Die letzte Eskorte: Roman
»Als ich mit ihm sprach, hatte ich den Eindruck, dass dies nicht so sei ...«
»Niemand will etwas mit der Themis zu tun haben, wie mir scheint. Bisweilen fürchte ich, dass wir den ganzen Krieg über ohne Befehle und Ziele auf See kreuzen werden, gemieden von einem Admiral nach dem anderen, abgewiesen an allen Häfen.«
Hayden hatte einen Scherz machen wollen, doch seine Worte hatten die Tischgesellschaft verstummen lassen. Ernüchterung und Verzweiflung zeichneten sich auf den Gesichtern der Offiziere ab – nur nicht bei Ransome.
Der neue Zweite Offizier lächelte jetzt sogar vergnügt. »Nun, wenn wir keine Einsatzbefehle haben, dann können wir uns doch als Kaperfahrer betrachten.« Er rieb sich die Hände. »Stellen Sie sich die Prisen vor, die auf uns warten.«
Damit brachte er die Runde zum Lachen, und ein Toast wurde ausgesprochen auf die Aussicht auf Kaperfahrten.
Kurz darauf löste sich die Gesellschaft auf, aber ehe Hayden sich an Land rudern ließ, gedachte er, sich mit einigen seiner Offiziere unter vier Augen zu unterhalten, angefangen bei seinem Ersten Leutnant.
»Was Sie sagten, ist wahr, Sir.« Archer wirkte ein wenig beunruhigt. »Lord Hood scheint keine Aufgabe für uns zu haben, obwohl er, wie ich hörte, des Öfteren an die Admiralität schrieb und um Fregatten bat. Ich erhielt die Order, hier zu ankern und Unterstützung zuzusichern – für wen, ist mir allerdings bis heute nicht klar.«
Hayden wähnte sich in einem tiefen Fall. Im Mittelmeer gab es alle Hände voll zu tun, da war es selbstverständlich, dass Hood für eine beliebige Anzahl Fregatten Einsatzbefehle hatte. Die Themis außen vor zu lassen erschien Hayden daher mehr als seltsam.
»Was in Lord Hoods Kopf vorgeht, vermag ich nicht zu sagen«, antwortete Hayden. »Aber bestimmt hat er in Kürze einen Auftrag für uns. Es kann gar nicht anders sein.«
Archer schien nicht davon überzeugt zu sein, nickte jedoch hoffnungsvoll.
Der letzte Schiffsoffizier, mit dem Hayden sprach, war der Doktor. Obwohl die südländische Sonne seine sonst so mehlweiße Haut gebräunt hatte, wirkte Griffiths immer noch gebrechlich und kränklich. Hayden befürchtete, dass der Doktor sich nicht lange genug geschont hatte und zu früh seinen Pflichten nachgekommen war.
Als Hayden ihn nach seinem Befinden fragte, tat Griffiths jegliche Bedenken als unbegründet ab und behauptete, dass er sich erhole und Hayden sich keine Gedanken zu machen brauche. Hayden hingegen nahm sich vor, sich bei Gelegenheit bei Mr Ariss nach dem Gesundheitszustand des Schiffsarztes zu erkundigen.
Den Zustand der Crew beschrieb Griffiths als gut. Fast jeder hatte sich voll und ganz von der Influenza erholt, und abgesehen von einer leichten Magen-Darmverstimmung, die der Besatzung im Verlauf der letzten Woche zugesetzt hatte, stufte Griffiths die Männer als gesund ein. Zu einem bestimmten Mann gab es indes noch etwas zu sagen, aber dabei ging es nicht um medizinische Belange.
»Er legt ein lebhaftes Interesse an unseren letzten Prisen und der Höhe des zu erwartenden Prisengeldes an den Tag«, berichtete Griffiths und nahm Bezug auf den neuen Leutnant. »Wir erfuhren, dass Hood seit Wochen versuchte, ihn auf einer Fregatte unterzubringen, in der festen Überzeugung, dies wäre seiner Karriere förderlich, aber Ransome ist es stets gelungen, eine Ausrede zu finden, sodass ihm das Schicksal erspart blieb. Demzufolge war er nicht angetan von der Aussicht, an Bord der Themis zu kommen – bis er von unseren letzten Prisen erfuhr. Mir scheint, unser guter Leutnant hat eine Leidenschaft für Geld, die er kaum zu kontrollieren vermag. Letztes Jahr versuchte seine Familie, ihm eine gute Partie in den höheren Kreisen Londons zu verschaffen, aber offensichtlich war man bei diesen Bestrebungen etwas zu vorschnell, sodass sich die gute Partie dem Werben entzog. Natürlich ist Habgier nicht selten, aber vor einigen Tagen fiel mir wieder etwas ein. Haben Sie schon einmal den Namen Samuel Albert Ransome gehört? Nein? Nun, er war einst ein sehr wohlhabender Mann, aber dann führte eine zeitlich ungünstig gewählte Investition in die Südsee-Handelscompagnie zu seinem entehrenden Ruin. Kurz darauf starb er, sehr wahrscheinlich nahm er sich das Leben, auch wenn seine Familie dies dementierte. Leutnant Albert Ransome ist der Enkel jenes Unglückseligen.«
Der Schiffsarzt rutschte auf seinem Stuhl hin und her.
»Das ist der erste Teil der Geschichte. Seit seiner Ankunft in Korsika vor
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