Die letzte Minute: Thriller (German Edition)
Frauen zu vergewaltigen«, sage ich zu den Typen. » Meine Schwester ist da drin, und ihr zahlt dafür, sie zu vergewaltigen.«
» Moment mal, Schätzchen, Moment…«
» Wir sind Amerikaner…«
Ich schieße auf beide. Weil sie bloß dumme Jungen sind, erwischt es ihre Beine. Sie stürzen schreiend und zuckend zu Boden. Das Blut auf ihren Jeans leuchtet hell im roten Licht. Ihre Schreie erfüllen den Raum, unterbrochen nur, wenn sie nach Luft schnappen.
» Los, lauft«, sage ich zu den müden Frauen mit den stumpfen Augen. Sie laufen in ihrer durchsichtigen Unterwäsche hinaus und die Treppe hinunter. Doch die Angst in ihren Gesichtern sagt mir, dass sie noch lange nicht frei sind.
Vom Empfangssalon führt ein Gang weg, mit einer offenen Tür am Ende. Ein Mann um die vierzig stolpert heraus und zieht sich die Hose hoch, Panik in den Augen. Ich sehe einen Ehering an seiner Hand glitzern. Er stürmt auf mich zu, und ich schieße ihm in beide Knie. Hinterher kann er seiner Ehefrau erklären, wie es passiert ist. Er stürzt schwer zu Boden, wimmert und stöhnt. Hinter ihm kreischt eine Frau.
» Schnell! Lauf weg!«, rufe ich ihr auf Englisch zu. Die Frau tut es nicht. Ich wiederhole die Aufforderung zuerst auf Russisch, dann auf Rumänisch. Die junge Frau– jünger als Nelly, bleich vor Angst– drückt sich an die Wand, zu geschockt, um sich zu bewegen.
Wo ist der Sicherheitsmann?
Dann wird eine Tür aufgerissen, schräg gegenüber dem Zimmer mit dem verängstigten Mädchen. Die College-Boys schreien immer noch, einer ruft nach seiner Mama. Als würde Mama ihn hier sehen wollen.
Niemand kommt aus der aufgerissenen Tür.
Ich würde gern glauben, Nelly sei da drin oder ein anderes Mädchen, das hinter der Tür kauert und nicht weiß, was sie tun soll.
Eine Hoffnung, nicht mehr. » Nelly?«, rufe ich. » Nelly, ich bin’s…«
Schweigen. Da stürmt ein Bär von einem Mann heraus, mit gezückter Schrotflinte, doch als er mich sieht– ein zierliches Mädchen in schwarzem Leder–, tritt ein überraschter Ausdruck auf sein Gesicht. Er zögert.
Ich drücke ab, die Kugel schlägt in die Gipskartonwand hinter ihm ein, und ich feuere noch einmal. Er schießt ebenfalls und springt zurück, während der Türrahmen, in dem ich stehe, von den Schrotkugeln zerfetzt wird. Ich reiße die Hände hoch, um mein Gesicht zu schützen, doch die scharfen Splitter treffen mich überall: Ohren, Schultern, Nacken.
Ich liege halb im Zimmer, die Beine draußen am Gang. Ich rühre mich nicht und bleibe als Köder liegen, weil er nicht sehen kann, dass ich bei Bewusstsein bin. Alles in mir schreit danach, aufzuspringen und wegzulaufen, doch ich bleibe liegen.
Ich warte.
Die Pistole halte ich geradeaus in den Türeingang. Ich stelle mich tot, warte nur darauf, dass er sich zeigt. Er kann meine Pistole nicht sehen, es sei denn, er riskiert einen Blick um die Ecke.
Der Mann mit der Schrotflinte schleicht zentimeterweise über den Gang. Ich höre das Kratzen seiner Schuhsohlen. Seltsam, das Geräusch erinnert mich an Boris, als er nach Luft rang. Die Amerikaner und der verheiratete Mann haben aufgehört zu schreien. Er sieht meine Beine am Boden liegen, wie tot, stelle ich mir vor.
Er tritt in die offene Tür, und ich schieße ihm in den Bauch. Er schreit und taumelt zurück, der Schmerz blockiert seinen Willen, den Abzug zu drücken. Ich springe auf und kicke ihm die Schrotflinte aus der Hand. Es fühlt sich an, als hätte ich mir einen Zeh gebrochen. Er schreit und stürzt rücklings zu Boden, blind vor Schmerz. Ich hebe seine Schrotflinte auf.
Seltsam, wie ruhig ich plötzlich bin. Diese Ruhe wiegt schwer in mir und dämpft die Schmerzen und die Angst.
An seinem Gürtel sehe ich eine Art Schlagstock. Ich ziehe ihn heraus. Er lässt sich per Knopfdruck ausfahren. Cool. Sein Gewicht liegt gut in der Hand, und ich behalte ihn wie eine Trophäe. Was tue ich da nur? Ich nehme mir auch sein Messer und schiebe es in meinen Stiefel. Ihm die Waffen abzunehmen fühlt sich an, als würde ich kleine Schätze horten, die ich mir verdient habe, Sam, ist das nicht seltsam?
Niemand stürmt mehr heraus, um auf mich zu schießen. Ich trete die übrigen Türen ein. Die meisten Zimmer sind leer. Keine Männer mehr.
Doch Nelly finde ich nicht.
Die Frau im letzten Zimmer ruft auf Rumänisch: » Bitte, tu uns nichts!«, und ich lasse die Pistole sinken.
» Wo ist Nelly?«
» Sie arbeitet auf einer Party, für Zviman.«
Zviman. Der Irokese. Der
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