Die letzte Minute: Thriller (German Edition)
musste ich es ihr zutrauen, dass in einer Bar voller unschuldiger Menschen wirklich eine Bombe versteckt war. Mila sprintete zum DJ , und noch bevor ich bei der Damentoilette war, dröhnte ihre Stimme aus den Lautsprechern, und die Musik verstummte.
» Achtung, ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit. Gehen Sie bitte ruhig und geordnet zu den Ausgängen. Wir müssen das Haus sofort räumen. Es besteht keine Gefahr, es gibt kein Feuer, aber verlassen Sie bitte trotzdem das Lokal und bleiben Sie auch nicht vor dem Haus stehen, sondern gehen Sie bitte weiter.«
Ich hörte frustriertes Stöhnen, doch die Mitarbeiter begannen sofort, die Gäste zu den Ausgängen zu geleiten.
Ich stürmte in die Damentoilette. Drei Frauen standen vor dem Spiegel und schminkten sich.
» Hey, machen Sie, dass Sie rauskommen!«, schrie eine der Frauen, von einigen Cosmopolitan-Cocktails angeregt.
» Wir müssen das Gebäude evakuieren. Bitte, gehen Sie, schnell.« Es waren insgesamt sechs Frauen in der Toilette, ich trieb sie rasch hinaus.
Wo mochte die Bombe versteckt sein?
Ich checkte alle Kabinen. Nichts. Die Lüftung? Sie hätten Minuten gebraucht, um das Gitter zu entfernen und die Bombe zu deponieren. Bei den vielen Gästen wäre das nicht unbemerkt geblieben.
Ich sah unter dem Waschbecken nach. Dann drehte ich mich um und sah den Papiertuchspender vor mir und darunter den Abfalleimer. Man brauchte einen Schlüssel, um den Spender zu öffnen. Ich tauchte den Arm in die weggeworfenen Papiertücher bis zum Boden hinunter.
Und ganz unten stieß ich auf ein Päckchen. Rechteckig. Am Rand spürte ich einen Draht.
Ich stützte mich an der Wand ab und zog den Arm langsam nach oben. Die Geräusche der Menschenmenge wurden leiser.
Ich fischte das Paket aus den Papiertüchern hervor.
C-4-Plastiksprengstoff. In Geschenkpapier verpackt, auf dem stand: BABY ’S ERSTER GEBURTSTAG . Ein billiges Prepaid-Handy klebte daran, und vier Drähte waren damit verbunden. Ich hatte keine Ahnung, welchen Draht ich durchschneiden sollte oder ob die Bombe überhaupt scharf war.
Ich rannte durch die Hintertür hinaus. Einige Gäste hatten ebenfalls diesen Weg genommen. Sie stiegen in ihre Autos ein und verließen die Canyon Bar: Die Party war zu Ende. Ich rannte mit dem Paket in der Hand weiter, auf der Suche nach einem menschenleeren Platz, wo ich niemanden gefährdete. Zu meiner Linken sah ich ein kleines Einkaufszentrum, und ich sprintete hinter das Gebäude. Die Geschäfte waren alle dunkel.
Vorsichtig zerlegte ich das Paket und achtete darauf, die Drähte nicht zu berühren. Doch es war ganz einfach. Drei der vier Drähte waren zur Ablenkung da und führten nirgendwohin. Nur der blaue verband den Sprengsatz mit dem Handy. Ich zog mein Taschenmesser heraus und schnitt ihn durch.
Ich lehnte mich gegen die Hausmauer, und zwanzig Sekunden später klingelte das Handy der Bombe.
Als sich mein Herzschlag einigermaßen beruhigt hatte, meldete ich mich. » Miststück.«
» So was hör ich gar nicht gern«, sagte Anna. » Sie sehen, wir meinen’s ernst. Tun Sie, was wir vereinbart haben. Kommen Sie uns nicht in die Quere.«
» Es ist ziemlich dumm, mir einen Auftrag zu geben und dann zu riskieren, dass ich eine Minute später hochgehe.«
» Das war kein Risiko. Sie haben genau das getan, was wir erwartet hatten. Tun Sie weiter, was wir Ihnen sagen.« Anna legte auf.
Meine Hände begannen zu zittern, doch ich riss mich zusammen und kämpfte die Angst nieder. Ich ging zurück zur Bar.
Die meisten Gäste waren schon weg, doch einige hatten sich auf dem Parkplatz versammelt, entweder aus Neugier oder in der Hoffnung, gleich weiterfeiern zu können. Ich nahm es als Kompliment für die Canyon Bar, dass sie geblieben waren. Bestimmt hatten heute viele Gäste ihre Drinks nicht bezahlt, doch das war egal.
Mila erwartete mich vor der Tür. » Alles okay?«
» Ja.«
» Was ist passiert?«
» Sie hat gewusst, wer ich bin. Ich bin in die Falle getappt, nicht Anna.«
» Oh, Sam. Das tut mir leid. Was hat sie gesagt?«
Ich holte tief Luft. » Das war ein bisschen viel heute Abend. Reden wir morgen. Hast du ein Zimmer zum Übernachten?«
Ihre Augen brannten wie Feuer: » Was verschweigst du mir, Samui l ?« Ihre Stimme zitterte; die slawische Form meines Namens verwendete sie nur, wenn sie aufgebracht war.
» Du kannst nichts tun, Mila. Danke, dass du gekommen bist. Das ist allein mein Problem.«
» Wenn sie gewusst hat, wer du bist, dann hatte sie einen Grund,
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