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Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)

Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Connor
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tun, was auch immer sie taten, wenn der Winter kam. Winterschlaf halten? Verhungern? Es spielte keine Rolle. Nachdem Mitch gestorben war, hatte Mason sich nicht mehr lange genug im Osten aufgehalten, um das herauszufinden. Er war wie versprochen nach Westen gegangen, um etwas zu lernen, ein Mann zu werden und darauf zu warten, dass er sein Versprechen halten konnte.
    Mason stellte sich die Grube vor, die jetzt von Schnee bedeckt sein musste. Die Fäulnis existierte noch, wartete unter der gebleichten weißen Schicht. Der größere Überlebenskampf stand ihnen noch bevor. Wenn der Frühling kam, würde er dazu bereit sein.
    Immer her damit!
    In der Zwischenzeit hatte er andere Probleme – Probleme, die zu lösen er sich völlig unfähig fühlte. Penny hatte seit der Nacht des ersten Schnees vor drei Wochen nicht mehr gesprochen, und Trus Kooperation in Krisenzeiten hatte sich in gelangweiltes Teenagergejammer aufgelöst. Das Essen. Die Hausarbeit. Der Beschäftigungsmangel. Und der gute Wissenschaftler war eine Nervensäge, so, wie er Jenna immer ansah.
    Jenna.
    Der Gedanke an sie versetzte seinen Körper schlagartig in volle Alarmbereitschaft. Ihm kribbelte die Haut, während sein Herz in hektischem Takt schlug, und sein Schwanz wurde hart wie ein Eisenrohr. Da er allein war, ließ er seine Bedürfnisse seine sexuelle Startabfolge bestimmen. Er erinnerte sich an die wenigen, zu kurzen Tage, die sie zusammen in der Hütte festgesessen hatten, und malte sich lange Winternächte voller Küsse mit offenem Mund und animalischem Sex aus.
    Sie hatten einmal verstohlen voneinander gekostet, nachdem Bob getötet worden war. Aber das war das Problem. Jeder Gedanke – von den banalen bis hin zu den erotischen – führte rasend schnell zurück zu der Bedrohung, der sie sich stellen mussten.
    Doch trotz der Wand zwischen ihnen wechselte Jenna jeden Morgen die Verbände an seinem Rücken. Sie redeten kaum miteinander, aber sie berührte ihn. Er hielt still und verlor jedes Mal ein kleines Stück von sich, weil er wusste, dass sie etwas brauchte. Von ihm. In dem seltsamen Winkel an seiner Schädelbasis wurde die Interferenz zu einem unleserlichen Wegweiser, den er nie ganz entziffern konnte. Aber überwiegend spürte er ihren Zorn.
    Ganz gleich, wie bescheuert das war, er wollte ihn nicht verlieren.
    Er erschauerte. Als er sich umdrehte, sah er Jenna in der Tür stehen.
    Sie war besser darin geworden, sich hinter einer ausdruckslosen Miene zu verstecken, aber er spürte immer noch ihre Ruhelosigkeit. Ihr Pony war so lang geworden, dass er ihr in die Augen hing. Strähnchen färbten noch die untere Hälfte ihrer Haare, aber der Haaransatz war jetzt beinahe so dunkelbraun wie ihre Augenbrauen. Ihre Wangenknochen traten stärker hervor, ihre Hüften waren abgemagert.
    »Es schneit schon wieder. Solange wir noch heizen können, kann uns nichts passieren.«
    Mit von Socken gedämpften Schritten durchquerte sie das Zimmer und stellte sich neben ihn an die breite Fensterfront. »Chris sagt, dass das Wasserkraftwerk von einer heißen Quelle gespeist wird. Er war schon vier Winter in Folge hier, und es ist nie eingefroren.«
    »Chris.«
    Grüne Augen begegneten seinem Blick. »So heißt er nun einmal.«
    Mason schaute auf und folgte mit Blicken der Linie aus Kitt am Fensterrahmen. Seine Nackenwirbel fühlten sich eingerostet an und schmerzten. »Ich heiße John.«
    Sie holte Luft, still wie ein Schmetterling. Ihr Erstaunen war das bisschen Ehrlichkeit wert. »John Mason?«
    »Genau.«
    Es musste eine leichtere Art geben, das hier zu tun, zu sprechen und doch nicht zu sprechen. Er unterdrückte einen Funken Neid, der in ihm aufflackerte, als er an einen alten Stummfilmausschnitt zurückdachte, in dem ein Höhlenmensch seine Frau an den Haaren hinter sich herschleifte. Das Haareziehen musste für ihn nicht unbedingt sein, aber etwas rohe Gewalt hätte sich verdammt gut angefühlt.
    »So weit hast du nie gedacht, oder?«
    »Ich dachte nicht, dass es nötig wäre«, sagte er. »Wir hätten in der Hütte überwintern sollen.«
    »War ja klar.« Jenna drehte sich um, lehnte sich ans Fenster, verschränkte die Arme und sah ihn an. »Ich habe irgendwann einmal eine Fernsehsendung über Soldaten gesehen, die aus dem Krieg heimkehrten. Alles, was sie getan und gesehen hatten, war ihnen in Erinnerung geblieben, also waren sie traumatisiert. Hatten keine Ahnung, was sie mit sich anfangen sollten. Die meisten konnten sich nicht ans Zivilistendasein

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