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Die letzte Kolonie

Titel: Die letzte Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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Hochsommer sein würde. Wahrscheinlich würde ich recht viel schwitzen.
    Ich holte Jane ein, die in der Nähe eines dieser baumähnlichen Wesen stehen geblieben war. Es hatte keine Blätter, sondern Fell. Es schien sich zu bewegen. Als ich mich näher heranbeugte, sah ich eine Kolonie von winzigen Lebewesen darauf herumwuseln.
    »Baumflöhe«, sagte ich. »Nett.«
    Jane lächelte, was ein durchaus bemerkenswertes Ereignis war. »Ich glaube, das ist sehr interessant«, sagte sie und klopfte auf einen Zweig des Baumes. Einer der Baumflöhe sprang aus dem Fell auf ihre Hand. Sie betrachtete das Wesen neugierig, bevor sie es mit einem kräftigen Atemzug fortblies.
    »Glaubst du, dass du hier glücklich werden könntest?«, fragte ich.
    »Ich glaube, ich werde hier sehr beschäftigt sein«, sagte Jane. »General Rybicki kann über die Auswahlprozedur für diese Kolonie sagen, was er will. Ich habe die Personalakten der Leute gelesen, und ich bin nicht überzeugt, dass die meisten
Kolonisten keine Gefahr für ihr eigenes Leben und das anderer darstellen werden.« Sie deutete mit einem Nicken in Richtung des Shuttles, wo wir den Reporter zuletzt gesehen hatten. »Schau dir Kranjic an. Er will gar kein Kolonist sein. Er will über Leute schreiben, die zu Kolonisten werden. Er bildet sich ein, dass er, wenn es hier richtig losgeht, alle Zeit der Welt haben wird, seine Sendung zu produzieren und sein Buch zu schreiben. Er wird dem Hungertod nahe sein, wenn er feststellt, dass er sich geirrt hat.«
    »Vielleicht ist er ein Ausnahmefall«, sagte ich.
    »Du bist ein Optimist.« Jane blickte wieder auf den Pelzbaum und die Krabbelwesen. »Das gefällt mir an dir. Aber ich glaube nicht, dass wir hier von einem allzu optimistischen Standpunkt ausgehen sollten.«
    »Da magst du recht haben«, sagte ich. »Aber du musst zugeben, dass du dich hinsichtlich der Mennoniten geirrt hast.«
    »Ich habe mich vorläufig geirrt«, sagte Jane und sah mich an. »Aber es stimmt. Sie sind wesentlich stärkere Kandidaten, als ich erwartet hatte.«
    »Du hast eben vorher noch nie Mennoniten kennengelernt.«
    »Bevor ich nach Huckleberry kam, hatte ich überhaupt noch keine religiösen Menschen kennengelernt. Außer Hindus, die mich aber in Ruhe gelassen haben. Obwohl ich Shiva durchaus etwas abgewinnen kann.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Aber die Sache verhält sich bei den Mennoniten ein klein wenig anders.«
    Jane blickte über meine Schulter. »Wenn man vom Teufel spricht«, sagte sie.
    Ich drehte mich um und sah eine hochgeschossene, blasse
Gestalt auf uns zukommen. Schlichte Kleidung und breiter Hut. Es war Hiram Yoder, der von den Kolonialen Mennoniten auserwählt wurde, uns auf diesem Ausflug zu begleiten.
    Ich lächelte ihm zu. Im Gegensatz zu Jane hatte ich schon vorher Mennoniten kennengelernt. In der Ecke von Ohio, wo ich gelebt hatte, gab es jede Menge davon, Amish, Brethren und andere Täufergruppen. Wie in jeder Gruppe gab es auch unter den Mennoniten die unterschiedlichsten Persönlichkeiten, aber insgesamt schienen sie mir gute und ehrliche Menschen zu sein. Wenn etwas an meinem Haus erledigt werden musste, hatte ich mir immer mennonitische Firmen ausgesucht, weil sie die Arbeit beim ersten Mal richtig machten, und wenn doch etwas schiefging, stritten sie sich nicht herum, sondern machten es einfach richtig. In meinen Augen war das mal eine anständige Philosophie.
    Yoder hob die Hand, um uns zu begrüßen. »Ich dachte mir, dass ich mich vielleicht zu Ihnen gesellen sollte«, sagte er. »Wenn sich die Anführer der Kolonie so aufmerksam eine Sache ansehen, sollte ich vielleicht in Erfahrung bringen, was es damit auf sich hat.«
    »Es ist nur ein Baum«, sagte ich. »Oder wie auch immer wir am Ende dieses Ding nennen werden.«
    Yoder musterte das Gebilde. »Auch mir kommt es wie ein Baum vor. Mit Fell oder Pelz. Wir könnten ihn Fellbaum nennen.«
    »Etwas in der Art habe ich mir auch gedacht«, sagte ich. »Solange man Fell nicht mit Fällen verwechselt.«
    »Stimmt«, sagte Yoder. »Dann sollten wir uns vielleicht doch auf den Pelzbaum einigen.«
    »Gute Idee«, sagte ich. »Was halten Sie von Ihrer neuen Welt?«

    »Ich glaube, dies könnte ein guter Ort für uns sein«, sagte Yoder. »Obwohl natürlich sehr viel von den Leuten abhängt, die hier leben werden.«
    »Das sehe ich genauso. Und es bringt mich auf eine Frage, die ich Ihnen gerne stellen würde. Einige der Mennoniten, die ich in Ohio kennengelernt habe, blieben die

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