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Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)

Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Connor
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Nase gebrochen. Sie verlor noch mehr Blut. Gott, mit zwei Wunden gab sie eine hervorragende Duftfährte ab.
    Das Heulen kam näher.
    Ein primitiver Teil von ihr erschauerte. Sie war keine Wölfin. Sie war ein gejagter Mensch. Beute. Wandelndes Fleisch. Ihre Muskeln erstarrten vor Kälte und Entsetzen. Sie konnte gerade noch in einen Baumstumpf kriechen, der im Laufe vieler Jahreszeiten ausgehöhlt worden war. Sie kauerte sich zusammen und versuchte, die Blutung zu stillen. Sie würden sie bald finden, und Jenna hatte ihr Gewehr nicht mehr – nicht, dass sie mit ihrem verletzten rechten Arm viel damit hätte anfangen können. Der Baumstumpf war nur ein Ort zum Sterben.
    Ein Knurren ertönte in ihrer Kehle.
    Ihre Wölfin war eingeschlafen, als sie sie in der Höhle niedergerungen hatte. Sie hatte nachgegeben, zumindest bis ihr Überleben auf dem Spiel gestanden hatte. Urtümliche Kraft durchströmte ihre Knochen und zog Feuer nach sich. Ihr Körper brannte vor Qual, als die Verwandlung begann. Diesmal schoss sie nicht hoch, um von oben zuzusehen, ohne etwas zu empfinden. Nein, sie blieb dabei und atmete den Wandel. Nichts hatte je so wehgetan, flüssige Qual, die in ihren Adern tobte. Sie huschte wieder durch diesen seltsamen Nicht-Ort, einen Ort, der aus Schmerz gemeißelt war. Als sie sich auf die andere Seite durchgewunden hatte, trug sie die Haut ihrer Wolfsschwester.
    Aber diesmal war mehr von Jenna dabei. Sie erinnerte sich, wer sie war. Auf der anderen Seite eines Traums lebte sie als Menschenfrau mit einem Mann namens John zusammen. Sie war verletzt und musste nach Hause gelangen. Aber erst einmal musste die Wölfin ein bisschen jagen.
    Sie sprang aus dem Baumstumpf und ließ sich von einer schmerzenden Pfote und einer wunden Schnauze nicht aufhalten. Ein Schnüffeln brachte sie auf die Fährte der Falsch-Hunde. Sie stanken, und sie würde sie alle jagen. Sie warf den Kopf zurück und heulte, warnte sie, dass sie wieder in ihr Revier eingedrungen waren.
    Meine Wälder.
    Zwei standen auf der Lichtung unmittelbar vor den Bäumen. Die Ohren der Wölfin zuckten. Sie sprang auf sie zu, stürmte Hals über Kopf durch den Schnee. Ihre Muskeln spannten sich an. Sie sprang und packte den einen mit einer geschmeidigen, befriedigenden Bewegung an der Kehle. Sie spuckte aus. Das Fleisch war ranzig, und das Blut schmeckte widerlich. Dann schlug sie mit der Pfote nach dem anderen, eine Warnung, die er nicht beherzigte. Sie warf sich mit ganzem Gewicht nach vorn und zerfleischte ihm die Schulter. Er stürzte, und sie konnte einen tödlichen Biss anbringen.
    Weitere kamen, und sie kämpfte. Mit Zähnen und Klauen zerriss sie ihnen das Fleisch und bleckte die Zähne. Sie war eine Wölfin, während die anderen bloß faulige Promenadenmischungen waren. Sie starben, einer nach dem anderen, aber sie zahlte einen Preis dafür. Einer biss sie in das verletzte Vorderbein, ein anderer in die Flanke. Sie bekam eine Klaue an der Brust ab. Irgendwann würde sie der Überzahl unterliegen. Ihr tat alles weh.
    Noch mehr Geheul erklang in der Ferne.
    Nach Hause. Sie musste nach Hause. Wenn sie starb, dann würde es kein Jagen mehr geben. Die Wölfin drehte sich um und schnupperte. Sie erhaschte den schwachen Geruch nach Menschen, einen Geruch, der sie so stark anlockte wie rohes Fleisch. Ihr lief das Wasser im Munde zusammen. Hier entlang.

41
    Tru behielt die Außentür im Auge und das Walkie-Talkie am Ohr. Er hasste es zu warten.
    Er war im Tunnel gewesen, als die Explosion erfolgt war. Die ganze Höhle hatte gebebt, und einen Augenblick lang hatte er gedacht, dass alles zusammenbrechen würde. Aber keiner der Hunde hatte sich hindurchgewunden, also war er zur Vordertür gerannt. Noch länger warten. Er vertrieb sich die Zeit damit, Risse im Putz der Wand zu zählen und sich blutigen Ruß von den Händen zu reiben.
    Beschissene dumme Viecher. Sie sollten klug genug sein, sich nicht mit uns anzulegen.
    Er erinnerte sich nicht gern daran, dass sie einst Menschen gewesen waren. Es war besser, sich darauf zu konzentrieren, was aus ihnen geworden war. Das Walkie-Talkie meldete sich knisternd und ließ ihn zusammenzucken.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Harvard.
    »Ja. Haltet ihr durch?«
    »Penny schläft. Ange und ich kommen schon klar. Hat Mason den Tunnel verschlossen? Wir haben die Explosion gehört.«
    »Auf meiner Seite sah es gut aus.« Tru runzelte die Stirn. Er hatte Schädelbrummen. »Jetzt müssen sie nur noch nach Hause

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