Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)
zur Faust. »Ich frage mich, was für ein Leben dein Kind jetzt führen würde, wenn Jenna euch die Hüttentür nicht geöffnet hätte.«
»He, macht euch darum jetzt noch keine Sorgen. Sie muss erst einmal am Leben bleiben, bevor wir uns Gedanken darüber machen, ob sie eine Bedrohung darstellt.« Welsh schien plötzlich zu begreifen, was er gesagt hatte. »Mensch, tut mir leid.«
Mason nickte, aber seine Innereien fühlten sich an, als ob sie glühende Kohlen enthielten. Er richtete einen düsteren, kalten Blick auf Angela. »Wenn es so weit kommt, machen wir einen Spaziergang in den Wald. Nur sie und ich allein.«
Sie wurde blass. »Ich habe doch nicht gemeint … Oh Gott.«
Welsh legte unbeholfen den Arm um sie.
So ist das also. Und der Leopard wird beim Böckchen lagern.
Das war nicht der rechte Zeitpunkt für Mitchs Prophezeiungen, aber die Worte brannten in Masons Kopf.
»Mama?« Penny stand in der Tür. Der helle Stoff, aus dem Ange ein Nachthemd genäht hatte, schien vor ihrer porzellanweißen Haut zu schimmern. Ihr schmutziger Teddybär hing in ihren schmalen, anmutigen kleinen Fingern.
Es war das erste Wort, das irgendjemand sie seit dem Wandel laut hatte sprechen hören.
Mit vor Staunen strahlendem Gesicht streckte Ange die Hand nach ihrer Tochter aus. Tränen strömten ihr aus den Augen, obwohl sie lächelte. »Was ist denn, Baby?«
Das Mädchen erwiderte das Lächeln. »Mama, die Wölfin ist wach.«
35
Formen ragten bedrohlich im Dunkeln auf.
Sie war noch nie hier gewesen. Es roch sonderbar, und ein großes Ding stand zwischen der Freiheit und ihr. Kein Wind. Ein schwacher Geruch nach Tod. Ihr Blut. Menschengestank – mehr als ein Mensch. Es war zu warm. Sie ließ die Zunge hängen, als sie etwas Vertrautes roch. Gut.
Aber sie hörte Bewegungen. Bedrohung? Wenn sie sie an diesen Ort fern von Bäumen und Freiheit gebracht hatten, waren sie ihre Feinde. Sie zog die Lefzen hoch und stellte die Nackenhaare auf. Ein zorniges Knurren entrang sich ihr, als das Ding sich bewegte. Licht fiel herein.
Sie wich so weit zurück, wie sie konnte, bis ihr Rumpf an etwas Hartes stieß, und sie stand mit nach vorn gewandten Ohren da und drohte. Das neue Ding war ein Mensch. Er kam herein, und sie knurrte ihn an, um ihn wissen zu lassen, dass sie hier war. Er schob sich näher heran. Seine vertraute Gestalt ließ sie innehalten.
Er kam immer näher. Sie spannte die Muskeln an, bereit, ihn anzuspringen, wenn er ihre Warnung nicht beherzigte. Sein Körper faltete sich zusammen, als er sich hinkniete, und bei der Bewegung atmete sie seinen Duft ein. Jagdgefährte . Sie hatten gemeinsam Beute gemacht, einen Blutbund geschlossen. Sie erinnerte sich an diesen Menschen. Er hatte gute Hände. Sie erinnerte sich daran, sie auf ihrer Schnauze gespürt zu haben. Die Furcht verflog langsam.
Mit einem leisen Winseln schob sie sich langsam näher heran. Der Mensch brachte Geräusche hervor. Sie ergaben keinen Sinn für sie, aber sie versuchte, mit ihm zu kommunizieren. Sie beugte sich in einer halben Verneigung vornüber und wedelte mit dem Schwanz, um ihm mitzuteilen, dass sie nichts dagegen hätte zu spielen. Er schien es nicht zu verstehen, denn er bewegte sich noch immer so langsam wie ein verkrüppelter Wolf.
Glücklich, aber am Ende ihrer Geduld angelangt, sprang sie auf und knabberte sanft an seinem Arm, bevor sie davonstolzierte. Sie drehte sich um, um zu sehen, ob er sie fangen würde. Stattdessen starrte er reglos seinen Arm an. Sie schnaufte ein wenig.
Spielen wir nicht?
Vielleicht wollte er nicht. Vielleicht war er müde.
Bedrückt darüber, dass sie nicht in der Lage war, ihn zu verstehen, kroch sie, den Bauch nahe am Boden, vorwärts. Er rührte sich nicht, stieß aber weiter diese murmelnden Laute aus. Er roch nicht ängstlich. Er roch … gut. Nicht wie Futter, sondern wie etwas anderes, was sie wollte.
Als sie so nahe heran war, dass er sie hätte berühren können, wälzte sie sich in einer Haltung extremer Unterwürfigkeit auf den Rücken. Sie hätte nicht versuchen sollen, ihn zum Spielen zu verleiten. Nur Welpen gingen Rudelmitgliedern mit so etwas auf die Nerven. Sie hätte es besser wissen müssen.
Langsam streckte er die Hand aus und rieb ihr den Bauch. Gut. Sie wand sich auf dem Rücken hin und her und ließ zu, dass er sie streichelte. Irgendetwas landete dumpf neben ihm, und dann legte er die andere Hand auf sie. Sie versuchte nicht, sich loszureißen, als er sie hochhob. Stattdessen
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