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Die letzte Kolonie

Titel: Die letzte Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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zwanzig Sekunden.«
    »Lass mich mal sehen«, sagte Zoë und schnappte sich meinen PDA. Dann nahm sie mir auch das Mikro weg, mit dem ich den Drachen zu ihrem überraschenden Sieg gratuliert hatte. »He!«, sagte sie, und ihre verstärkte Stimme war überall auf dem Freizeitdeck zu hören. »Wir haben noch genau eine Minute bis zum Skip!«
    Jubel brach unter den Kolonisten aus, und Zoë übernahm die Aufgabe, die Zeit in Fünf-Sekunden-Intervallen herunterzuzählen. Gretchen Trujillo und zwei Jungen kamen auf das Podium und kämpften um die besten Plätze an der Seite von Zoë. Einer der Jungen legte den Arm um Zoës Hüfte.

    »Nanu!«, sagte ich zu Jane und zeigte auf Zoë. »Siehst du das?«
    Jane schaute hin. »Das muss Enzo sein«, sagte sie.
    »Enzo? Es gibt also einen Enzo?«
    »Bleib cool, neunzigjähriger Vater«, sagte Jane, dann legte sie auf recht untypische Weise einen Arm um meine Hüfte. Normalerweise beschränkte sie solche Zuneigungsbekundungen auf die Zeit, die wir unter uns waren. Aber sie war auch etwas verspielter geworden, seit sie ihr Fieber überstanden hatte.
    »Du weißt, dass ich es nicht mag, wenn du so etwas tust«, sagte ich. »Das untergräbt meine Autorität.«
    »Scheiß drauf«, sagte Jane.
    Ich grinste.
    Als Zoë bei zehn Sekunden angelangt war, zählten sie und ihre Freunde gemeinsam jede Sekunde herunter, lautstark unterstützt von den Kolonisten. Als alle »Null« riefen, wurde es schlagartig still, und alle Köpfe und Augen wandten sich den Bildschirmen zu. Die leere Schwärze schien noch einen ewigen Augenblick zu verharren, bis sie plötzlich da war – eine große, grüne und neue Welt.
    Lauter Jubel brach aus. Die Menschen umarmten und küssten sich, und in Ermangelung eines passenderen Liedes schmetterten sie »Auld Lang Syne«.
    Ich wandte mich meiner Frau zu und küsste sie. »Frohe neue Welt«, sagte ich.
    »Auch dir eine frohe neue Welt«, erwiderte sie und gab mir den Kuss zurück. Dann wurden wir beinahe von Zoë umgeworfen, als sie zwischen uns sprang und versuchte, uns gleichzeitig zu küssen.
    Nach ein paar Minuten konnte ich mich aus Zoës und Janes
Griff befreien und sah, wie Savitri angestrengt auf den nächsten Bildschirm starrte.
    »Der Planet wird sich schon nicht aus dem Staub machen«, sagte ich. »Sie können sich jetzt entspannen.«
    Es dauerte eine Sekunde, bis Savitri mich wahrzunehmen schien. »Was?«, fragte sie und sah mich mit gereiztem Ausdruck an.
    »Ich sagte …«, begann ich, doch dann blickte sie schon wieder auf den Bildschirm. Ich trat noch etwas näher an sie heran.
    »Was ist los?«, fragte ich.
    Savitri blickte mich wieder an, dann kam sie plötzlich noch näher, als wollte sie mir einen Kuss geben. Aber das tat sie nicht. Sie legte nur die Lippen an mein Ohr. »Das ist nicht Roanoke«, sagte sie leise, aber in eindringlichem Tonfall.
    Ich wich einen Schritt von ihr zurück und widmete nun erstmals dem Planeten auf dem Bildschirm meine ungeteilte Aufmerksamkeit. Es war eine grüne Welt, genauso wie Roanoke. Durch die Wolken konnte ich die Umrisse der Landmassen erkennen. Ich versuchte mir eine Karte von Roanoke ins Gedächtnis zu rufen, aber da war nichts. Ich hatte mich hauptsächlich auf das Flussdelta konzentriert, wo die Kolonie gegründet werden sollte, nicht auf die Anordnung der Kontinente.
    Ich kehrte zu Savitri zurück, damit wir uns wieder leise unterhalten konnten. »Sind Sie sich sicher?«, fragte ich.
    »Ja.«
    » Ganz sicher?«
    »Ja.«
    »Und welcher Planet ist das?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Savitri. »Mehr kann ich nicht sagen. Ich glaube fast, dass es niemand weiß.«

    »Wie …« Zoë stürmte herbei und forderte eine Umarmung von Savitri. Savitri ging darauf ein, aber sie ließ mich dabei nicht einen Moment lang aus den Augen.
    »Zoë«, sagte ich, »könnte ich bitte meinen PDA wiederhaben?«
    »Klar«, sagte Zoë und hauchte mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange, als sie ihn mir reichte. Sobald ich ihn in der Hand hatte, meldete er eine Nachricht. Sie kam von Kevin Zane, dem Captain der Magellan .

    »Er ist nirgendwo registriert«, sagte Zane. »Wir haben seinen Umfang und die geschätzte Masse in die Datenbank eingegeben. Die Werte sind fast die gleichen wie bei Omagh, aber das ist definitiv nicht Omagh. Im Orbit gibt es keinen KU-Satelliten. Wir haben die Oberfläche noch nicht vollständig gescannt, aber bislang haben wir keinen Hinweis auf intelligentes Leben gefunden, weder von uns noch von

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