Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Einheit: Roman (German Edition)

Die letzte Einheit: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Einheit: Roman (German Edition)
Autoren: John Scalzi
Vom Netzwerk:
Höhe, die eigentlich gar nicht hätte möglich sein dürfen – eine Konstruktion, die unter gewöhnlichen Umständen gar nicht hätte haltbar sein dürfen. Dieser physikalische Zaubertrick wurde buchstäblich durch die Erde selbst in Gang gehalten, mithilfe von geothermischer Energie aus großer Tiefe, durch ein Loch, das man in die Haut des Planeten gebohrt hatte, was einen zusätzlichen Aufwand nötig machte, sie nach Nairobi zu schaffen, zu einer Stadt, die über 1600 Meter über dem Meeresspiegel lag.
    Ohne diese nahezu unerschöpfliche Energiequelle unterlag die Station plötzlich wieder der konventionellen Physik. Damit war ihr Untergang besiegelt, auch für die Bohnenstange, die ihre Lebensader war – ein Untergang, der genauso präzise und gezielt geplant worden war wie die Station selbst.
    Damit sollten zwei Dinge gewährleistet werden. Zum einen sollte der Planet darunter (und auch der Weltraum darüber) vor abstürzenden Brocken einer 1,8 Kilometer durchmessenden Raumstation geschützt werden, genauso wie vor mehreren Hundert Kilometern Bohnenstange. Zweitens sollte verhindert werden, dass die geheime Technologie den Erdlingen in den Schoß fiel. Diese beiden Zielsetzungen liefen in einer einzigen Lösung zusammen.
    Die Bohnenstange stürzte nicht zu Boden. Sie war so konstruiert worden, dass das niemals geschehen würde. Die Energie, die bislang dafür gesorgt hatte, dass sie ganz und stabil blieb, wurde sofort und unwiderruflich zu einem anderen Zweck umgeleitet: die Sache auseinanderzureißen. Mehrere Hundert Kilometer über der Planetenoberfläche lösten sich die Stränge der Bohnenstange auf der molekularen Ebene auf und wurden zu winzigen Partikeln metallischen Staubs. Die Abwärme führte zur Ausdehnung von Gasen, die durch den Vorgang freigesetzt wurden, und verteilte den Staub in den oberen Atmosphäreschichten. Windströmungen und Turbulenzen in der tieferen Atmosphäre übernahmen weiter unten dieselbe Aufgabe. Die Bewohner von Nairobi blickten auf und sahen, wie die Bohnenstange am Himmel verwischte, wie eine Kohlezeichnung, die von einem verzweifelten Künstler verrieben wurde.
    Es würde sechs Stunden dauern, bis die Bohnenstange verdampft war. Die zerlegten Partikel sollten Ostafrika eine Woche lang großartige Sonnenaufgänge bescheren und der ganzen Welt ein Jahr, in dem die Durchschnittstemperatur ein Hundertstel Grad niedriger lag als unter normalen Umständen.
    Die Erdstation, die schwer angeschlagen und von ihrer Energieversorgung abgeschnitten war, leitete den systematisch geplanten Selbstmord ein, bevor die Rotation sie auf chaotische Weise zerreißen konnte. Obwohl der Tod der Station unausweichlich war, fuhr sie ihre Notenergieversorgung hoch, um die nunmehr abgeschotteten Sektionen für etwa zwei Stunden warm zu halten und weiterhin mit Atemluft zu versorgen. Das war mehr als genug Zeit, um die noch an Bord befindlichen Personen in die Rettungskapseln zu verfrachten. Der Weg zu ihnen wurde den eingeschlossenen und verzweifelten Menschen durch erleuchtete Markierungen und Sprachanweisungen des automatischen Systems gezeigt. An der Außenseite der Station wurde die Verkleidung abgesprengt, sodass die Rettungskapseln nun dem Weltraum ausgesetzt waren und leichter starten konnten, sobald sie voll besetzt waren.
    Nachdem alle Rettungskapseln unterwegs waren, würde sich die Station zerlegen, aber nicht wie die Bohnenstange, wozu sehr viel Energie gezielt eingesetzt werden musste, über die die Station nicht mehr verfügte. Stattdessen bediente man sich einer simpleren und weniger eleganten Methode: der Detonation von Hohlladungssprengsätzen. Es würde nichts übrig bleiben, was größer als dreißig Kubikzentimeter war, und diese Überreste würden entweder beim Eintritt in die Atmosphäre verbrennen oder in den Weltraum geschleudert werden.
    Es war ein guter Plan, der jedoch nicht berücksichtigte, wie eine aktive Angriffsstreitmacht eine geordnete Selbstvernichtung beeinflussen konnte.
    Weil Hart Schmidt einer der wenigen Menschen in diesem Teil der Station war, die nicht schrien oder weinten, war er einer der ersten, die hörten, wie die automatische Stimme die gefangenen Leute informierte, dass die Rettungskapseln nun auf dem Shuttledeck an jedem Gate verfügbar waren. Er blinzelte, hörte noch einmal genau hin, um sich zu vergewissern, dass er richtig verstanden hatte, und dachte für einen kurzen Moment darüber nach. Wer zum Henker erzählt den Leuten, dass es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher