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Die letzte Lagune

Die letzte Lagune

Titel: Die letzte Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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ehemaligen
Militärangehörigen. Wir ermitteln in einem
Mordfall.»
    Tron hatte die
Hoffnung, dass das Wort Mordfall das Interesse des Leutnants wecken
könnte, aber dem war nicht so. Stattdessen sagte der Leutnant:
«Ist Ihnen bekannt, dass es für solche Anfragen einen
Dienstweg gibt, Commissario?»
    «Die
Angelegenheit drängt», sagte Tron. «Und der
Dienstweg verläuft über Wien.»
    Doch Leutnant Haeger
erkannte Belehrungsbedarf und schüttelte den Kopf. «Der
Dienstweg verläuft zunächst über das örtliche
Militär. Dort wird ein Antrag gestellt, den wir hier
prüfen. Anschließend wird Ihr Antrag nach Wien
weitergeleitet. Dann erhalten wir zustimmenden oder ablehnenden
Bescheid und setzen die lokale Kommandantura in Kenntnis. Die Sie
dann benachrichtigen wird. Das ist der Dienstweg,
Commissario.»
    «Sie können
uns also nicht behilflich sein?»
    «Nein.»
    «Was sollen wir
tun?»
    «Den Dienstweg
einhalten», sagte der Leutnant. «Und jetzt möchte
ich mich wieder meinen Geschäften widmen.»
    Es blieb
einigermaßen unklar, worin seine Geschäfte bestanden.
Tron bezweifelte, dass der Leutnant für amtliche
Geschäfte Bücher mit aufgeprägten Rosen
benutzte.
    Er hatte die Klinke
bereits in der Hand, als er die Stimme des Leutnants hinter sich
hörte. «Commissario?»
    Tron drehte sich
um.
    «Sagten
Sie Alvise Tron?»
    Tron verneigte sich.
«Das ist in der Tat mein Name.»
    Leutnant Haeger
blinzelte nervös. Er sah verwirrt aus. «Sie wohnen im
Palazzo Tron?»
    Tron nickte.
«Meine Familie wohnt dort bereits seit einigen
Jahren.»
    Das nervöse
Blinzeln des Leutnants hatte sich verstärkt. «Dann bitte
ich um Nachsicht, Commissario», sagte er schließlich.
«Mir war nicht klar, dass Sie ...»
    «Dass ich
was?»
    «Ich habe Ihnen
vorgestern geschrieben», sagte Leutnant Haeger.
«Allerdings habe ich aus Gründen, die sich aus meiner
gegenwärtigen Position ergeben ...» Er brach den Satz
ab, offenbar unschlüssig, wie er ihn beenden
sollte.
    «Sie haben mir
geschrieben?»
    Der Leutnant nickte
mehrmals heftig. «Und um gelegentliche Resonanz gebeten.
Falls es Ihre Zeit zulässt. Ich habe um ...» Wieder
brach der Leutnant den Satz ab. Dann verfärbte sich sein
Gesicht.
    Tron sah mit
Bestürzung, dass Leutnant Haeger die Augen weit aufgerissen
hatte und jetzt in schräger, leicht verdrehter Haltung neben
seinem Schreibtisch stand, die rechte Hand auf die Tischplatte
gestützt. Zum Zucken seiner Mundwinkel hatte sich ein
nervöses Aufblähen seiner Nasenflügel gesellt.
Leutnant Haegers Mund war geöffnet, ein wenig Speichel rann
auf sein Kinn hinab. Seine Augen rollten, und die Stirn, auf der
Schweißtropfen glänzten, hatte sich flockig
gerötet.
    Tron, der nicht recht
wusste, wie er reagieren sollte, setzte ein beruhigendes
Lächeln auf. Dann fragte er mit verständnisvoller Stimme:
«Und in welcher Angelegenheit, Herr
Leutnant?»
    Der Leutnant war jetzt
wieder in der Lage zu sprechen. Allerdings war das, was er sagte,
ein wenig rätselhaft. «Ich habe», sagte er,
«um postlagernde Antwort gebeten. Hier auf das Hauptpostamt
Verona. Um Diskretion zu wahren.»
    Das machte die Sache
nicht klarer. Tron fragte: «Würden Sie mir verraten, in
welcher Angelegenheit Sie sich an mich gewandt
haben?»
    «Nicht unter
meinem eigenen Namen», sagte der Leutnant. «Die
Kameraden könnten Anstoß daran nehmen.»
    «Anstoß
woran?»
    «Daran, dass ich
meine freie Zeit vorwiegend außermilitärischen
Gegenständen widme. Und auch», fuhr der Leutnant mit
gedämpfter Stimme fort, «soweit es die
Dienstgeschäfte zulassen, gelegentlich in diesen Räumen
zur Feder greife.» Die rechte Hand des Leutnants ahmte einen
Vogelflügel nach.
    Tron sagte: «Sie
greifen zur Feder?»
    Leutnant Haeger
ließ seine Hand wieder sinken. «Bildlich gesprochen,
Commissario. Zur Stahlfeder.» Er holte tief Luft, dann sagte
er: «Ich hatte mir erlaubt, Ihnen einige Proben zuzusenden.
Mit der Bitte, gütigst zu erwägen, ob nicht die
Möglichkeit einer ...»
    Tron brachte es
fertig, nicht zu lachen. «Veröffentlichung
bestünde?»
    Leutnant Haeger senkte
bejahend den Kopf. «Im Übrigen», fuhr er fort,
indem er wieder einen amtlichen Gesichtsausdruck aufsetzte,
«stehe ich Ihnen völlig zur Verfügung, Commissario.
Wie heißt der ehemalige Armeeangehörige, der in einen
Mord verwickelt ist?» Er sah Tron an wie einen Vorgesetzten,
von dem man einen Befehl erwartet.
    «Angelo
Petrelli», sagte Tron.
    Der Leutnant dachte
kurz nach, dann stieß er

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