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Die letzte Einheit: Roman (German Edition)

Die letzte Einheit: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Einheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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aber nicht unmoralisch gehandelt. Aber man stand immer gut da, wenn man als unbestechlich rüberkam. Und die Leute, die einen Bestechungsversuch unternahmen, hatten am Ende ein Erfolgserlebnis.
    »Dabei wird kein Geld den Besitzer wechseln«, sagte Washington.
    Birnbaums Gesicht hatte schon wieder diesen Ausdruck.
    Washington lachte. »Mr. Birnbaum, Sie haben mehr als genug Geld. Zumindest vorläufig. Was meine Klienten anbieten, ist viel wertvoller: eine Möglichkeit, nicht nur den Stand der Berühmtheit und Macht wiederzugewinnen, den Sie bis vor Kurzem innehatten, sondern ihn sogar noch zu übertreffen. Sie waren einmal die Nummer vier unter den Audio-Talkmastern dieses Landes, wenn auch nicht für lange Zeit. Meine Klienten bieten Ihnen die Chance, zur Nummer eins aufzusteigen und diese Position zu halten, so lange Sie möchten.«
    »Und wie wollen sie das bewerkstelligen?«, erkundigte sich Birnbaum.
    »Mr. Birnbaum, in Anbetracht Ihres Berufes kann ich davon ausgehen, dass Sie wissen, wer William Randolph Hearst war.«
    »Ein Zeitungsverleger«, sagte Birnbaum. Und das war auch schon alles. Seine Kenntnisse in amerikanischer Geschichte waren recht gut, was die Gründerzeit und die letzten fünfzig Jahre betraf. Der Rest war mehr oder weniger ein leeres Blatt.
    »Richtig«, sagte Washington. »Ein Zeitungsverleger. Ende des 19. Jahrhunderts bereiteten sich die Vereinigten Staaten und Spanien auf einen Krieg vor, bei dem es um Kuba ging, damals eine spanische Kolonie, und Hearst schickte einen Illustrator nach Kuba, der Bilder von den Ereignissen liefern sollte. Als der Illustrator dort ankam, schickte er ein Telegramm an Hearst und sagte, dass es seiner Einschätzung nach zu keinem Krieg kommen würde und er jetzt nach Hause fahren wollte. Hearst antwortete ihm, dass er bleiben sollte, und sagte: ›Sie sorgen für die Bilder, und ich sorge für den Krieg.‹ Und genau das tat er.«
    Birnbaum starrte Washington mit leerem Ausdruck an.
    »Mr. Birnbaum, meine Klienten brauchen jemanden, der sozusagen für die Bilder sorgt«, sagte Washington. »Jemanden, der eine Diskussion anregt. Und sobald die Diskussion im Gange ist, werden sich meine Klienten um alles Weitere kümmern. Aber zuerst muss die Diskussion beginnen, und sie muss woanders beginnen. Sie kann nicht aus dem Kreis meiner Klienten kommen.«
    »Ich sorge für die Bilder, und sie werden für den Krieg sorgen. Um was für einen Krieg geht es hier?«
    »Keinen wirklichen Krieg. Was Sie sagen würden, könnte sogar einen wirklichen Krieg verhindern.«
    Birnbaum dachte darüber nach. »Aber kein Geld«, sagte er schließlich.
    Washington lächelte. »Nein. Nur Zuhörer, Ruhm und Macht. Allerdings ist so etwas zumeist mit mehr Geld verbunden.«
    »Und Sie können mir diese ersten drei Dinge garantieren?«, fragte Birnbaum.
    »Sorgen Sie für die Bilder, Mr. Birnbaum«, sagte Washington, »dann wird der Krieg folgen. Und zwar schon ziemlich bald, wie ich hinzufügen möchte.«
    Birnbaums Gelegenheit, für die Bilder zu sorgen, ergab sich schon am nächsten Tag.
    »Können wir über die Weltregierung reden?«, sagte Jason aus Canoga Park zu Birnbaum. Jason aus Canoga Park war einer von Birnbaums zuverlässigsten Zuhörern, weil er jedes Mal früher oder später auf die Weltregierung und die Furcht vor der Weltregierung zurückkam, ganz gleich, welches Thema aktuell diskutiert wurde. Man konnte seine Weltregierungsuhr nach Jason aus Canoga Park stellen.
    »Sie wissen, dass ich sehr gern über die Weltregierung rede, Jason«, sagte Birnbaum fast automatisch. »Wie hängt sie diesmal mit dem Thema zusammen?«
    »Das ist doch völlig offensichtlich«, sagte Jason. »Im Moment wird hitzig diskutiert, ob wir wieder diplomatische Beziehungen mit der Kolonialen Union aufnehmen sollten oder nicht. Ist Ihnen klar, Al, wie ich hier das ›wir‹ meine? Nicht ›wir‹ wie in ›wir, die Vereinigten Staaten‹. Ganz und gar nicht. Sondern ›wir‹ wie in ›wir, die Menschen der Erde‹. Was einfach nur so viel bedeutet wie ›wir, die Weltregierung der Erde, die im Geheimen konstituiert wird, genau vor unserer Nase‹. Jeder Tag, an dem wir über die Beziehungen zur Kolonialen Union reden, jeder Tag, an dem wir diskutieren, ob wir Diplomaten zur Kolonialen Union schicken sollen, ist ein Tag, an dem sich die Tentakel der Weltregierung enger um die Kehle der individuellen Freiheit zusammenziehen, Al.«
    »Das ist ein interessanter Gedanke, Jason«, antwortete Birnbaum mit

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