Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood
setzten Lilys langsamen Rundgang an Deck fort. Sanjay erkundigte sich nach Amanda und erzählte von seinen Kindern und ihren Müttern im schottischen Archipel, wo sich unter den Klans eine ungewöhnliche neue »amphibische« Gesellschaft herausbildete.
Die soeben abgeschlossene Tauchfahrt war offenbar durchaus erfolgreich gewesen. »Obwohl ich heutzutage nur noch selten selbst runter muss, Ganesha sei Dank. Sieh mal, da ist das Boot.« Sanjay zeigte auf ein unansehnliches Gefährt, das triefend an einem Kran hing. Es sah seltsamerweise wie ein in der Mitte durchgeschnittenes konventionelles U-Boot aus; die »Schnittfläche« war mit Manipulatorarmen, Kameras und Fenstern bestückt. »Das ist ein COMRA. Entwickelt von der China Ocean Mineral Resources R&D Association.«
»Ein chinesisches Modell?«
»Von Lammockson zu einem sündteuren Preis für AxysCorp eingekauft - dazu kommen noch die Luxusvillen in Project City für die Besatzung und die Techniker. Eines der modernsten Modelle aus der Zeit vor der Flut. Die Tauchfahrt nach Lima ist gut verlaufen. Wir sind zum kulturellen Zentrum in der Umgebung der Plaza Mayor und zu den Läden in Miraflores runtergegangen. San Isidro, das Geschäftsviertel, ist ziemlich gut zu erreichen. Und wir haben einige brauchbare wissenschaftliche Daten gewonnen. Übrigens hat eine Quechua-Gemeinde irgendwo oben in den Anden die Tauchfahrt bezahlt. Die hatten eigene Bergungsziele.«
Das stachelte Lilys Neugier an. Sie fragte sich, ob es wohl etwas mit Ollantay zu tun hatte; andererseits interessierte sie die Ausschlachtung Limas nicht besonders.
»Ich habe von Gary Boyle gehört«, sagte Sanjay.
»Über Thandie Jones, nehme ich an? Ich habe seit Jahren kein Lebenszeichen mehr von ihm erhalten.«
»Na ja, er ist nicht gerade an einem Ort, von dem aus man problemlos Postkarten verschicken kann.«
»Wo ist er denn?«
»Das ist es ja eben. Nirgends …« Er erzählte ihr, dass Gary jetzt zu einer nicht sesshaften Gemeinschaft von Abertausend Menschen gehörte, die durch die übervölkerten Weststaaten wanderten. »Sie sind seit Jahren auf der Straße, Lily. Nachdem sie ihr Lager bei Amarillo verlassen mussten, ist es ihnen nicht mehr gelungen, einen festen Wohnsitz zu finden.« Sanjay zuckte mit den Achseln. »Passiert immer wieder, soweit ich höre. Ganze Völkerscharen auf Wanderschaft, die es auf der Suche nach einem geeigneten Lebensraum hin und her treibt.«
»Hat er Grace noch bei sich?«
»O ja. Und Michael Thurley auch.«
»Grace muss jetzt sechzehn sein.«
»Ja. Ein pampiger Teenager, Thandie zufolge.«
»Das ist gesund«, sagte Lily mit fester Stimme. »Ich wünschte, ich könnte was für die drei tun.«
»Es gibt immer noch ein Band zwischen euch allen, euch Überlebenden von Barcelona, nicht wahr? Gary geht es gut. Er wünscht wahrscheinlich, er fände eine Möglichkeit, dir zu helfen.«
Sie kamen überein, später ausführlicher über Gary zu reden.
Lily erzählte Sanjay, dass sie Lammocksons Arche Drei besuchen würde, um sich mit Kristie zu treffen. Sie bot ihm an, ihn mitzunehmen.
»Ja, gern. Arche Drei? Ich möchte wissen, was Nathan jetzt schon wieder im Schilde führt.«
»Du wirst es sehen. Nicht, dass er uns irgendwas erzählen würde.«
Er warf ihr einen Blick zu. »Du scheinst dich dabei nicht ganz wohlzufühlen.«
Sie dachte über seine Worte nach. »Ich halte mich von Nathans bizarreren Unternehmungen fern. Seine supertechnischen Projekte haben irgendetwas Unausgewogenes . Wie eine Obsession, weißt du? Er versucht, die Welt mit Hilfe der Technik in den Griff zu bekommen. Während überall um uns herum …« Sie hob hilflos die Schultern und machte eine Handbewegung zum grauen Ozean hin, der über den versunkenen Überresten von Lima wogte.
»Ich verstehe«, sagte Sanjay nachdenklich. »Aber vielleicht brauchen wir in solchen Zeiten Leute wie Nathan Lammockson, die im großen Stil planen. Was wir nämlich ganz bestimmt brauchen, sind großangelegte Lösungen.« Er lächelte schief. »Wahnsinn als letzte evolutionäre Ressource. Aber erzähl Nathan nicht, dass ich das gesagt habe. Ich melde mich jetzt mal lieber bei der COMRA-Crew ab. Wir treffen uns am Helipad.«
»Klar.« Doch als er sich abwandte, rief sie: »Ach übrigens, du hast gesagt, eine Quechua-Gruppe habe die Tauchfahrt finanziert. Worauf hatten sie’s denn abgesehen?«
»Sie haben einen Roboter in die Kathedrale gesteuert und einen Sarg raufgeholt.« Er grinste. »Pizarros
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