Die letzte Kolonie
meiste Zeit unter sich – sie schotteten sich vom Rest der Welt ab. Ich würde gerne wissen, ob Ihre Gruppe das Gleiche zu tun beabsichtigt.«
Yoder lächelte. »Nein, Mr. Perry. Die Mennoniten unterscheiden sich sehr stark in ihrer Lebensweise, je nach Kirchengemeinde. Wir sind Koloniale Mennoniten. Wir leben und kleiden uns möglichst einfach. Wir verabscheuen keine Technik, wenn sie nötig ist, aber wir benutzen sie nicht, wenn sie überflüssig ist. Und wir haben uns entschieden, in der Welt zu leben, genauso wie das Salz und das Licht. Wir hoffen, dass wir und die anderen Kolonisten gute Nachbarn sein werden, Mr. Perry.«
»Das freut mich zu hören«, sagte ich. »Dann scheinen die Startbedingungen für unsere Kolonie ideal zu sein.«
»Das könnte sich bald ändern«, sagte Jane und deutete erneut auf etwas in einiger Entfernung. Kranjic und Beata kamen in unsere Richtung gelaufen. Kranjic ging mit lebhaften Schritten, Beata trottete eher hinterher. Den ganzen Tag lang hinter Kolonisten herzurennen schien nicht ganz ihren Vorlieben zu entsprechen.
»Da sind Sie ja«, sagte Kranjic zu Yoder. »Inzwischen habe ich Kommentare von jedem anderen Kolonisten hier aufgezeichnet – das heißt, mit Ausnahme von ihr .« Er zeigte auf Jane. »Jetzt brauche ich noch etwas von Ihnen, damit ich es in den großen Pool einspeisen kann.«
»Ich habe Ihnen schon einmal erklärt, Mr. Kranjic, dass
ich es vorziehen würde, weder fotografiert noch interviewt zu werden«, sagte Yoder in freundlichem Tonfall.
»Das ist ein religiöser Vorbehalt, nicht wahr?«, sagte Kranjic.
»Eigentlich nicht«, erwiderte Yoder. »Ich ziehe es nur vor, in Ruhe gelassen zu werden.«
»Die Leute auf Kyoto werden sehr enttäuscht sein, wenn sie keinen Vertreter von ihrer …« Kranjic stutzte plötzlich und starrte an uns dreien vorbei. »Was, zum Teufel, ist denn das?«
Wir drehten uns langsam um und sahen zwei hirschgroße Lebewesen, die etwa fünf Meter entfernt zwischen den Pelzbäumen standen und uns friedlich beobachteten.
»Jane?«, sagte ich.
»Ich habe keine Ahnung«, sagte Jane. »In den Berichten wird nicht sehr ausführlich auf die einheimische Fauna eingegangen.«
»Beata«, sagte Kranjic. »Geh näher ran, damit wir bessere Bilder bekommen.«
»Den Teufel werde ich tun!«, sagte Beata. »Ich lasse mich nicht fressen, nur damit du bessere Bilder bekommst.«
»Nun mach schon!«, drängte Kranjic. »Wenn sie uns fressen wollten, hätten sie es schon längst getan. Schau her.« Er rückte langsam näher an die Wesen heran.
»Sollen wir zulassen, dass er das tut?«, fragte ich Jane.
Jane zuckte die Achseln. »Streng genommen wurde die Kolonie noch gar nicht gegründet.«
»Gutes Argument«, sagte ich.
Kranjic hatte sich bis auf wenige Meter an die beiden herangewagt, als das größere Exemplar entschied, dass es nun reichte. Es stieß ein beeindruckendes Gebrüll aus und trat schnell einen Schritt vor. Kranjic kreischte und ergriff die
Flucht. Er wäre beinahe gestolpert, während er in Richtung Shuttle davonstürmte.
Ich wandte mich an Beata. »Sagen Sie mir, dass Sie das aufgenommen haben.«
»Sie wissen, dass ich es aufgenommen habe«, sagte sie.
Die zwei Geschöpfe machten kehrt und schlenderten lässig zwischen den Bäumen davon.
»Wow!«, sagte Savitri. »Es passiert nicht alle Tage, dass man sieht, wie sich ein berühmter Nachrichtenreporter vor Angst in die Hose macht.«
»Das ist wohl wahr«, sagte ich. »Aber wenn ich ganz ehrlich sein darf, bin ich mir ziemlich sicher, dass ich auch ohne dieses Erlebnis nach einem langen und erfüllten Leben glücklich hätte sterben können.«
»Dann sollte man es einfach als unerwartetes Geschenk betrachten«, sagte Savitri.
Wir saßen in meinem Büro, einen Tag vor meinem endgültigen Aufbruch von Huckleberry. Savitri hatte auf dem Sessel hinter dem Schreibtisch Platz genommen, ich auf einem der Stühle für die Besucher.
»Wie gefällt Ihnen die Aussicht von diesem Sitzplatz?«, fragte ich.
»Die Aussicht ist gut. Aber der Sessel drückt ein wenig. Als hätte jemand zu lange mit seinem trägen Hintern darin gesessen und die Sitzfläche völlig deformiert.«
»Sie können sich jederzeit einen neuen besorgen«, sagte ich.
»Oh, ich bin mir sicher, dass Bürgermeister Kulkarni über diese Verwendung von öffentlichen Geldern entzückt wäre«,
sagte Savitri. »Er hat sich nie vom Vorurteil verabschieden können, dass ich im Grunde nur eine Unruhestifterin
Weitere Kostenlose Bücher