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Die letzte Eskorte: Roman

Die letzte Eskorte: Roman

Titel: Die letzte Eskorte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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Influenza gestorben waren, und der armen Seeleute, die beim Untergang der Syren ihr Leben gelassen hatten. Um die neuen Vorräte und das Trinkwasser würde sich der Proviantmeister kümmern.
    Augenblicke später saß er auf der achterlichen Sitzbank der Barkasse. Childers stand am Ruder und hielt Kurs auf den Hafen der kleinen Stadt Gibraltar, die in einiger Entfernung im Sonnenlicht erstrahlte.
    Admiral Joseph Brown saß an einem Schreibpult gegenüber der Heckgalerie. Die Vorhänge waren exakt so weit zugezogen, dass nur ein schmaler Strahl der mediterranen Sonne genau auf die Tischoberfläche fiel und die auffallend weißen Hände des Admirals beleuchtete, während der Rest der Kajüte in Schatten gehüllt blieb.
    Dicke Augengläser und das angestrengte Blinzeln des Mannes verrieten Hayden, dass der Admiral nicht mehr gut sehen konnte. Brown schaute nicht von dem Bericht auf, den Hayden ihm übergeben hatte, und sagte: »Wie viele Männer wurden mit Ihnen gerettet, nachdem die Syren gesunken war?«
    »Sechs, Sir – doch zwei von ihnen starben kurz darauf.« Hayden verschwieg, dass er selbst beinahe zu den Toten gezählt hätte, da er über Stunden auf der Schwelle des Todes geschwebt hatte.
    Einen Moment lang wartete Hayden, dass der Admiral noch etwas sagen würde, doch Brown las weiter in dem Bericht, obwohl ihm sämtliche Unterlagen bereits vor Wochen zugegangen waren. Die Themis hatte nämlich einen Monat vor dem Hafen von Gibraltar vor Anker gelegen – in Quarantäne, mit dem ersehnten Festland in greifbarer Nähe. Die Influenza hatte sich wie eine Feuersbrunst durch Haydens Crew gefressen, war von einem auf den anderen übergegangen und hatte Mann um Mann gefällt. Zwanzig Leben hatte die Seuche gefordert – einer von zehn war gestorben – eine Opferzahl, die keine Grippe je an Bord eines Schiffes erreicht hatte. Diejenigen, die sich angesteckt hatten, erholten sich nur langsam wieder und litten noch über längere Zeit an hartnäckigem Husten, Kurzatmigkeit und allgemeiner Schwäche.
    Jetzt, Wochen nach dem Ausbruch der Seuche, wirkte die Crew ausgelaugt. Die Männer waren schweigsam und übervorsichtig, als wäre der Engel des Todes unter ihnen gewandelt, unsichtbar und gnadenlos, den einen Mann berührend, dann den anderen. Selbst die Matrosen, die von der Krankheit verschont geblieben waren, schienen sich ebenfalls von einem anhaltenden Druck erholen zu müssen.
    Brown legte das Schreiben nun zur Seite und wandte sich Hayden zu. Dann nahm er die Augengläser ab und betrachtete sein Gegenüber mit gerunzelter Stirn. »Der einzige überlebende Leutnant der Syren hat mir berichtet, Sie hätten damit gedroht, auf sein Schiff zu feuern. Ist das korrekt?«
    Hayden bekam einen trockenen Mund, und als er schließlich antwortete, klang seine Stimme belegt. »Kapitän Bradley schien zu glauben, er besäße die Autorität, einen seiner Leutnants zum Kommandanten des Konvois zu ernennen. Doch das stand ihm nicht zu. Als ältester Offizier lag die Verantwortung bei mir – so wird es in der Navy gehandhabt. Das muss Cole gewusst haben, doch er verhielt sich aufsässig und brachte sich mit seinem Auftreten in die Nähe der Meuterei. In dieser Situation war mein Verhalten angemessen, um die Befehlskette zu wahren.«
    »Das haben Sie aber nicht in Ihrem Bericht vermerkt ...«
    »Cole war tot, Sir. Daher sah ich keinen Grund, diesen unglücklichen Vorfall mit seinem ansonsten untadeligen Namen in Verbindung zu bringen.«
    »Sie versuchten also, seinen Namen zu schützen?«, fragte Brown mit sarkastischem Unterton.
    »In der Tat, Sir, das war meine Absicht.«
    »Pool ließ mich wissen, er habe wenig Vertrauen zu Ihnen.«
    Hayden spürte die harte Lehne des Stuhls im Rücken. »Ich versichere Ihnen, Admiral Brown, dass ich Kapitän Pool keinen Anlass für diese Ansicht bot.«
    Brown trommelte mit weißen Fingern auf die Tischoberfläche aus Mahagoni. »Wir bilden eine kleine Gemeinschaft in den höheren Dienstgraden, Mr Hayden. Der Ruf eines Mannes geht ihm voraus.«
    Hayden spürte, wie ihm Hitze ins Gesicht stieg. »Mit Verlaub, aber in meinem besonderen Fall«, entgegnete er beherzt, »ist es der Ruf meines früheren Vorgesetzten, der mir vorausgeht.«
    Das Trommeln der Fingerkuppen erstarb, und Brown neigte den Kopf leicht zur Seite. »Wollen Sie damit andeuten, Sir, dass einer Ihrer Vorgesetzten für Ihren Charakter innerhalb des Dienstes verantwortlich ist? Ist das Ihre Vorstellung von Loyalität?«
    Hayden

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