Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Eskorte: Roman

Die letzte Eskorte: Roman

Titel: Die letzte Eskorte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
Vom Netzwerk:
Verzeihung, Kapitän, ich wurde geschickt, um Sie zu Tisch zu bitten, Sir.«
    »Haben wir es schon so spät? Gehen Sie nur schon vor, Mr Gould. Ich muss noch kurz mit dem wachhabenden Offizier sprechen.«
    Als Gould und Madison unter Deck stiegen, trat Hayden noch einmal an die Reling und schaute hinaus in die Nacht. Er hatte keine Eile, mit dem wachhabenden Offizier zu sprechen. Er wollte nur einen Moment allein sein.
    Morgen schon in England – wenn der Wind nicht abflaute. Seit Wochen wunderte sich Hayden schon, warum man ihn so plötzlich zurückbeordert hatte. Nach allem, was er von Barthe gehört hatte, hielt er es für wahrscheinlich, dass er daheim an Land warten würde und nichts zu tun hätte – ohne irgendeinen Auftrag.
    Hayden glaubte nicht, dass Stephens, sein einziger Verbündeter im Admiralitätsgebäude, für den Befehl zur Rückkehr verantwortlich war. Als Cotton ihm die Themis übergeben hatte, war Hayden arg enttäuscht gewesen, nur stellvertretender Kapitän zu sein. Doch jetzt spürte er, dass es ihn regelrecht zur Verzweiflung trieb, wenn er nur daran dachte, die Themis an jemand anderen abtreten zu müssen. Er kannte das Schiff, die Offiziere, die Crew. Die Männer an Bord waren so, wie ein Kommandant sie sich wünschte. Er machte sich auch Gedanken um all die fähigen Männer, die im Verlauf der letzten Monate treu zu ihm gestanden hatten, ganz gleich, was geschehen war. Würden sie ein ähnliches Schicksal erleiden wie er?
    Die Rückkehr nach England war voller Hoffnungen und Ängste. Es gab Zeiten auf dieser Fahrt, da hatte er es nicht ertragen können, auch nur einen Augenblick lang von Henrietta getrennt zu sein. Er sehnte sich nach ihr. Träumte von ihr, dachte immerzu an sie. Wie sehr er hoffte, sie würde in Plymouth bei ihrer Tante zu Besuch sein!
    Die Schiffsglocke ertönte und riss Hayden aus seinen Gedanken. Seine Kameraden warteten auf ihn. Die letzte gemeinsame Mahlzeit, ehe der Dienst sie in alle Winde zerstreuen würde.
    Trotz der Rückkehr im späten Winter und der Kühle der Nacht war die Offiziersmesse ein Ort der Wärme und des Lichts. Als alle Anwesenden Platz genommen hatten, und diesmal saßen viele am Tisch, erhob Mr Smosh sein Glas.
    »Auf unsere erfolgreiche Fahrt«, sagte er.
    Barthe, der sein Glas schon erhoben hatte – nur Wasser – stellte es so rasch wieder auf den Tisch, dass das Wasser über den Rand schwappte. Die anderen taten es ihm gleich, allerdings mit etwas mehr Anmut, sodass nur noch der Geistliche sein Glas in der Hand hielt.
    »Du liebe Güte, was hab ich jetzt angerichtet?«, fragte Smosh bedrückt.
    »Mr Smosh«, begann der Master mit mahnendem Unterton, »es bringt furchtbares Unglück, einen Toast auf eine erfolgreiche Fahrt auszubringen, wenn das Schiff noch nicht sicher in den Hafen eingelaufen ist.«
    Hawthorne musste lachen. »Da sehen Sie mal, in was für eine Versammlung von abergläubischen Heiden Sie geraten sind, Mr Smosh!« Der Leutnant der Seesoldaten erhob seinerseits das Glas. »Ich trinke einen Schluck Wein mit Ihnen, Sir, denn ich glaube, dass wir sicher ankommen werden, Toast hin oder her.«
    Smosh war nun sichtlich verunsichert, wollte aber den lächelnden Leutnant nicht beleidigen und nahm daher einen Schluck von dem Wein. Doch dann verfiel er, peinlich berührt, in Schweigen.
    Das konnte Hayden nicht zulassen. »Sehen Sie, Mr Smosh, genau wie General Paoli ist Mr Hawthorne ein Mann der Aufklärung. Er weiß nicht nur bestens Bescheid über die jüngsten Verbesserungen der Agrarwissenschaft, er hat darüber hinaus jeglichen Aberglauben abgeschüttelt.«
    »Und die Religion, möchte ich hinzufügen«, warf Wickham ein.
    »Ist doch gar nicht wahr!«, hielt der Master dagegen. »Mr Hawthorne verehrt Venus.«
    Barthes Worte brachten die Männer zum Lachen. Der erste Trinkspruch galt der Göttin, dann all den schönen, venusgleichen Geschöpfen, die den am Tisch versammelten Offizieren je begegnet waren – eine passende Umschreibung für »Ehefrauen und Geliebte«.
    Beim ersten Gang herrschte zunächst Schweigen.
    »Dr. Griffiths«, sagte Hawthorne dann, »geht es Ihnen auch gut, Sir? Sie sahen noch nie so schwermütig aus, und da Sie ja eher ein grüblerischer Mensch sind, will das schon einiges heißen.«
    Der Schiffsarzt ließ den Suppenlöffel über dem Teller schweben. »Ich musste nur gerade daran denken, dass dies womöglich das letzte Mal ist, das wir zusammen segeln. Und obwohl mir fast jeder Mann an Bord mehr missfällt,

Weitere Kostenlose Bücher