Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Eskorte: Roman

Die letzte Eskorte: Roman

Titel: Die letzte Eskorte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
Vom Netzwerk:
augenblicklich befinden, ist sicherlich nicht einfach, aber wir nehmen uns die Gläubiger einen nach dem anderen vor, und ich wage zu behaupten, dass wir die meisten Forderungen zurückweisen können, wenn auch nicht alle. Ich möchte Sie nicht belügen und so tun, als würde all das leicht oder angenehm, aber ich denke, dass wir letzten Endes gewinnen werden. In diesem Punkt möchte ich Sie beruhigen.« Er war um ein Lächeln bemüht. »Darf ich Ihnen eine Frage stellen, Kapitän, in einer ganz anderen Angelegenheit? Das heißt, wenn Sie in dieser Sache keine Fragen mehr haben.«
    »Nein, fragen Sie nur.«
    »Wie steht es um die Karriere meines jüngeren Bruders? Ich frage dies, da ich mir Sorgen um seine Zukunft und sein Wohlergehen mache.«
    Hayden war ein wenig erstaunt, dass die Rechtsangelegenheit, die ihm so kompliziert erschien, kurzerhand beiseitegeschoben wurde. Zwar hatte der Anwalt ihm Hoffnungen gemacht, aber Hayden merkte, dass sich sein Unbehagen nicht merklich gelegt hatte. Vielleicht, so hoffte er, würde seine Angst alsbald der sehnlichst erwarteten Erleichterung weichen. »Ich denke, Mr Archers Karriere entwickelt sich vielversprechend. Seitdem Kapitän Hart unser Schiff verließ, hat Ihr Bruder seine Pflicht mit größerem Elan erfüllt. Ich bin der Auffassung, dass er ein vorbildlicher Offizier werden wird.«
    »Vermutlich waren Sie nicht immer dieser Ansicht.«
    »Situationen verändern sich, Menschen auch. Ich bin sehr zufrieden mit der Entwicklung Ihres Bruders.«
    »Das freut mich zu hören. Ich bin sogar erleichtert. Schon lange mache ich mir Sorgen um ihn. Vielleicht hat Ben Ihnen ja erzählt, dass ich sein rechtlicher Vormund bin – oder war?«
    »Nein, das wusste ich nicht.«
    »Seit dem Tod seiner Mutter. Wir sind Stiefbrüder, Ben und ich. Unser Vater verschied einige Jahre zuvor, und dann starb Bens Mutter – viel zu früh. Da ich fünfzehn Jahre älter als Ben bin, wurde ich sein Vormund. Zunächst schien sich mein Bruder nicht für viel zu interessieren und verlor sich in der Lektüre irgendwelcher Abenteuerromane, was ja heutzutage bisweilen schon als Berufung angesehen wird. Also drängte ich ihn, sich ernsthaft nach einem Beruf umzusehen. Umso überraschter war ich, als er sich für die Navy entschied. Nach meinem Dafürhalten eine unkluge Entscheidung, da nichts seinem Wesen ferner lag als diese Reglementierung. Aber bei ihm überwog die schwärmerische Vorstellung von einem Leben auf See, und schlussendlich gab ich ihm meine Erlaubnis. Ich war immer schon der Meinung, dass die jungen Leute ihre eigenen Fehler machen dürfen ...«, er lächelte kurz, »... und dann Anwälte in Anspruch nehmen, die sie wieder aus einer Sache herausziehen. Die Stellung unter Kapitän Hart besorgte ich Ben durch die Fürsprache von Freunden. Was, wie ich heute weiß, ein schwerer Irrtum war. Mein Bruder, der immer schon sehr zurückhaltend war, kapselte sich fortan nur noch mehr ab. Ich spürte, dass er sehr unglücklich war, und rechnete damit, dass er Abstand von der Navy nehmen würde. Ich wundere mich immer noch, dass er an Bord blieb. Und jetzt erzählen Sie mir, dass er ein vorbildlicher Offizier werden könnte. Ich dachte eher, dass er sich als Autor von profanen Abenteuerromanen hervortun würde – ein gutmütiger Taugenichts, verstehen Sie? Nach ein paar Jahren in meinem Beruf glaubt man, dass die Menschen einen nicht mehr überraschen können – und doch hat mein eigener Bruder genau das geschafft.«
    »Er hat seine Vorliebe für das Lesen nicht abgelegt, das kann ich Ihnen sagen«, meinte Hayden. »Aber mit diesem Zeitvertreib war er nicht der Einzige an Bord unseres Schiffes. Unsere Midshipmen riefen eine Art Debattierclub ins Leben und lasen alle möglichen Bücher und Pamphlete, um über die Vorzüge und Irrtümer in diesen Schriften zu diskutieren. Ihr Bruder beteiligte sich an diesen Abenden mit großem Eifer. Aber ich denke nicht, dass Lesen schädlich ist, es sei denn, man glaubt alles, was gedruckt wird.«
    Einen Moment lang hatte Hayden den Eindruck, dass sich die neutrale Miene des Anwalts verändern würde, da sich eine kleine Gefühlsregung in seinem Blick abzuzeichnen begann. Stattdessen holte er ein Blatt Papier und eine Schreibfeder hervor.
    »Konzentrieren wir uns jetzt auf den Wortlaut der Anzeige, die in den großen Zeitungen abgedruckt werden sollte. Dann verfassen wir einen Brief an Ihren Prisenagenten und das Prisengericht. Also, sagen Sie mir noch einmal, wie

Weitere Kostenlose Bücher