Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood
nicht gerade alle mit der Amisoldatin hier?«
»Ich bin wegen meiner Familie gekommen«, sagte Lily in ruhigem Ton. »Ich habe keinen Streit mit dir.«
»Aber ich mit dir, Lady. Ich habe auch Rechte. Ich hab sie gerettet, als wir aus Aylesbury rausgeflogen sind. Ach, was soll’s, verpiss dich ruhig«, sagte er zu Amanda. »Ich hab dein Gejammer satt. Ihr könnt alle verschwinden. Bis auf dich .« Blitzschnell packte er Kristie am Arm. Sie schrie auf und versuchte, sich zu befreien, aber er war viel zu stark für sie.
Benj wollte ihn anspringen, doch Lily hielt ihn fest.
Amanda ging auf ihn zu. »Was soll das? Lass sie los!«
»Vergiss es«, knurrte er. Er zog Kristie an sich, hielt sie mit seiner großen Hand an der Taille fest und verdrehte ihr den Arm auf dem Rücken. »Ich habe, was ich will, und ihr anderen könnt euch vom Acker machen. Nur zu.«
Amanda verstand auf einmal. »Dir ist es die ganze Zeit nur um Kristie gegangen, stimmt’s?«
»Na klar. Ich bin bei dir geblieben, während ich auf sie gewartet habe. Glaubst du, ich wollte dich, du lächerliche alte Schlampe? Wie viele Kinder könntest du mir schenken? Denn nur darum wird’s in Zukunft gehen. Um Kinder - starke Söhne, fruchtbare Töchter.« Kristie wehrte sich erneut, aber er verdrehte ihr den Arm noch mehr, bis sie aufgab. »Natürlich ging’s immer um sie. Während ich dich gevögelt habe, hab ich an sie gedacht. Sonst hätte ich keinen hochgekriegt …«
Es gab einen leisen Knall, als hätte jemand ein Samenkorn ausgespuckt. Wayne ließ Kristie los und fiel schreiend zu Boden. Sein rechter Stiefel war explodiert.
Benj eilte nach vorn und packte seine Schwester. Lily trat mit der Pistole in der Hand auf Wayne zu, der am Boden lag.
Er umklammerte seinen blutigen, zerfetzten Stiefel. »Du dämliches Miststück, du hast mir den verdammten Zeh abgeschossen!«
»Wenn du auch nur noch einen Laut von dir gibst, schieße ich dir eine Kniescheibe weg. Welchen Nutzen hättest du dann noch für deine Survivalisten-Kumpels?«
Er starrte sie wütend an. Sein Gesicht war eine Maske aus
Schmerz und Zorn. Der Schweiß grub Rinnsale in den Schmutz auf seiner Stirn. Aber er schwieg.
Amanda holte zitternd Luft. »Du mischst dich immer wieder in mein Leben ein, Lil«, sagte sie.
Lily wandte sich an die Kinder. »Alles in Ordnung mit euch beiden?«
»Ja«, sagte Kristie. »Bitte schieß ihm nicht die Kniescheibe weg, wenn er diesen Laut von sich gibt, Tante Lil …«
»Welchen Laut?«
Kristie lief auf Wayne zu, wobei sie ihre Schritte so abmaß, als führte sie einen Elfmeter aus, und trat ihm in die Eier. Er schrie auf und wand sich.
» Diesen Laut.« Sie brüllte ihn an: »Dreckskerl!«
»Tut mir leid, Kris«, sagte Amanda aufrichtig.
»Keine Angst«, erwiderte Kris kühl. Ihre Tränen waren jetzt versiegt. »Er wäre nie auch nur in meine Nähe gekommen.«
»Garantiert nicht«, fügte Benj mit fester Stimme hinzu.
»Mein Gott«, sagte Amanda. »Ich ziehe Vigilanten groß.«
Lily sah auf ihre Armbanduhr. »Hört zu, er ist jetzt nicht wichtig. Nichts von alledem ist wichtig. Wir müssen nach Cheriton Bishop, wo der Wagen auf uns wartet.« Sie musterte die Motorräder. »Mit den Dingern könnten wir in einer Viertelstunde da sein, wenn wir zwei Fahrer hätten.«
»Ich kann Motorrad fahren«, erklärte Benj.
»Ich weiß …«, sagte Amanda.
»Und ich auch«, ergänzte Kristie munter.
Amanda sah ihre Tochter streng an. »Das wusste ich nicht.«
»Finger weg von meinem Scheiß-Motorrad, ihr Hexen«, blökte Wayne auf dem Boden.
»Schnauze«, sagte Lily milde. »Also dann. Kann ich bei dir mitfahren, Kris?«
Wayne fluchte, als sie die Motorräder anwarfen. Offenbar außerstande, seinen Zorn im Zaum zu halten, stand er tatsächlich auf und taumelte vorwärts. Lily sorgte dafür, dass ihre Pistole gut sichtbar blieb - und Amanda war froh, als sie aus seinem Blickfeld verschwanden.
39
Sobald sie im AxysCorp-Geländewagen saßen, waren die Kinder zu Amandas Erleichterung still. Es war das erste Mal, dass sie eine längere Strecke fuhren, seit Wayne sie in seinem Land Rover von Aylesbury hierhergebracht hatte. In dem eleganten Wagen wirkten sie wie zwei große, schmutzige Muskelpakete.
Sie mussten auf der ganzen Strecke in höheren Lagen bleiben. Meistens nahmen sie kleinere Straßen. Die Autofahrt von Postbridge nach Marlow, wo das AxysCorp-Boot auf sie wartete, würde fast vierundzwanzig Stunden dauern; vor der Flut hätten sie gerade
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