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Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood

Titel: Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Versorgungshubschrauber bekam, der nach Lima flog.
    Die Küste war in den tief hängenden, hartnäckigen Nebel gehüllt, den die Einwohner von Lima einst garua genannt hatten, so dass der Chopper in einen Whiteout hinabsank. Dann tauchte der komplizierte, kastenförmige Aufbau einer Bohrinsel schemenhaft aus dem Nebel auf. Lammockson hatte diese alte Bohrinsel, die als Basis für seine fortlaufenden Bergungsoperationen diente, über dem Zentrum der versunkenen Stadt platziert.
    Der Hubschrauber landete auf dem Oberdeck der Bohrinsel, und Lily stieg aus.
    Sie stellte fest, dass sie zum Rand der von einer Reling und Plexiglas-Platten eingefassten Plattform gehen konnte. Das graue, wogende Meer erstreckte sich bis zu einem Horizont, der vom garua ausgelöscht wurde. Sie hätte sich mitten auf dem Ozean befinden können. Tatsächlich stand sie jedoch direkt über dem Herzen einer Megacity, von der keine Spur mehr zu sehen war.
    Ein AxysCorp-Handlanger kam eilig herbei, um sie zu empfangen, ein ernster junger Mann, der von Piers instruiert worden war. Sanjay befand sich auf der Bohrinsel, beaufsichtigte
jedoch gerade den Abstieg eines Tieftauchboots nach Lima, und sie hatte noch etwas Zeit, vielleicht eine Stunde. Der Handlanger versuchte sie zu überreden, nach unten zu gehen, wo sie in Sicherheit war, etwas zu essen, vielleicht sogar ein Bier zu trinken und ein bisschen fernzusehen. Lily lehnte ab; sie brauchte frische Luft. Sie bekam einen dicken Mantel, den sie über ihren Overall ziehen konnte, sowie einen Becher Kaffee. So entkam sie Piers’ Kindermädchen und schlenderte auf der Bohrplattform herum.
    Sie ging zwischen den Blöcken von Maschinen hindurch, die wie Freiluft-Skulpturen aussahen und von Ingenieuren mit Helmen und Overalls bedient wurden. Einige der Operationen, die hier stattfanden, kannte sie. Die Bergungsaktionen wurden meist ferngesteuert; Kräne ließen Robot-Maschinen mit Manipulatorarmen und Schneidegeräten zu den versunkenen Gebäuden hinab. Selbst nach Jahren systematischer Plünderung war Lima wie all die verlorenen Städte der Welt noch immer eine kolossale Goldmine.
    Aber Lammockson dachte stets voraus, und auf der Bohrinsel wurden auch modernere Techniken erprobt. Seine Gutachter hatten ihm erklärt, unter dem Meeresboden seien Gold, Zink, Kupfer, Silber und Blei zu finden, Rohstoffe für das langfristige Überleben der Zivilisation. Die Wissenschaftler wussten sogar, wo man suchen musste, nämlich in der Umgebung der »Meeresboden-Massivsulfide«, wie die von hydrothermalen Schloten gebildeten großen vulkanischen Ablagerungen genannt wurden; an Stellen also, wo Wasser durch tiefe Risse im Gestein des Meeresbodens zirkulierte, bei seiner Reise durch das Gestein Metalle löste und sie beim Austritt zu kegelförmigen schwarzen Kaminen aufhäufte.
Deshalb arbeitete Lammockson an der Entwicklung technischer Möglichkeiten zur Ausbeutung des Meeresbodens. Andere Expertenteams beschäftigten sich mit der Lokalisierung submariner Öllagerstätten. In der Vergangenheit war der Meeresbergbau wegen des Schadens, den Lärm, Sedimentwolken und Turbulenzen bei den fragilen Meeresböden-Ökologien anrichten konnten, verpönt gewesen. Darum scherte sich heutzutage niemand mehr - oder zumindest war niemand in der Lage, für die Einhaltung entsprechender Regelungen zu sorgen.
    Lily sah gerade zu, wie eine weitere Robot-Bergungsmaschine an der Seite der Bohrinsel hinabgelassen wurde, als Sanjay zu ihr heraufkam. »Lily! Was will denn eine Landratte wie du auf einem Rosteimer wie diesem hier?«
    Wie üblich, wenn sie einem Gesicht aus ihrer Vergangenheit begegnete, wurde Lily von einer Aufwallung von Gefühlen überwältigt, einer eigentümlichen Form der Sehnsucht. Sie packte Sanjay und umarmte ihn fest. »Schön, dich zu sehen!«
    Er ließ es sich anstandslos gefallen und umarmte sie ebenfalls. Man sah dem kleinen, kompakten, mit einem AxysCorp-Overall bekleideten Sanjay seine fünfundvierzig Jahre nicht an, außer vielleicht an den grauen Strähnen in seinem Bart. »Möchtest du in die Bohrinsel runter?«, fragte er. »Da gibt’s Salons und Bars. Raus aus dem Wind, wenn dir danach ist.«
    »Möchtest du das?« »Na ja, ich hab jetzt stundenlang in diesem Kontrollraum gehockt und Zigarettenrauch, abgestandenes Bier und die üblen Ausdünstungen von Kokapflanzen geatmet. Ich würde
lieber draußen an der frischen Luft bleiben, wenn du das aushältst.«
    »Dann lass uns ein bisschen herumlaufen.«
    Sie

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