Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)
heißen?«
O’Hara und Krekorian sind gerade wieder auf die 9th getreten, als O’Hara ein Anruf des Reporters der Post erreicht, der den am Morgen erschienenen Artikel verfasst hat. Bevor sie es sich versieht, wiederholt O’Hara den abwegigen Unsinn, den ihr McLain eingetrichtert hat: »Euch genügt wohl nicht, dass ein junges Mädchen vergewaltigt, gefoltert und ermordet wurde. Jetzt müsst ihr auch noch ihren Namen in den Dreck ziehen«, sagt sie. »Die Stadt hier ist teuer und Pena brauchte Geld. Ihr wollt doch nur eure Auflage steigern.«
»Sie finden, dass Pena als Stripperin gearbeitet hat, ist keine Nachricht wert?«
»Nein, ist es nicht. Wenn ich den entsprechenden Körper und den Segen des NYPD hätte, würde ich auch strippen. Wieso nicht?« Krekorian tippt O’Hara an die Schulter und zieht seinen Finger mit einer schnellen, entschiedenen Handbewegung einmal quer über den eigenen Hals. Endlich legt O’Hara auf. »Dar, hast du schon mal die Formulierung ›Kein Kommentar‹ gehört?«
Sie machen auf einen Kaffee Halt und treffen erst vierzig Minuten später wieder in der Pitt Street 19 ½ ein. Loomis und Navarro werfen O’Hara besorgte Blicke hinterher, als sie von Callahan erneut in dessen Büro gerufen wird. Auf dem Stuhl neben Callahans Schreibtisch sitzt der Leiter des 7. Bezirks, Captain Aaron Hume. Vor ihm Jeff de Castro, ein Vertreter der Detective Endowment Association. O’Hara weiß, dass de Castro nicht hier wäre, wenn sie nicht ernsthaft in Schwierigkeiten stecken würde. Hume deutet auf den Stuhl neben de Castro. »Nehmen Sie Platz, O’Hara«, sagt er. »Wir haben hier folgenden Sachverhalt. Wie alle anderen habe ich den aktuellen Zeitungen alles über ihre heldenhaften Ermittlungen im Privilege entnehmen können. Aber erst durch ein Gespräch mit Ihrem vorgesetzten Sergeant erfuhr ich, dass sie dort ganz alleine unterwegs waren und sich an drei aufeinanderfolgenden Tagen krankgemeldet hatten. Callahan erklärte mir, dass er Sie vor nicht einmal zwei Stunden von dem Fall abgezogen und Ihnen eindeutig erklärt hat, dass Ihre Mitarbeit im vorliegenden Mordfall beendet ist. Ist das richtig, O’Hara?«
»Ja, das ist es.«
»Warum zum Teufel erhalte ich dann einen Anruf von Patrick Lowry von der Mordkommission Süd, diesem arroganten Arsch, der mir berichtet, dass einer seiner Detectives gesehen habe, wie Sie und Krekorian ein Gebäude auf der Ninth betreten und wieder verlassen hätten. Ein Gebäude, in dem sich, wie Sie vielleicht zufällig wissen, McLain aufhält! Mit anderen Worten: Obwohl Sie kurz zuvor die Anweisung bekamen, sich verdammt nochmal herauszuhalten, marschieren Sie direkt von Callahans Büro aus zu McLain. Und das ist noch nicht alles, O’Hara, und auch das musste ich von Lowry erfahren: Vor zwei Tagen fand Lowry heraus, dass McLain, der, egal was Sie davon halten, als Hauptverdächtiger in diesem Mordfall gilt, seinen Pflichtverteidiger gefeuert und stattdessen Jane Anne Murray verpflichtet hat. Und wir alle wissen, was für eine gewaltige Nervensäge das ist.« Sie meinen wohl, sie ist eine gute Anwältin, denkt O’Hara. »Lowry fragte sich, wie es zu dem Sinneswandel gekommen sei, also rief er im Knast an und bat die Beamten dort, die Bücher durchzusehen. Es stellte sich heraus, dass McLain, kurz bevor er Murray anrief, Besuch von Ihnen hatte.«
»Aber auch das ist noch nicht alles«, sagt Hume, ein Dienststellenleiter, mit dem O’Hara bis jetzt nie Probleme hatte. »Vor zehn Minuten erhält Callahan einen Anruf von einem Reporter der Post, der ein Statement für die morgige Ausgabe haben möchte. Es steht noch nicht hundertprozentig fest, aber die Überschrift wird sinngemäß lauten: Detective von der Mordkommission bittet um Erlaubnis, strippen zu dürfen. Was zum Teufel ist los mit Ihnen, O’Hara?«
»Das hab ich nie gesagt, Captain.«
»Hat der sich das ausgedacht?«
»Im Prinzip schon.«
Hume verschwendet keine weiteren Energien mehr auf Vorhaltungen, sondern schickt O’Hara nach Hause. »In zwei Wochen gibt es eine Anhörung, Sie sind einen Monat lang supendiert. Sie haben Glück, dass ich Sie leiden kann, O’Hara, sonst wären es drei.«
Wie betäubt erhebt sich O’Hara von ihrem Stuhl und verlässt Callahans Büro. Im Raum der Detectives ist es totenstill. Betrachtet man die Gesichter der Männer aus O’Haras Team, könnte man glauben, was ihr gerade passiert ist, sei in Wirklichkeit ihnen widerfahren. O’Hara setzt eine tapfere Miene
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