Die letzte Eskorte: Roman
einer großen Distel schlagen, was an sich schon schwer genug gewesen wäre, aber Saint-Denis, beschwingt von seinem letzten Schlag, bestand darauf, seinem Schüler weitere Instruktionen zu geben. Also korrigierte er Wickhams Haltung und hatte dauernd etwas an der Schlagtechnik des jungen Mannes auszusetzen.
Bei all diesen gut gemeinten Ratschlägen, von denen sich einige widersprachen, war es erstaunlich, dass sich Wickham überhaupt noch auf den Ball konzentrieren konnte. Doch ihm gelang ein ansehnlicher Schlag, wobei er etwas von der Distel in der Gegend verteilte. Der Ball flog zwar nicht weit, landete aber auf freier Fläche.
»Gut gemacht, Wickham«, lobte Saint-Denis. »Mr Smosh – Mr Smosh? «
Der Name des Pfarrers ging von Mund zu Mund, und ein Raunen hob an, bis sich Smosh Augenblicke später aus der Menge löste. Sein weißes Kollar saß schief, das Gesicht war rot angelaufen, die Lider fielen ihm fast zu. Dennoch griff er mechanisch nach dem Schläger und stellte sich neben den Ball.
Erneut holte er ohne große Einleitung aus, traf den Ball mit einem satten Knall und beförderte ihn in luftige Höhen.
Alle Zuschauer legten den Kopf in den Nacken und schauten dem Lederball nach, der immer kleiner und kleiner wurde, schließlich kaum noch zu sehen war, ehe er wie ein Raubvogel nach unten stieß und dumpf auf dem Boden aufschlug, nur noch wenige Yards von dem dünnen Stab entfernt, der das erste Loch markierte.
Die Leute jubelten, und manch einer schlug dem rundlichen Geistlichen anerkennend auf die Schulter. Smosh ging wieder in der fröhlichen und trinkfesten Menge der Matrosen auf, die ihn unterstützten und ihm angesichts des Erfolgs zu noch mehr Wein verhalfen.
Griffiths schaute vielsagend zu Hayden hinüber, und sein Blick sagte alles. Aber es war Landgang, dachte Hayden, und Smosh hatte an Bord keine Pflichten. Sollte er ruhig ein wenig seinen Spaß haben.
Nun war wieder Worthing an der Reihe und schien geradezu erpicht darauf, eine solide Vorführung abzuliefern. Doch der Leistungsdruck, dem er sich selbst aussetzte, schien ihn ein wenig nervös zu machen, denn der Reverend wirkte unkonzentriert. Zweimal korrigierte er seine Haltung und hatte nicht den Mut, den Schläger kräftig durchzuziehen. Schließlich setzte er erneut an, die Wangen gerötet vor Verlegenheit, holte aus und ließ den Schläger durch die Luft sausen – nur leider verfehlte er den Ball komplett.
Worthing ließ sich zu einer ganzen Serie grober Flüche hinreißen, die in Mr Barthes Repertoire gepasst hätten, und erntete überraschtes Gelächter aus den Reihen der Seeleute. Wieder stellte der Geistliche sich auf den Ball ein, holte aus und führte den Schlag aus. Diesmal hatte der Ball den Anstand, sich fortkatapultieren zu lassen. Er flog keine zwei Fuß über der Grasnarbe, sprang dann wie ein Hase in langen Sätzen über den Boden und kam links vom Loch zum Stillstand, keine acht Yards von der Stange entfernt.
»Ein ausgezeichneter Schlag, Dr. Worthing!«, rief Saint-Denis fröhlich und erntete einen düsteren Blick von dem Geistlichen.
Die Versammlung trottete weiter, doch die ersten Zuschauer sonderten sich bereits ab und suchten den Schatten der Bäume auf, die jenseits der Steinmauer standen. Die jungen Damen, die sich schon in der Stadt zu den Seeleuten gesellt hatten, begleiteten die Abtrünnigen nun – denn offenbar hatten sie nicht auf die Freuden des Golfspiels spekuliert.
Als kurz darauf ziemlich eindeutige Laute aus den Schatten unter den Bäumen an Haydens Ohren drangen, stand für ihn fest, dass die Männer gewisse Geschäfte mit den Damen abgeschlossen hatten – und dabei nicht einmal die Abgeschiedenheit suchten, was die Matrosen ja gewohnt waren. Die junge Dame, die erst vor Kurzem ihre Hand eingebüßt hatte, drückte sich nun unglücklich am Rand der unzüchtigen Gesellschaft herum. Von allen Seiten wurde sie von Matrosen belagert und von den anderen Frauen verhöhnt, da sie sich offenbar zierte.
»Du bist nicht die erste Wahl, Prinzessin!«, rief eine der Huren.
Die Matrosen zupften bereits am Ärmel der Versehrten und an ihren Rockzipfeln. Ohne ein Wort zu verlieren, löste sich Griffiths von Hayden und Hawthorne und hielt mit großen Schritten auf die Baumgruppe zu. Seine Schultern verspannten sich in offensichtlicher Wut, sein Gehstock schwang bedrohlich vor und zurück.
Der Leutnant der Seesoldaten suchte Haydens Blick, und sein Lächeln wich einer besorgten Miene. Hayden war bereits im
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