Die letzte Eskorte: Roman
Seemann.«
Hayden war früh wach und schlüpfte noch vor Sonnenaufgang aus dem kleinen Raum. Er stieg die Treppenstufen nach unten, da er vorhatte, einen Spaziergang in der frischen Morgenluft zu machen. Stattdessen stieß er auf General Paoli, der bei Kerzenschein an einem Tisch saß, Brot und Käse aß und dazu einen Krug warme Milch trank.
»Es ist, wie ihr Engländer sagt, salubrious , bekömmlich ...«, eine Falte zeichnete sich zwischen seinen buschigen Brauen ab, »... vom Lateinischen salubris . Das ist einer der Vorteile der englischen Sprache, sie macht sich Wörter aus allen möglichen Sprachen zu eigen.« Er lächelte, vielleicht sogar ein wenig verlegen. »Mein Magen ist nicht mehr ganz so robust wie früher einmal«, erklärte er und bedeutete Hayden mit einladender Geste, Platz zu nehmen. Paoli bestrich die Käsebissen mit Feigenkompott und ermunterte seinen Gast, es ihm gleichzutun.
»Über welches Schiff haben Sie das Kommando, Kapitän?«, fragte Paoli.
Hayden war sich ziemlich sicher, dass der General lange genug in gehobenen Kreisen auf britischem Boden verbracht hatte, um zu erkennen, dass sein Gast nicht die Uniform eines Vollkapitäns trug.
»Ich bin vom Rang her nur Master and Commander«, antwortete Hayden, »und befehlige vorübergehend eine Zweiunddreißig-Kanonen-Fregatte – die Themis .«
Paoli nickte. »Die Göttin der Ordnung«, hob er hervor. »Was wird aus Ihnen, Sir, wenn die Admiralität einen Kapitän ernennt, der Sie ersetzt?«
»Eigentlich sollte Lord Hood bei meiner Ankunft einen Wechsel herbeiführen, doch dann zog er es vor, mir das Kommando zu überlassen.«
Hayden hatte das Gefühl, dass sich die Miene des alten Mannes verdüsterte, als der Name des Admirals fiel, doch Paoli ließ sich nichts anmerken.
»Vielleicht beschließt Seine Lordschaft, Sie in Ihrem Kommando über das Schiff zu bestätigen. Würde die Admiralität sich dann nicht dieser Entscheidung anschließen?«
Das wäre mehr, als Hayden zu hoffen wagte. In seiner Funktion als Oberbefehlshaber könnte Lord Hood ihn zum Vollkapitän ernennen und ihm das Kommando über die Themis übertragen – oder auch über jedes andere Schiff. In solchen Fällen schloss sich die Admiralität fast immer dem Beschluss des jeweiligen Admirals an, aber Hayden wusste auch von Ausnahmen.
»Mag sein, aber Sie müssen wissen, dass ich nicht gerade der Liebling der Admiralität bin.«
»Ah. Ich habe gehört, dass Ihr Dienst bislang beispielhaft gewesen ist.«
Offensichtlich hatte Paoli Informationen über die Männer eingezogen, die Hood zu den Verhandlungsgesprächen schickte. Hayden war bewusst, dass sich der General nicht umsonst bis ins hohe Alter in der Politik hatte halten können. Begriffsstutzig war er jedenfalls nicht.
»Ich tue meine Pflicht so gut ich kann.« Da Hayden sich etwas unwohl fühlte, sobald es um ihn selbst ging, beschloss er, das Thema zu wechseln. »Was glauben Sie, General, wie stark wird der Widerstand der Franzosen sein?«
Mit leicht zittrigen Händen verteilte der alte Mann etwas von dem Feigenaufstrich auf dem Käse. »Man kann ja vieles über die Franzosen sagen«, stellte Paoli leise fest, »aber als Feiglinge kann man sie wirklich nicht bezeichnen. Dennoch, niemand setzt gern sein Leben für eine Sache aufs Spiel, die verloren ist. Korsika ist für die Jakobiner verloren, es sei denn, sie bringen eine Armee auf die Insel, doch das verhindert Ihre Navy im Augenblick. An französischer Courage wird es nicht mangeln, aber ich glaube, der Wille der Franzosen wird brüchig werden, wenn eine Befestigung nach der anderen fällt. Das ist wie mit dem Karren, der im Dreck steckt. Zuerst ist es schwer, aber wenn er sich dann bewegt, wird es leichter. Ich bin zuversichtlich, dass es uns irgendwann gelingen wird, unser Ziel zu erreichen. Das ist einer der Vorteile des Alters. Das Leben lehrt uns viele Lektionen, und es verlangt oft Geduld von uns. Fast mein ganzes Leben setze ich mich jetzt schon dafür ein, dass meine Leute und meine Heimat frei sind von fremder Herrschaft. Da kann ich auch noch ein wenig länger warten. Die Franzosen sind seit zwanzig Jahren hier. Vor dieser Zeit genossen wir zehn Jahre in Freiheit und hatten eine eigene Regierung. Die Amerikaner sind so stolz auf ihre Republik und ihre Demokratie, als hätten sie diese Dinge erfunden. Nein, wir, ein einfaches Volk auf einer kleinen Insel, erlangten dies lange vor den Amerikanern. Dazu brauchten wir nichts anderes zu tun, als
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