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Die letzte Kolonie

Titel: Die letzte Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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von der Partie.«
    »Kein Bedarf«, sagte Savitri. »Ich habe mich immer noch nicht richtig an Hickory und Dickory gewöhnt.«
    »Sie kennen die beiden seit fast acht Jahren«, sagte ich.
    »Richtig. Fast acht Jahre lang und immer nur für fünf Minuten. Ich sollte mich allmählich zu etwas längeren Besuchen durchringen.«
    »Gut«, sagte ich und wandte mich an Jane. »Was ist mit dir?«
    »Ich soll mich später mit General Szilard treffen«, sagte sie. Szilard war der Oberbefehlshaber der Spezialeinheit. »Er möchte, dass ich ihn auf dem Laufenden halte.«
    »Also gut«, sagte ich. »Dann bist du nicht dabei.«
    »Was hast du da unten vor?«, fragte Jane.
    »Wir wollen Zoës Eltern besuchen. Ihre anderen Eltern.«

    Ich stand vor dem Grabstein, der den Namen von Zoës Vater und Mutter trug – und den von Zoë. Zoës Lebensdaten basierten auf der Vermutung, dass sie beim Angriff auf eine Kolonie ums Leben gekommen war, was offenkundig nicht den Tatsachen entsprach. Weniger offenkundig war es im Fall der Daten ihres Vaters. Nur Geburts- und Todestag ihrer Mutter waren korrekt. Zoë hatte sich vor den Grabstein gehockt, um ihren Namen nahe zu sein. Hickory und Dickory hatten ihre Bewusstseine gerade lange genug angeschlossen, um eine zehnsekündige Ekstase zu erleben, während sie sich an der Gedenkstätte für den verstorbenen Boutin befanden. Danach
hatten sie die Geräte wieder abgeschaltet und hielten sich apathisch im Hintergrund.
    »Ich erinnere mich, wie ich das letzte Mal hier war«, sagte Zoë. Den kleinen Blumenstrauß hatte sie auf dem Grabstein arrangiert. »Das war an dem Tag, als Jane mich fragte, ob ich mit euch beiden zusammenleben möchte.«
    »Ja«, sagte ich. »Du wusstest, dass du mit mir zusammenleben würdest, bevor ich davon wusste, dass ich überhaupt mit jemandem zusammenleben würde.«
    »Ich dachte, du und Jane hätten sich ineinander verliebt«, sagte Zoë. »Dass ihr sowieso zusammenziehen wolltet.«
    »Im Prinzip ja. Aber die Sache war etwas komplizierter.«
    »An unserer kleinen Familie ist doch alles kompliziert. Du bist achtundachtzig Jahre alt. Jane ist ein Jahr älter als ich. Und ich bin die Tochter eines Verräters.«
    »Und du bist das einzige Mädchen im Universum mit einer eigenen Obin-Leibwache.«
    »Apropos kompliziert«, sagte Zoë. »Bei Tag ein durchschnittliches Kind, bei Nacht ein Mädchen, das von einer ganzen außerirdischen Spezies verehrt wird.«
    »Es gibt Schlimmeres«, sagte ich.
    »Das kann ich mir vorstellen. Man sollte meinen, wenn man von einer außerirdischen Spezies verehrt wird, müsste einem gelegentlich die Arbeit im Haushalt erlassen werden. Aber davon habe ich bisher nichts gemerkt.«
    »Wir wollten nicht, dass dir die Sache zu Kopf steigt.«
    »Danke schön.« Sie zeigte auf den Grabstein. »Selbst das da ist kompliziert. Ich lebe, und es ist gar nicht mein Vater, sondern ein Klon von ihm, der hier begraben liegt. Die einzige Person, die wirklich hier ist, ist meine Mutter. Meine wirkliche Mutter. Das finde ich ziemlich kompliziert.«

    »Das tut mir leid«, sagte ich.
    Zoë zuckte die Achseln. »Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt. Die meiste Zeit ist es gar nicht so schlimm. Außerdem bekommt man dadurch eine ganz andere Perspektive. Wenn ich in der Schule höre, wie sich Anjali oder Chadna darüber beklagen, wie kompliziert ihr Leben ist, denke ich nur: Mädchen, ihr habt keine Ahnung, wie kompliziert das Leben wirklich sein kann.«
    »Schön, dass du so gut damit zurechtkommst«, sagte ich.
    »Ich gebe mir Mühe. Aber ich muss zugeben, dass es kein schöner Tag war, als ihr beiden versucht habt, mir die Wahrheit über meinen Vater beizubringen.«
    »Auch für uns war es kein schöner Tag. Aber wir dachten uns, dass du es verdient hast, die Wahrheit zu erfahren.«
    »Ich weiß.« Zoë stand auf. »Aber vielleicht kannst du dir vorstellen, wie es für mich war. Als ich morgens aufwachte, war ich davon überzeugt, dass mein Vater einfach nur ein Wissenschaftler war, und als ich mich am Abend schlafen legte, wusste ich, dass er beinahe die gesamte Menschheit ausgerottet hätte. Das kann einen ziemlich aus dem Gleichgewicht bringen.«
    »Dein Vater war ein guter Mensch, wenn es um dich ging«, sagte ich. »In diesem Punkt war er in Ordnung, ganz gleich, was er sonst noch getan hat.«
    Zoë kam zu mir und umarmte mich. »Danke, dass du mich hierhergebracht hast. Du bist ein netter Kerl, mein neunzigjähriger Papa.«
    »Und du bist ein großartiges

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