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Die letzte Eskorte: Roman

Die letzte Eskorte: Roman

Titel: Die letzte Eskorte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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die vorgesehenen Uferabschnitte, und der einfache Teil des Unternehmens war vorüber.
    Erneut wurden die Kanonen ausgeschwungen und auf die Schlitten gesenkt, während die Offiziere und Bootsmänner die Taue an den Lastkränen und Taljen überwachten, denn wenn sich eine Kanone löste, könnte sie einen Mann zerquetschen.
    Nun zog man die Geschütze ein paar Fuß vom Ufer fort, für den Fall, dass der Bachlauf zur Lagune aufgrund starken Regens in den Bergen plötzlich anschwoll und die Kanonen absanken. Erst dann durften sich die Männer schlafen legen.
    Die Korsen und einige von Moores Männern standen derweil Wache. Hayden wickelte sich in seine Decke und fiel in einen seltsamen Traum: Hände tauchten aus dem Untergrund auf und griffen nach seinen Füßen, sodass jeder Schritt zu einem wahren Kraftakt wurde.
    Noch vor Sonnenaufgang fanden sich die Männer zusammen und nahmen die Frühmahlzeit ein. Ohne mechanische Hilfe hätte man vierzig Mann zum Heben der Geschütze gebraucht, aber so viele Helfer konnten nicht gleichzeitig an den Kanonen stehen. Daher zog man die Kanonen an starken Tauen, bisweilen über den Boden, dann wieder über schnell gezimmerte Planken. Wann immer es sich machen ließ, und wenn auch nur auf wenigen Yards, nutzte man Taljen der größten Schiffsblöcke.
    Mit Brecheisen und Muskelkraft bewegten sich die Geschütze Zoll für Zoll über das unwegsame Terrain, über Steine und durch Senken. Die Männer strengten sich so sehr an, dass die Farbe ihrer verbissenen Gesichter eine ungesunde Röte annahm.
    Zwei Mann mussten zum Kap Mortella zum Arzt gebracht werden. Hayden vermutete, dass sie sich Leistenbrüche zugezogen hatten. Ein weiterer Mann brach vor dem Mittag zusammen, krümmte sich auf dem Boden und hielt sich den Rücken. Auch ihn brachte man auf einer Trage fort.
    Trotz der harten Plackerei beklagte sich niemand. Inzwischen hatte es sich nämlich herumgesprochen, dass die Armee die Absicht hegte, bei einem erfolglosen Sturmangriff auf die französischen Stellungen den Seeleuten die Schuld zu geben – falls es der Navy nicht gelingen sollte, die Kanonen auf die Anhöhen zu schaffen. Kein Seemann wollte mit dieser Schmach leben. Da nahm ein jeder lieber Leistenbrüche oder Rückenverletzungen in Kauf.
    Nachdem sich Hayden vergewissert hatte, dass die ersten Geschütze auf dem Weg durchs Tal waren, eilte er zu der natürlichen Rampe, wo die übrigen Kanonen mit Tauen gezogen werden sollten.
    Die Böschung, die aus der Ferne sanft anzusteigen schien, erwies sich aus der Nähe als steil. Der Untergrund war zerklüfteter als befürchtet. Dennoch hatte man bei der Rampe den Vorteil, dass man auf weiten Strecken bis hinauf zur Spitze wieder Tauwerk und Blöcke als Taljen zum Einsatz bringen konnte.
    Derweil befreiten Männer die Böschung von Gestrüpp und kleinen Bäumen und diskutierten, wie sich die Geschütze nun am besten nach oben ziehen ließen. Hayden kletterte die Steigung hinauf, um zu prüfen, wie die Blöcke und Taue oben angebracht wurden. Dort traf er auf Wickham, der die Männer beaufsichtigte, die die Taue mehrfach um Felsvorsprünge schlangen.
    »Wie kommen Sie voran, Leutnant?«, fragte Hayden.
    Wickham errötete jedes Mal leicht, sobald man ihn mit »Leutnant« anredete. Er hatte den Mantel abgelegt und war mitten in der Arbeit. Das Haar klebte ihm auf der Stirn.
    »Recht gut, Sir. Ich denke, wir müssen auf das Zuggewicht achten. Besser zwanzig Zentner nacheinander als vierzig auf einmal.«
    »Wir stellen so viele Männer an die Taue, wie Platz vorhanden ist. Dann müsste es eigentlich gehen.«
    »Wie kommen Sie selbst voran, Sir?«
    »Nur sehr langsam, Wickham. Aber wenn es nicht Yard für Yard oder Fuß für Fuß geht, dann eben Zoll um Zoll. Vielleicht haben die Franzosen keinen Proviant mehr, wenn wir die Bergspitze erreichen.«
    Der junge Mann lachte. »Keine Sorge, Kapitän. Wir werden sie aus ihrer Schanze vertreiben, dessen bin ich mir sicher.«
    Kurz darauf erreichte Hayden die Stelle, die Kochler als Standort für die Geschütze vorgeschlagen hatte. Links von der Rampe verlief ein schroffer Felsgrat aus gebrochenem Gestein steil nach unten zum Strand. Dieser Grat bot zwar Schutz vor den Geschützen der Franzosen, aber die Kanonen mussten auf dem Weg zur Spitze erst noch darüber gehoben werden, und genau das, so befürchtete Hayden, könnte ihnen misslingen. Schon das Klettern an diesem Grat war schwierig.
    Hayden kam auf einmal nicht mehr weiter und wusste nicht,

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