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Die letzte Kolonie

Titel: Die letzte Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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unmodifizierten Körper in Angriff nehmen würde.«
    »Das muntert mich sehr auf«, sagte ich. Dann fiel mir auf, dass Jane schwitzte. Ich legte eine Hand auf ihre Stirn. »Ich glaube, du hast wirklich Fieber. Das ist etwas Neues.«
    »Ich lebe in einem unmodifizierten Körper«, erklärte Jane. »Irgendwann musste es mal passieren.«
    »Ich hole dir noch eine Karaffe Wasser.«
    »Nein danke. Ich habe keinen Durst mehr. Jetzt habe ich einen Riesenhunger.«

    »Ich werde mal sehen, was ich für dich aus der Kombüse besorgen kann. Was hättest du gern?«
    »Was gibt es denn?«
    »So ziemlich alles.
    »Gut«, sagte Jane. »Dann nehme ich etwas von allem.«
    Ich griff nach meinem PDA, um die Bordküche anzurufen. »Gut, dass die Magellan mit der doppelten Menge Lebensmittel beladen ist.«
    »Wie ich mich gerade fühle, werden die Vorräte nicht allzu lange reichen.«
    »Also gut. Aber ich glaube, es gibt da eine alte Spruchweisheit, dass man ein Fieber aushungern sollte.«
    »In diesem Fall«, sagte Jane, »irrt sich die Spruchweisheit.«

4

    »Es ist wie auf einer Silvesterparty«, sagte Zoë und blickte sich auf dem Freizeitdeck um. Wir saßen auf einem kleinen Podium, während um uns herum die Kolonisten feierten. Nach einer Woche Flug mit der Magellan waren es nur noch knappe fünf Minuten bis zum Skip nach Roanoke.
    »Es ist genauso wie eine Silvesterparty«, sagte ich. »Wenn wir skippen, beginnt die offizielle Zeitrechnung der Kolonie. Es wird die erste Sekunde der ersten Minute des ersten Tages des Jahres eins sein, nach Roanoke-Zeit. Mach dich gefasst auf Tage, die fünfundzwanzig Stunden und acht Minuten lang sind, und Jahre, die dreihundertfünf Tag dauern.
    »Also werde ich öfter Geburtstag haben«, sagte Zoë.
    »Richtig«, sagte ich. »Und jeder Geburtstag wird länger als bisher sein.«
    Neben Zoë und mir diskutierten Savitri und Jane über etwas, das Savitri mit ihrem PDA aufgerufen hatte. Ich überlegte, ob ich sie damit necken sollte, dass sie ausgerechnet jetzt liegen gebliebene Arbeit aufholen wollten, aber dann verzichtete ich darauf. Die beiden waren sehr schnell zum organisatorischen Knotenpunkt der kolonialen Verwaltung geworden, was mich nicht im Geringsten überraschte. Wenn sie der Meinung waren, dass sie sich jetzt um etwas Bestimmtes kümmern mussten, hatten sie vermutlich recht damit.
    Jane und Savitri waren die Gehirne des Projekts, während ich mehr für die PR zuständig war. Im Verlauf der Woche hatte ich mich mehrere Stunden lang mit jeder Kolonistengruppe
getroffen, Fragen über Roanoke beantwortet, über mich, über Jane und über alles mögliche andere, was sie wissen wollten. Jede Gruppe hatte ihre Schrullen und Eigenarten. Die Kolonisten von Erie wirkten zunächst etwas distanziert (möglicherweise spiegelten sie die Meinung von Trujillo wider, der im Hintergrund der Gruppe saß, während ich sprach), aber dann tauten sie auf, als ich den Trottel spielte und mein gebrochenes Spanisch zum Besten gab, das ich auf der Highschool gelernt hatte. Das führte zu einer Diskussion über die »neuen spanischen« Worte, die man auf Erie für die einheimische Tier- und Pflanzenwelt geprägt hatte.
    Die Mennoniten von Kyoto dagegen stellten es geschickt an und überraschten mich mit einem Obstkuchen. Nachdem das erledigt war, quetschten sie mich gnadenlos über jeden Aspekt der kolonialen Verwaltung aus, worüber sich Hiram Yoder prächtig amüsierte. »Wir führen ein schlichtes Leben, aber wir sind nicht von schlichtem Verstand«, sagte er anschließend zu mir. Die Kolonisten von Khartoum ärgerten sich immer noch darüber, dass sie im Schiff nicht nach Herkunftsgruppen untergebracht waren. Die Leute von Franklin wollten wissen, wie viel Unterstützung wir von der Kolonialen Union zu erwarten hatten und ob sie zu Besuchszwecken nach Franklin zurückfliegen konnten. Die Kolonisten von Albion beschäftigte die Frage, welche Vorkehrungen wir getroffen hatten, falls Roanoke angegriffen wurde. Die Leute von Phoenix wollten wissen, ob ich glaubte, dass ihnen nach dem Arbeitstag als Kolonisten genügend Zeit bleiben würde, um eine Softball-Liga ins Leben zu rufen.
    Große und kleine Probleme, bedeutende und unwichtige Fragen, heikle und banale Themen – alles wurde mir zugespielt, und meine Aufgabe war es, sie gekonnt aufzufangen
und den Menschen zu helfen, damit klarzukommen. Wenn ich sie mit meinen Antworten nicht zufriedenstellen konnte, versuchte ich zumindest, Ihnen zu versichern, dass

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