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Die letzte Kolonie

Titel: Die letzte Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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Ausschuss anders verhalten? »Ich weiß nicht, was ich zu diesem Gedankengang sagen soll«, antwortete ich. »Ich habe getan, was ich in Anbetracht der Umstände für das Beste hielt.«

    Butcher und Berkeley tauschten einen kurzen Seitenblick aus. Sie hatten bekommen, was sie sich von der Untersuchung erhofft hatten. Für sie war die Angelegenheit damit erledigt. Ich konzentrierte mich auf meine Schuhe.
    »Was halten Sie von General Gau?«
    Ich blickte überrascht auf. General Szilard wartete erneut ausdruckslos auf meine Antwort. Butcher und Berkeley wirkten genauso verdutzt wie ich. Was Szilard da tat, stand offenbar nicht im Skript.
    »Ich weißt nicht genau, ob ich diese Frage verstanden habe«, sagte ich.
    »Aber sicher doch«, sagte Szilard. »Sie haben ein recht langes Gespräch mit General Gau geführt, und ich bin überzeugt, dass Sie genug Zeit hatten, sich Gedanken über das Wesen des Generals zu machen, sowohl vor als auch nach der Zerstörung der Konklaveflotte. Nach allem, was Sie über ihn wissen, was denken Sie über ihn?«
    Ach du Scheiße , dachte ich. Für mich gab es jetzt keinen Zweifel mehr: Szilard wusste, dass ich mehr Informationen über General Gau und das Konklave hatte, als die von der KU gelieferten Informationen hergaben. Die Frage war, wie ich auf diese Frage antworten sollte.
    Du steckst schon ganz tief drin , dachte ich. Butcher und Berkeley schienen bereits zu planen, mich zum Kolonialen Gerichtshof weiterzuleiten, wo mein Prozess unter welcher Anklage auch immer (ich vermutete wegen Unfähigkeit, obwohl Pfichtvernachlässigung keineswegs außer Frage stand, genauso wenig wie Verrat) kurz und nicht besonders angenehm sein würde. Ich war von der Voraussetzung ausgegangen, dass Szilard mit seiner Anwesenheit erreichen wollte, dass er das Ergebnis erhielt, das er haben wollte – es musste ihm
missfallen, dass ich möglicherweise den Erfolg seiner Mission gefährdet hatte -, aber nun war ich mir nicht mehr sicher. Plötzlich hatte ich nicht mehr den leisesten Schimmer, was sich Szilard wirklich von dieser Untersuchung versprach. Nur dass es im Grunde gar keine Rolle mehr spielte, was ich sagte, weil ich bereits erledigt war.
    Aber es war eine offizielle Untersuchung. Was bedeutete, dass sie im Archiv der Kolonialen Union landen würde. Also ging ich aufs Ganze.
    »Ich halte ihn für einen ehrenhaften Mann.«
    »Wie bitte?«, sagte Berkeley.
    »Ich sagte, ich halte ihn für einen ehrenhaften Mann«, wiederholte ich. »Zum einen wollte er Roanoke nicht um jeden Preis vernichten. Er hat mir angeboten, die Kolonisten zu verschonen und ihnen zu ermöglichen, dem Konklave beizutreten. In den Informationen, die ich von der Kolonialen Union erhielt, war nirgendwo vermerkt, dass es solche Möglichkeiten gibt. Von der KU habe ich nur erfahren – genauso wie alle Kolonisten von Roanoke, die es durch mich erfahren haben -, dass Gau und das Konklave lediglich beabsichtigten, jede Kolonie auszulöschen, die sie ausfindig machen. Deshalb haben wir uns ein Jahr lang versteckt gehalten.«
    »Wenn er Ihnen einfach nur sagt, dass er die Kolonisten verschonen würde, heißt das doch noch lange nicht, dass er es auch wirklich tun würde«, erwiderte Berkeley. »Als ehemaliger Offizier der KVA ist Ihnen zweifellos bekannt, dass Desinformationen eine sehr nützliche Strategie gegen einen Feind sein können.«
    »Ich glaube nicht, dass die Roanoke-Kolonie von General Gau als Feind eingestuft wurde«, sagte ich. »Wir sind weniger als dreitausend Menschen gegen vierhundertundzwölf Schlachtschiffe.
Wir hatten keinerlei Möglichkeit, uns zu verteidigen. Für ihn hätte es keinen militärischen Vorteil gebracht, uns zur Kapitulation aufzufordern, wenn er uns ohnehin auslöschen wollte. Das wäre einfach nur zutiefst grausam gewesen.«
    »Ihnen ist nicht bekannt, welchen Wert die Grausamkeit in der psychologischen Kriegsführung haben kann?«, fragte Berkeley.
    »Das ist mir durchaus bekannt. Aber aus dem Informationsmaterial der KU war nicht ersichtlich, dass so etwas zum persönlichen Profil des Generals gehört oder dass er vorzugsweise diese Art von Taktik anwendet.«
    »Es gibt vieles, was Sie nicht über den General wissen«, sagte Butcher.
    »Das sehe ich genauso«, sagte ich. »Was der Grund war, warum ich entschied, mir selbst ein Bild von seinem Charakter zu machen und entsprechend zu handeln. Aber ich erinnere mich, dass der General erwähnte, er hätte bereits drei Dutzend Kolonien aufgelöst, bevor

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