Die letzte Eskorte: Roman
erneut.«
Der Bootsmann nickte, sah aber bei dieser Aussicht nicht zufrieden aus.
Weiter oben an der Böschung entfernten Männer Buschwerk und räumten alle Steine aus dem Weg, die sich ohne Hilfsmittel bewegen ließen. Übrig blieben alle Felsen, die sich nicht von der Stelle rührten, manche größer als die Beiboote eines Schiffes.
Bei Sonnenaufgang war das Tau fertig und wurde zu dem Block getragen, der hoch oben mit Spanngurten an einem riesigen Felsblock befestigt worden war. Die Männer wurden die Böschung hinauf geschickt, bis einhundert von ihnen den gleichen Abstand hatten. Unten trugen ein paar Matrosen die Trosse zu dem ersten Mann, dann zu dem nächsten und so weiter. Als das Ende des Taus oben angekommen war, begannen die Männer, zugleich zu ziehen. Der Bootsmann stand auf halber Strecke mit einer Sprechtrompete in der Hand. » Hievt! «, rief er. » HIEVT! «
Zehnmal zogen die Männer, dann hatten sie kurz Pause. Dann wieder zehnmal. Wann immer das Tauwerk mit rauen Felskanten in Berührung kam, schoben die Gehilfen des Bootsmanns Matten darunter, um das Scheuern zu verringern.
Die Trosse musste oben an einem Ende befestigt werden, lief dann die Böschung wieder hinunter und durch den Block, der an dem Schlitten befestigt war, dann wieder hinauf durch den obersten Block am Felsen. Die Männer würden nur an dem nach unten führenden Teil der Trosse ziehen, an dem Läufer der Taljenkonstruktion.
Sobald es hell genug war, dass man ohne Fackel gehen konnte, überließ Hayden die Aufgabe seinem Leutnant und dem Bootsmann und machte sich auf zu der Stelle, an der sich Wickham mit den anderen Geschützen abmühte. Inzwischen kannte er den schnellsten Weg hinauf, und selbst die korsischen Leibwachen mussten sich sputen, um mit Hayden Schritt halten zu können. Auf dem Weg zu Wickham sah Hayden Oberst Moore und einige Kompanien der 51. auf einem Hang, die wie verstreute rote Blütenblätter auf einer staubig grünen Fläche aussahen. Da sich der Oberst bei den Korsen das schnelle Vorankommen in dieser Felslandschaft abgeguckt hatte, versuchte er, nun auch seine Männer zu mehr Eile anzuhalten. Hayden hatte noch nie einen derart fleißigen und zähen Offizier kennengelernt.
Als sich der östliche Himmel weiter aufhellte, tauchte Hayden oben an der Böschung auf und entdeckte keine einhundert Fuß weiter unten Wickham und den Leutnant, in ein Gespräch vertieft. Mit schmerzenden Oberschenkeln ging Hayden zu den beiden. Wickham entdeckte ihn kurz darauf und winkte schon.
»Wie wir es erwartet hatten, Kapitän Hayden«, erklärte Wickham, als Hayden endlich bei den beiden Offizieren ankam. »Die Böschung ist so steil, dass wir die Kanonen nicht über Tau und Block laufen lassen können. Das Tau wird zu stark strapaziert.« Wickham blickte den schroffen Abhang hinauf. »Die größten Scherenkräne reichen nicht weit genug nach unten, um ein Geschütz am Fuß der Felshänge anzuheben.«
Auch Hayden blickte nun auf die Felswand. »Wir werden die Geschütze so anheben, wie wir es beim Ausladen tun, Mr Wickham. Dann befestigen wir eine Talje an dem Ring und legen das freie Ende um einen passenden Fels, das dürfte hier ja kein Problem sein. Danach heben wir das Geschütz Zoll für Zoll und führen das Tau dort durch die Umlenkrolle.« Hayden wandte sich dem Leutnant zu. »Müsste das nicht gehen?«
»Es könnte funktionieren, Sir. Ich habe allerdings nie gesehen, dass ein Geschütz so weit nach oben gehievt wurde, aber ich weiß nicht, was dagegensprechen sollte. Vorausgesetzt, alle behalten einen klaren Kopf.«
»Dann sorgen wir dafür, dass wir alle einen klaren Kopf haben. Schicken Sie die Lafetten zuerst hinauf. Mit diesem geringeren Gewicht kann sich jeder schon einmal mit der Aufgabe vertraut machen, ehe es ernst wird. Aber geben Sie acht, dass die Lafetten nicht am Fels zerschmettern. Wir würden viel Zeit verlieren, wenn wir erst noch Ersatz vom Schiff herbeischaffen müssten.«
Hayden überließ den beiden Offizieren die Aufsicht über die Krankonstruktion und nahm den Weg, den er gekommen war.
Von der Form her glich die Trosse auf der Böschung noch nicht dem großen N, als Hayden eintraf, aber sie beschrieb fast ein V, sodass nur noch der Läufer bergab fehlte.
Hayden sah, wie Oberst John Moore mit einigen der Männer sprach, doch sowie er Hayden gewahrte, eilte er ihm entgegen. Der Oberst wirkte stets hoffnungsvoll – ganz vereinnahmt von den Vorbereitungen auf das Gefecht. Nie hatte man
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