Die letzte Eskorte: Roman
unterschiedlichen Richtungen näherten und fast zur selben Zeit bei ihnen sein würden. Barthe blickte ein wenig dümmlich drein, was Hayden etwas versöhnte. Ransome hingegen gab sich locker und wusste sein Unbehagen – sofern er es überhaupt empfand – gut zu kaschieren.
Hayden begrüßte Wickham förmlich und versprach, bei dem Hinaufziehen der Lafette zuzuschauen, sobald er mit Barthe und Ransome gesprochen habe. Moore stand schweigend daneben und spielte seine Rolle perfekt.
»Mr Ransome«, begann Hayden, als sie außer Hörweite von den anderen waren, »ich war doch sehr enttäuscht, als ich erfuhr, dass Sie meinen Namen im Kreise der Offiziere von Oberst Moores Kompanien in ein schlechtes Licht gerückt haben ...«
»Sir ...«, protestierte der Leutnant sogleich.
Hayden gebot ihm mit erhobener Hand Schweigen. »Ich hege nicht den Wunsch, Oberst Moore zu bitten, mir die Namen der besagten Offiziere zu nennen, aber ich habe mir aus verlässlicher Quelle Ihre Worte wiederholen lassen und wünsche sie fortan nicht mehr zu hören.«
Hayden ließ Ransome keine Zeit zum Antworten und wandte sich stattdessen dem Master zu, dessen Gesichtsfarbe sich nun kaum noch von dem roten Haarschopf unterschied.
»Und Sie, Mr Barthe, wollten von dem Groll profitieren, den Mr Ransome im Kreise der Offiziere schürte, um Oberst Moores Männer dazu zu verleiten, Wetten abzuschließen – wobei Sie wetteten, ich würde mit meinem Versuch scheitern, die Geschütze auf die Anhöhen zu schaffen!«
»Aber, Kapitän Hayden ...«, meldete sich Ransome wieder zu Wort.
»Es stimmt«, unterbrach Barthe den Leutnant, der nervös zu blinzeln begann, als hätte ihm jemand einen Schlag versetzt. »Und ich schäme mich dafür. Es war meine Idee, mitzumachen, niemanden sonst trifft irgendeine Schuld.«
»Morgen Nachmittag erhalten sämtliche Offiziere von Oberst Moore ihre Wetteinsätze zurück, auf ausdrücklichen Befehl von Oberst Moore und mir. Alle Wetten sind hiermit nichtig.« Hayden sah von einem Gescholtenen zum anderen. Barthe war wirklich beschämt, das war nicht zu übersehen. Ransome jedoch wirkte verärgert und schien seinen Zorn unterdrücken zu müssen. Zerknirscht war er jedenfalls nicht.
»Nach all den Dienstjahren, Mr Barthe, hätten Sie es besser wissen müssen. Und Sie, Mr Ransome, wie wollen Sie Besatzungsmitglieder für Glücksspiele bestrafen, wenn Sie diesem Laster selber frönen?«
»Ich bin sicher, dass die Crew nichts von der Wette weiß, Sir«, erwiderte der Leutnant.
»Und ich bin sicher, dass Sie noch naiver sind, als Sie korrupt sind. Lord Hood beteuerte, Sie seien ein vielversprechender junger Offizier. Was wird er nun von Ihnen denken?«
Erst jetzt schien der Leutnant die Ernsthaftigkeit der Lage zu begreifen – Lord Hood würde von dem Vorfall erfahren, genau der Mann, von dem Ransomes Zukunft in der Navy abhing.
»Sie werden beide auf die Themis zurückkehren und die Gelder einsammeln, die morgen an die Offiziere zurückgegeben werden. Das wäre dann alles.«
Der Master und der Leutnant gingen mehr schlecht als recht die Böschung hinunter und spürten die Blicke ihrer Vorgesetzten im Rücken.
Moore nickte in Richtung Ransome. »Den sollten Sie im Auge behalten«, sagte er leise.
»In der Tat. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie oft ich es erlebt habe, dass Verschlagenheit und Dummheit in ein und derselben Person zusammenfinden. Der Plan ist sicherlich auf bewundernswerte Weise schlau, wenngleich der Ausgang schwer kalkulierbar war. Aber wie soll Ransome fortan Männer befehligen, wenn er das Gesetz bricht, dem er eigentlich Geltung verschaffen will?«
»Und bei der Wette auch noch den Namen des kommandierenden Offiziers in Verruf zu bringen – so ein Dummkopf dürfte doch gar kein Offizierspatent erhalten.«
»Ich frage mich nur, ob Lord Hood überhaupt bewusst ist, was für einen Mann er mir da geschickt hat.«
Die beiden blieben noch einen Moment lang stehen, ehe sie sich wieder zu den Männern begaben, die sich anschickten, die Lafetten anzuheben.
Der befehlshabende Leutnant beorderte Männer an die Talje, die mit dem Scherenkran oben auf dem Bergrücken verbunden war. Eine zweite Abteilung befestigte ein Tau hinten an der Lafette. Die beiden Mannschaften mussten fortan sowohl zusammen als auch gegeneinander arbeiten, wobei der höher gelegene Flaschenzug die Lafette anhob, während die andere Talje verhinderte, dass die Lafette an die Felswand prallte. Ein heikles Unterfangen, in
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