Die letzte Minute: Thriller (German Edition)

sah sich die Speisekarte an. » Wirklich nobel. Calamari-Panini? Kaviar-Brötchen? Igitt.«
    » Bertrand experimentiert gern. Ich kann den Kobe Beef Burger empfehlen. Und die Fish and Chips.«
    Sie legte die Speisekarte weg. » Ich hoffe, sie versorgen unsere Kinder ordentlich.«
    » Leonie, das hilft uns jetzt nicht weiter.«
    » Schon gut. Ich geh runter und bestell das Essen. Was möchtest du?«
    » Such irgendwas aus. Ich mag alles auf der Karte. Das ist der Vorteil, wenn einem der Laden gehört.« Ich versuchte es mit einem aufmunternden Lächeln. Vermutlich würde sie sich rächen, indem sie mir diese dubiosen Calamari-Panini brachte.
    Sie ging nach unten. Ich fragte mich, ob sie mir helfen würde oder ob sie irgendwann unter dem Druck zusammenbrechen und beschließen würde, dass mein Weg der falsche war.
    Was würde sie tun, um ihr Kind zu retten?

57
    Special-Projects-Zentrale, Manhattan
    Ricardo Braun war mit seiner Geduld am Ende. » Finden Sie endlich raus, mit wem wir’s außer Capra noch zu tun haben«, wies er August an. » Ich helfe Ihnen inzwischen, so gut ich kann, Ihren Job zu retten.« Seine normalerweise freundliche, ruhige Stimme zitterte vor mühsam beherrschtem Zorn.
    » Tut mir leid, Sir.«
    » Sollte es auch«, versetzte er schroff. » Tun Sie, was ich Ihnen sage, und sobald Sie etwas wissen, kommen Sie wieder. Ich muss die Chefs in Langley anrufen und ihnen erklären, warum uns der Informant entwischt ist und wir eine Schießerei in den Straßen von Brooklyn provoziert haben, über die in allen Medien berichtet wird.«
    August versuchte zu schlucken, doch seine Kehle war wie zugeschnürt. Er drehte sich um.
    » August. Wir haben die Anweisung, sofort zu schießen, sobald wir an Capra herankommen. Niemand erwartet von Ihnen, dass Sie Ihren Freund töten. Doch er hat Sie und zwei andere Agenten angegriffen und Ming fast umgebracht. Wir dürfen nicht mehr lange fackeln. Er muss außer Gefecht gesetzt werden, tot oder lebendig. Haben Sie verstanden?«
    » Ja, Sir.«
    August kehrte in den Konferenzraum neben seinem Büro zurück, wo sein Team unruhig und frustriert wartete.
    August leitete immer noch die Novem-Soles-Taskforce. Er setzte die sechs Agenten, die er zur Verfügung hatte, auf Ming und Capra an. Er schickte sie zu Mings Wohnung, zum Haus der Mings in Williamsburg und einen in die Last Minute Bar, wo er sich mit Bertrand unterhielt, ohne etwas Interessantes zu erfahren. Ein weiterer Agent überwachte die Krankenhäuser in Manhattan, Brooklyn und Queens. So wie Jack Ming die Kameras in einem Spielzeugladen und an mehreren Straßenkreuzungen angezapft hatte, beobachtete Special Projects alle Eingänge zu den Notaufnahmen der Krankenhäuser über die dortigen Sicherheitskameras. Mit Hilfe von Überwachungssoftware wurden Flugreservierungen und Käufe von Eisenbahntickets gescannt.
    Der strikte Schießbefehl bedeutete für August, dass er Sam finden musste, bevor es irgendeinem anderen Agenten gelang.
    Okay, zuerst einmal galt es herauszufinden, wer diese Frauen waren: die toten und die lebende. Die Rothaarige mit der Pistole, die sich Mings Rucksack geschnappt hatte. Wer war sie? Und wer waren die zwei Toten in dem Haus? Special Projects besaß nicht genug Ausrüstung, um einen Tatort gründlich zu untersuchen. Sie hatten das Gebäude unter Kontrolle, dank Beth Marley, die den Sicherheitsdienst gekündigt hatte, nachdem August ihr versichert hatte, ihre Familie zu schützen. Ein Forensikteam sowie ein paar zusätzliche Agenten, die darüber hinwegsahen, dass die CIA eigentlich nicht auf amerikanischem Boden operieren durfte, wurden aus Langley geschickt, um den Tatort genau unter die Lupe zu nehmen.
    Doch auf ihr Eintreffen konnte er nicht warten. Falls Sam als Erfüllungsgehilfe von Novem Soles agierte, dann traf das vielleicht auch auf die Rothaarige zu. Falls die beiden Toten Sam hätten ausschalten sollen, so mussten sie Feinde von Novem Soles gewesen sein. Dann hatten sie für einen Dritten gearbeitet, dessen Ziele im Dunkeln lagen. Ein Gedanke, der ihn zutiefst beunruhigte.
    August bestellte sich eine Pizza und Limonade und setzte sich vor eine sichere Workstation im hinteren Bereich des New Yorker Büros. Sein Kiefer schmerzte, wo Sam ihn getroffen hatte, doch sein leerer Magen knurrte. Er blieb über Ohrhörer mit dem Telefon verbunden, um es mitzubekommen, falls es von seinen Leuten, die die Stadt nach Ming und Sam durchkämmten, etwas Neues gab.
    Die Company besaß zusammen mit