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Die letzte Kolonie

Titel: Die letzte Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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Containerwand. Offensichtlich war der Bogen nicht meine Waffe. Mir blieb keine Zeit für einen weiteren Schuss, denn der Soldat war bereits auf dem Container und kam mit gezücktem Messer auf mich zu, während er etwas schrie. Ich hatte das ungute Gefühl, dass ich jemanden umgebracht hatte, der ihm sehr am Herzen gelegen hatte. Also zog auch ich mein Messer, und in diesem Moment griff der Arrisianer an, der den Abstand zwischen uns in erstaunlich kurzer Zeit überwunden hatte. Ich stürzte, und mein Messer flog in hohem Bogen vom Container.
    Wir wälzten uns auf dem Containerdach hin und her, bis ich mich von ihm befreien und zur Seite ausweichen konnte. Im nächsten Moment hatte ich ihn wieder am Hals. Er stach mir in die Schulter, traf jedoch nur meine Polizeirüstung. Er
machte sich für den nächsten Stich bereit. Ich packte einen Augenstiel und riss daran. Er taumelte zurück und hielt sich wimmernd den Augenstiel. Er stand nicht weit von der Kante des Containerdachs. Sowohl mein Messer als auch der Bogen waren zu weit entfernt, um sie an mich nehmen zu können. Scheiße , dachte ich und warf mich auf den Arrisianer. Zusammen flogen wir vom Dach des Containers, und im Sturz drückte ich meinen Arm gegen seinen Hals. Als wir landeten – er unten, ich oben -, zerquetschte mein Arm seine Luftröhre oder etwas anderes Lebenswichtiges. Mein Arm schmerzte heftig, und ich bezweifelte, dass ich ihn in nächster Zeit wie gewohnt würde benutzen können.
    Ich rollte mich von dem toten Arrisianer herunter und blickte auf. Ein Schatten bewegte sich über die Wand des Frachtcontainers. Es war Kranjic. Er und Beata benutzten ihre Kameras, um den Kampf aufzuzeichnen.
    »Leben Sie noch?«, fragte er.
    »Es scheint so«, sagte ich.
    »Könnten Sie das noch mal machen?«, fragte er. »Leider habe ich das meiste verpasst.«
    Ich zeigte ihm den ausgestreckten Mittelfinger. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, aber ich vermutete, dass er grinste. »Werfen Sie mir mein Messer und den Bogen runter«, sagte ich. Dann blickte ich auf die Uhr. Wir hatten noch anderthalb Minuten, bis sich das Feld abschaltete. Kranjic reichte mir die Waffen, und ich stapfte durch die Straßen, wo ich verstreute Soldaten erledigte, bis mir die Pfeile ausgingen. Dann wich ich ihnen aus, als die Zeit allmählich abgelaufen war.
    Dreißig Sekunden vor dem Zusammenbruch des Feldes öffnete Hickory das Tor des Dorfes, und er und Dickory zogen sich zurück, um den überlebenden Arrisianern den Rückzug
zu ermöglichen. Die paar Dutzend noch übrigen Soldaten fragten sich nicht, warum das Tor plötzlich wieder offen war. Sie machten, dass sie wegkamen, und rannten zu ihren Transportern, die noch einen Kilometer entfernt waren. Der letzte Soldat rannte gerade durchs Tor, als das Feld zusammenbrach. Eser und sein letzter Leibwächter befanden sich ungefähr in der Mittel der Horde. Der Wächter trieb seinen Schützling gnadenlos voran. Er hatte immer noch sein Gewehr, obwohl die meisten anderen ihre Waffen zurückgelassen hatten, nachdem sie gesehen hatten, was mit jenen geschehen war, die sie im Dorf eingesetzt hatten. Nun vermuteten sie, dass sie völlig nutzlos geworden waren. Ich hob eins dieser Gewehre auf, als ich ihnen nach draußen folgte, Jane nahm einen arrisianischen Raketenwerfer an sich. Kranjic und Beata sprangen vom Frachtcontainer und folgten uns. Der Reporter rannte voraus und verschwand in der Dunkelheit, seine Kamerafrau blieb in der Nähe von Jane und mir zurück.
    Die flüchtenden Arrisianer gingen von zwei Vermutungen aus. Die erste war, dass Gewehrkugeln auf Roanoke unbrauchbar waren. Die zweite war, dass das Gelände, auf das sie sich zurückzogen, genauso war wie bei ihrem Einmarsch. Beide Vermutungen waren falsch, wie sie alsbald feststellten, als die automatischen Geschütze zu beiden Seiten ihres Rückzugswegs das Feuer eröffneten. Sie wurden in präzise bemessenen Salven niedergemäht. Jane kontrollierte die Schüsse und gab mit ihrem BrainPal jedes einzelne Ziel elektronisch frei, bevor darauf geschossen wurde. Damit wollte sie vermeiden, dass Eser versehentlich getötet wurde. Die tragbaren Geschütze waren von Kolonisten aufgestellt worden, während die Arrisianer in Croatoan eingeschlossen waren. Die Leute hatten sie aus Löchern gezogen, die sie zuvor gegraben und abgedeckt
hatten. Jane hatte diese Kolonisten gnadenlos gedrillt, damit sie die Geschütze innerhalb weniger Minuten gefechtsklar machen konnten. Es hatte geklappt.

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