Die letzte Eskorte: Roman
könne, und bestand darauf, dass als Nächster Mr Smosh an der Reihe sei. Smosh reichte seine Flasche einem Schiffsjungen, knöpfte umständlich seine Jacke auf, ließ die Arme kreisen, um die Muskeln zu lockern, trat dann vor und drückte sein Tee in den Boden.
Augenblicke später stand er aufrecht da, mit durchgedrückten kurzen Beinen, schob die Unterlippe vor, das Gesicht gerötet vom Wein. Offenbar zog er es vor, sich nicht groß mit Konzentrationsübungen aufzuhalten, sondern kam direkt zur Sache. Entschlossen setzte er den Schläger hinter dem Ball an und schielte mit einem Auge auf das Tee, als ziele er bei der Jagd auf ein Rebhuhn. Einen Moment lang stand er regungslos da und riss den Schläger dann bis auf Kopfhöhe hinter sich. Mit einem etwas unorthodoxen Schlag – die Bewegung erinnerte eher an Holzhacken oder an die Kornernte mit einer Sense – beförderte er den Ball in den Himmel. Zischend flog er durch die warme, mediterrane Luft, nicht mehr als ein kleiner heller Fleck am blauen Himmelszelt. Alle schauten dem Lederball nach, der ungewöhnlich lange in der Luft blieb, als habe er plötzlich Flügel bekommen. Doch dann fiel er im Sturzflug nach unten, nahm Geschwindigkeit auf und schlug gar nicht so weit entfernt auf dem Boden auf. Wie ein Frosch sprang er durch das Gras und blieb außer Sichtweite liegen.
»Sie haben einen – bemerkenswerten Schlag«, stellte Saint-Denis fest und klang fast ein bisschen belustigt.
Smosh vollführte eine kleine Verbeugung, bot Saint-Denis den Schläger dar und nahm unter spontanem Applaus und einigen Anfeuerungsrufen aus den Reihen der Crew die Weinflasche entgegen. Gleichmütig und besonnen stellte er sich wieder zu den Matrosen und schien kein sonderliches Interesse mehr daran zu haben, wo nun der kleine, mit Daunen gefüllte Lederball gelandet sein mochte.
Nun betrat der Leutnant die Bühne. Die Krankheit hatte ihn weitestgehend seiner Eitelkeit und Großspurigkeit beraubt, doch nach wie vor erfüllte es ihn mit Stolz, seine Erfahrung im Golfspielen unter Beweis stellen zu dürfen. Mehr als einmal hatte er bei Tisch mit seinen Künsten geprahlt und sah sich nun gezwungen, vor einer Versammlung von Männern aufzutreten, die ihm nicht alle freundlich gesinnt waren.
Seine Haltung entsprach in etwa der von Dr. Worthing, mit dem Unterschied, dass Saint-Denis’ Gliedmaßen aufgrund der Krankheit so dünn aussahen wie der Schaft des Golfschlägers.
Seinem Schlag, der sich technisch durchaus sehen ließ, fehlte die Kraft, sodass der Ball eher langsam flog, tief über den Boden segelte und nicht weit von Dr. Worthings Ball liegen blieb, allerdings auf offener Fläche.
Die Spieler setzten sich in Bewegung, gefolgt von einem Haufen fröhlich schwatzender und lachender Männer. Da Dr. Worthings Ball am weitesten vom Loch entfernt war, spielte er nun weiter und fand seinen Featherie in einem Unkrautwust, keinen Yard von der Steinmauer entfernt. Nach kurzem Überlegen und einem fachmännischen Abschätzen der Distanz bis zum Loch wählte Worthing einen Spoon aus.
Nachdem er sich vergewissert hatte, beim Ausholen nicht an die Mauer zu schlagen – in ganz Gibraltar hätte er niemanden gefunden, der seinen Cleek repariert hätte –, nahm er die für Golfspieler vertraute Stellung ein. Sekunden später hoppelte der Ball über den Boden und blieb nach etwa fünfzig Fuß liegen. Diesmal waren keine Flüche zu hören, doch der Reverend drehte den Schläger um und betrachtete den Kopf mit missbilligender Miene.
»Verdammter Cleekmacher«, murmelte er und warf dann den Schläger dem geduldig wartenden trübseligen Johnny zu.
Saint-Denis’ Ball lag nun am zweitweitesten entfernt, was den Leutnant in seinem Stolz zu treffen schien. Doch er folgte dem Beispiel des Geistlichen, wählte einen anderen Schläger aus, begutachtete ihn zunächst und nahm dann die Stellung für den Abschlag ein. Er holte aus, zögerte jedoch, ließ den Schläger wieder sinken, drehte den Oberkörper dann erneut und vollführte schließlich einen eigenartig sichelförmigen Schlag. Zu seinem Erstaunen hielt der Ball auf das Loch zu und blieb keine vierzig Yards von dem senkrecht in den Boden gerammten Stab liegen.
»Sehen Sie, Wickham«, sagte er, »es kommt wieder, obwohl ich länger nicht gespielt habe.«
»Das war doch ein perfekter Schlag«, lobte der Midshipman.
»Oh, perfekt bestimmt nicht«, antwortete der Leutnant selbstkritisch, »dafür aber nah am Loch.«
Der arme Wickham musste aus
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