Die letzte Kolonie
Chen.
»Richtig«, sagte Jane.
Die Lichtstrahlen über der Kolonie der Whaidianer erloschen schlagartig.
»Jetzt geht es los«, sagte ich.
Die tödlichen Strahlen waren zunächst kaum zu erkennen. Sie dienten der Vernichtung, und fast ihre gesamte Energie wurde auf die Ziele geleitet, sodass kaum noch Streulicht für die Kamera übrig blieb. Man sah nur ein Hitzeflimmern in der Luft, das selbst über die große Entfernung zwischen Siedlung und Kamera bemerkbar war.
Und dann, innerhalb eines Sekundenbruchteils, ging die gesamte Kolonie in Flammen auf und explodierte. Extrem heiße Luft wirbelte Trümmer und Staub herum, in die sich die Gebäude der Kolonie, die Fahrzeuge und die Bewohner verwandelten. Alles wurde in den Himmel geschleudert und veranschaulichte die Macht der Strahlen. In den Fragmenten spiegelte sich das Feuer, das nun selbst emporstieg.
Eine Schockwelle aus Hitze und Staub breitete sich von den verglühten Überresten der Kolonie aus. Die Strahlen erloschen.
Die Lightshow am Himmel war zu Ende, und am Boden gab es nur noch Rauch und Flammen. Am Rand der Vernichtungszone brachen immer noch vereinzelte Brände aus.
»Was ist das?«, fragte Yoder.
»Einige der Kolonisten hielten sich außerhalb der Siedlung auf, als sie angegriffen wurde, vermute ich. Also räumen sie jetzt die Reste weg.«
»Himmel!«, sagte Gutierrez. »Nachdem ihre Kolonie vernichtet war, hatten diese Leute wahrscheinlich ohnehin keine Überlebenschance mehr.«
»Dabei ging es wohl eher ums Prinzip«, sagte Jane.
Ich schaltete das Video aus. Im Raum war es totenstill.
Trujillo zeigte auf meinen PDA. »Woher haben wir das?«, fragte er.
»Das Video? Anscheinend wurde es von Boten des Konklave persönlich an das Außenministerium der KU geliefert, genauso wie an jede andere Regierung, die nicht dem Konklave angehört.«
»Warum sollten sie so etwas tun?«, sagte Trujillo. »Warum sollten sie sich offen zu einer solchen … Grausamkeit bekennen?«
»Damit es keinen Zweifel gibt, dass sie es ernst meinen«, sagte ich. »Ich ziehe daraus die Schlussfolgerung, dass wir es uns ungeachtet dessen, was wir im Moment von der Kolonialen Union halten, nicht leisten können, von der Vermutung auszugehen, dass das Konklave uns gegenüber friedfertig auftreten wird. Die KU hat diesen Typen eine lange Nase gezeigt, was sie auf gar keinen Fall ignorieren können. Sie werden also nach uns suchen. Und wir sollten ihnen nicht dabei helfen, indem wir uns verraten.« Darauf wurde es wieder still im Raum.
»Und was jetzt?«, fragte Marta Piro.
»Ich glaube, Sie sollten abstimmen«, sagte ich.
Trujillo blickte mit leicht ungläubigem Gesichtsausdruck auf. »Wie bitte?«, sagte er. »Mir war, als hätte ich gerade gehört, dass Sie uns zu einer Abstimmung aufforderten.«
»Auf dem Tisch liegt der Plan, den wir Ihnen soeben vorgestellt haben«, sagte ich. »Der Plan, der Jane und mir präsentiert wurde. In Anbetracht der Lage finde ich, dass es der beste Plan ist, den wir zurzeit haben. Aber wir können ihn nur durchführen, wenn Sie alle einverstanden sind. Sie werden anschließend zu Ihren Kolonisten gehen und ihnen alles erklären müssen. Sie werden die Leute überzeugen müssen. Wenn diese Kolonie funktionieren soll, müssen alle an einem Strang ziehen. Und das fängt bei Ihnen an, die Sie hier versammelt sind.«
Ich stand auf, Jane ebenfalls. »Diese Diskussion sollten sie ohne uns führen«, sagte ich. »Wir werden draußen warten.« Dann gingen wir.
»Stimmt irgendetwas nicht?«, fragte ich Jane, als wir hinausgegangen waren.
»Ist diese Frage ernst gemeint?«, erwiderte Jane schroff. »Wir sind in einem unbekannten Raumsektor gestrandet und warten darauf, dass das Konklave uns findet und zu Asche verbrennt, und du fragst mich, ob irgendetwas nicht stimmt ?«
»Ich meinte, ob mit dir irgendetwas nicht stimmt«, sagte ich. »Du bist heute jedem an die Gurgel gesprungen. Wir befinden uns in einer verdammt schwierigen Lage, und deshalb musst du dich auf die Sache konzentrieren. Und nach Möglichkeit etwas diplomatischer vorgehen.«
»Du bist der Diplomat von uns beiden«, sagte Jane.
»Gut«, sagte ich. »Aber von dir bekomme ich keine Unterstützung.«
Jane schien in Gedanken bis zehn zu zählen. Dann offenbar
noch einmal. »Tut mir leid«, sagte sie schließlich. »Du hast recht. Es tut mir wirklich leid.«
»Sag mir, was los ist.«
»Jetzt nicht. Später. Wenn wir unter uns sind.«
»Wir sind unter uns.«
»Dreh dich um«,
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