Die letzte Generation: Roman (German Edition)
werden können, selbst wenn es noch so ungewöhnliche Augen hätte.«
»Wie konntest du dir dessen so sicher sein?«, fragte Stormgren, der nun doch neugierig auf das technische Problem war.
»Ganz sicher konnten uns natürlich nicht sein«, gab Duval widerstrebend zu. »Aber Karellen betrachtet dich bei normaler Beleuchtung, nicht wahr? Seine Augen müssen also, was den Umfang des Spektrums betrifft, ungefähr den unseren entsprechen. Auf jeden Fall hat das Gerät funktioniert. Wir haben den Beweis, dass sich tatsächlich ein großer Raum hinter dem angeblichen Bildschirm befindet. Die Mattscheibe ist etwa drei Zentimeter dick und der Raum dahinter mindestens zehn Meter tief. Wir konnten kein Echo von der hinteren Wand auffangen, aber das war bei der geringen Stromstärke, die wir vorsichtshalber benutzt haben, auch kaum zu erwarten. Und das hier haben wir bekommen!«
Er schob Stormgren eine Fotoaufnahme zu, auf der eine einzige gewellte Linie zu sehen war. An einer Stelle gab es einen deutlicheren Ausschlag, wie die Aufzeichnung eines schwachen Erdbebens.
»Siehst du diesen kleinen Ausschlag?«
»Ja. Was ist das?«
»Karellen.«
»Großer Gott! Bist du dir sicher?«
»Es ist eine ziemlich sichere Vermutung. Er sitzt oder steht – oder was auch immer er tut – etwa zwei Meter hinter der Scheibe. Wenn die Auflösung etwas besser gewesen wäre, hätten wir vielleicht sogar seine Größe berechnen können.«
Stormgren betrachtete die kaum sichtbare Abweichung der Wellenlinie mit gemischten Gefühlen. Bisher hatte es noch keinen Beweis gegeben, dass Karellen überhaupt einen materiellen Körper besaß. Dieser Beweis war zwar indirekt, aber Stormgren nahm ihn ohne Bedenken hin.
»Unsere zweite Aufgabe war«, sagte Duval, »die Durchlässigkeit der Scheibe für gewöhnliches Licht zu berechnen. Wir glauben einen annehmbaren Wert bekommen zu haben, selbst wenn die Rechnung vielleicht um den Faktor zehn falsch ist. Dir ist vermutlich klar, dass es so etwas wie ausschließlich einseitig durchsichtiges Glas nicht gibt. Es ist einfach eine Frage der Anordnung der Beleuchtung. Karellen sitzt in einem verdunkelten Raum, du bist beleuchtet, das ist alles.« Duval kicherte. »Nun, das werden wir ändern.«
Mit der Miene eines Zauberers, der einen ganzen Wurf weißer Kaninchen aus dem Hut zauberte, griff er in seinen Schreibtisch und nahm eine übergroße Taschenlampe heraus. Am Ende befand sich einem breiter Trichter, sodass der ganze Apparat einer Donnerbüchse ähnelte.
Duval grinste. »Es ist nicht so gefährlich, wie es aussieht. Du musst nur den Trichter gegen die Scheibe pressen und auf den Schalter drücken. Der Apparat sendet zehn Sekunden lang einen sehr kräftigen Strahl aus, und in dieser Zeit müsstest du imstande sein, den Raum auszuleuchten und ein gutes Bild zu bekommen. Alles Licht wird durch die Scheibe dringen und deinen Freund wunderbar illuminieren.«
»Es wird Karellen nicht schaden?«
»Nicht, wenn du die Lampe tief hältst und dann nach oben schwenkst. Damit gibst du seinen Augen Zeit, sich an die Helligkeit zu gewöhnen. Ich vermute, dass er die gleichen Reflexe hat wie wir, und wir wollen ihn nicht blenden.«
Stormgren betrachtete zweifelnd die Waffe und nahm sie in die Hand. In den letzten Wochen hatte sein Gewissen ihn gequält. Karellen hatte ihn immer mit unmissverständlicher Zuneigung behandelt, trotz seiner gelegentlichen vernichtenden Offenheit, und jetzt, da sich ihre gemeinsame Zeit dem Ende näherte, wollte Stormgren nichts tun, um diese Beziehung zu verderben. Aber der Verwalter war gewarnt, und Stormgren war überzeugt, dass Karellen sich längst gezeigt hätte, wenn die Entscheidung bei ihm liegen würde. Nun sollte ihm die Entscheidung abgenommen werden: Wenn ihre letzte Zusammenkunft zu Ende ging, würde Stormgren Karellens Gesicht sehen.
Vorausgesetzt, dass Karellen ein Gesicht hatte.
Die Nervosität, die Stormgren zuerst empfunden hatte, war längst verflogen. Karellen bestritt fast die ganze Unterhaltung und wob seine verwickelten Sätze, deren er sich so gern bediente. Früher war dies für Stormgren die wunderbarste und sicherlich die unerwartetste aller Gaben Karellens gewesen. Jetzt kam sie ihm nicht mehr ganz so wunderbar vor, denn er wusste, dass sie wie die meisten Fähigkeiten des Verwalters das Ergebnis einer rein intellektuellen Kraft und nicht einer besonderen Begabung war. Karellen hatte Zeit für literarische Kompositionen, wenn er seine Gedanken auf
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