit nicht leben können. Und zum Teufel mit den anderen dafür, dass sie ihn diese Bürde tragen ließen.
    »Die gehört dir«, sagte sie und streckte ihm die Waffe hin. »Du solltest sie bei dir tragen.«
    Falls sie tollwütig wurde und die anderen als Futter zu betrachten begann.
    »Das wird nicht passieren.«
    »Was ist mit den anderen? Meinst du, sie werden bereit sein, das Risiko einzugehen?«
    Er bleckte die Zähne. »Sie werden tun, was ich sage.«
    »Sonst schickst du sie in die Verbannung? Das ist nicht fair, John. Wenn es hart auf hart kommt, gehe ich. Ich kann in den Wäldern überleben.« Sie versuchte zu lächeln, aber dabei taten ihr die wunden, trockenen Lippen weh. »Ich wäre vielleicht sogar glücklich dort.«
    »Können wir einfach nicht darüber reden?«
    »Meinetwegen.« Aber wie konnte sie weitermachen und so tun, als ob alles normal wäre? »Ich muss ohnehin unter die Dusche. Ich rieche wie ein nasser Hund.«
    Als sie sich auf die Beine stemmte, fühlte ihr Körper sich überraschend fit an. Ihr Schenkel trug ihr Gewicht, und nur beim ersten Schritt durchzuckte sie ein heftiger Schmerz. Trotz der Kälte zog Jenna sich nicht an. Sie hatte anscheinend alles Schamgefühl verloren, weil sie keinen Sinn darin sah, sich zu bedecken, wenn sie binnen

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