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Die letzte Kolonie

Titel: Die letzte Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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mit Bewusstsein mit mir unterhalten wollten, war etwas Neues.
    Es gab eine kurze Verzögerung zwischen dem Augenblick, als Hickory und Dickory die Kragen einschalteten, in denen ihr Bewusstsein gespeichert war, und dem Augenblick, als die Kragen Verbindung mit ihren Gehirnzellen aufnahmen. Es war, als würde man Schlafwandler beim Aufwachen beobachten. Und es war zugleich ein wenig unheimlich. Allerdings nicht so unheimlich wie das, was als Nächstes kam. Hickory lächelte mich an.
    »Wir werden tief traurig sein, diesen Ort verlassen zu müssen«, sagte Hickory. »Bitte verstehen Sie, dass wir unser gesamtes bewusstes Leben hier verbracht haben. Wir spüren es
sehr intensiv in uns, genauso wie alle Obin. Wir danken Ihnen, dass Sie uns erlauben, Ihr Leben mit uns zu teilen.«
    »Kein Problem.« Es kam mir recht banal vor, was die Obin offenbar mit mir diskutieren wollten. »Sie hören sich an, als wollten Sie uns verlassen. Ich dachte, sie würden uns begleiten.«
    »So ist es«, sagte Hickory. »Dickory und ich sind uns der Last bewusst, die wir tragen, indem wir uns um Ihre Tochter kümmern und unsere Erfahrungen mit allen anderen Obin teilen. Dies kann sehr überwältigend sein. Wir können unsere Implantate nicht über einen längeren Zeitraum aktiviert lassen. Der emotionale Stress wird irgendwann zu groß. Die Implantate sind nicht vollkommen, und unsere Gehirne haben Schwierigkeiten mit der Verarbeitung der Eindrücke. Wir werden … überreizt.«
    »Das wusste ich nicht«, sagte ich.
    »Wir möchten Sie nicht unnötig mit diesem Wissen belasten«, sagte Hickory. »Und es war nicht von Bedeutung, dass Sie es erfahren. Wir sind damit zurecht gekommen, sodass keine Notwendigkeit bestand, es Ihnen mitzuteilen. Aber in jüngster Zeit haben Dickory und ich festgestellt, dass wir nach dem Einschalten unserer Implantate unverzüglich von Emotionen für Zoë, für Sie und für Lieutenant Sagan überschwemmt werden.«
    »Es ist für uns alle eine anstrengende Zeit«, sagte ich.
    Ein weiteres Obin-Lächeln, noch unheimlicher als das erste. »Ich muss mich entschuldigen«, sagte Hickory. »Ich habe mich unklar ausgedrückt. Unsere Emotionen sind keine gestaltlose Besorgnis, dass wir diesen Ort oder diesen Planeten verlassen, oder die Aufregung, die mit der Reise zu einer neuen Welt verbunden ist. Es ist etwas sehr Spezifisches. Es ist tiefe Sorge.«

    »Ich glaube, wir alle machen uns Sorgen«, begann ich, doch dann hielt ich inne, als ich einen anderen Ausdruck auf Hickorys Gesicht bemerkte, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Hickory wirkte ungeduldig . Als wäre er verzweifelt über mein Unverständnis. »Entschuldigen Sie, Hickory. Bitte fahren Sie fort.«
    Hickory stand eine ganze Weile schweigend da, als würde er etwas mit sich selbst ausdiskutieren. Dann wandte er sich unvermittelt von mir ab, um sich mit Dickory zu besprechen. Ich verbrachte die Wartezeit damit, darüber nachzudenken, dass die Namen, die ein kleines Kind vor einigen Jahren aus einer Laune heraus diesen zwei Wesen gegeben hatte, plötzlich überhaupt nicht mehr für sie angemessen zu sein schienen.
    »Verzeihen Sie, Major«, sagte Hickory schließlich, als er mir wieder seine Aufmerksamkeit schenkte. »Aber ich werde mich unverblümt ausdrücken müssen. Wir sind vielleicht nicht in der Lage, unsere Sorgen angemessen zu verdeutlichen. Möglicherweise sind Ihnen gewisse Tatsachen nicht bekannt, die wir Ihnen zuvor mitteilen sollten. Deshalb frage ich Sie: Was glauben Sie, welchen Status diese Region des Weltalls hat? Der Teil, in dem die Obin und die Koloniale Union neben anderen Spezies existieren.«
    »Wir befinden uns im Krieg«, sagte ich. »Wir haben Kolonien gegründet und versuchen für ihre Sicherheit zu sorgen. Auch die anderen Spezies haben Kolonien und sind um deren Sicherheit besorgt. Wir alle kämpfen um Planeten, die den Bedürfnissen unserer Spezies entsprechen. Wir alle kämpfen gegeneinander.«
    »Aha«, sagte Hickory. »Wir alle kämpfen gegeneinander. Gibt es keine Bündnisse? Keine Friedensverträge?«
    »Offenbar gibt es ein paar«, sagte ich. »Wir haben Frieden
mit den Obin geschlossen. Andere Völker sind vielleicht Bündnisse mit anderen Spezies eingegangen. Aber im Allgemeinen ist es so, dass jeder gegen jeden kämpft. Warum?«
    Hickorys Lächeln vollzog eine Wandlung vom Unheimlichen zur Schreckensmaske. »Wir werden Ihnen sagen, was wir sagen können. Wir können Ihnen von Dingen erzählen, über die bereits

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