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Die letzte Minute: Thriller (German Edition)

Die letzte Minute: Thriller (German Edition)

Titel: Die letzte Minute: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Abbott
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Risiko nicht eingehen. Ein Kindermädchen könnte mitbekommen, was ich hier tue. Die langen einsamen Arbeitsstunden und den Schlafmangel nahm sie gern in Kauf. Taylor war jede schlaflose Nacht wert.
    Leonie machte sich eine Kanne koffeinfreien Haselnusskaffee und ließ auf ihrem iPod mit den kleinen Lautsprechern den Soundtrack von Chicago laufen. Sie öffnete den Laptop und checkte ihre E-Mails; sie benutzte mehrere anonyme Konten, um mit ihren Klienten in Kontakt zu bleiben.
    Nichts von Gunnar. Sie seufzte erleichtert. Gunnar war einer ihrer schwierigeren Klienten. Seine Wünsche änderten sich ständig; zuerst wollte er nach New Orleans umziehen– aber nein, das lag zu nah bei Atlanta, da konnte er in den Bars im French Quarter jemandem begegnen, den er kannte. Also entschied er sich für Kanada– bis ihm bewusst wurde, dass es dort richtige Winter mit Schnee und Kälte gab. Jetzt ging es um Panama, aber schon begann er zu jammern, dass es dort langweilig wäre, so als gäbe es im ganzen Land keinen Nachtclub, kein Kino, keine Buchhandlung und keinen Strand. Leonie konnte keine neue Identität für ihn ausarbeiten, solange er nicht wusste, wo er sich verstecken wollte.
    Am liebsten hätte sie ihm gesagt: Wenn Sie Ihr altes Leben hinter sich lassen, dann dürfen Sie nicht zögern, Sie müssen sich entscheiden. Doch bei Gunnar musste man aufpassen, was man sagte, und das galt für alle verzweifelten Klienten. Deshalb begnügte sie sich damit, die Leute behutsam zu behandeln und ihnen ein neues Leben zu ermöglichen, irgendwo weit weg, wo sie nichts mehr mit ihnen zu tun hatte. Panama. Sie würde ihm klarmachen, dass das die ideale Lösung für ihn war. Er musste einfach auf sie hören, schließlich war sie die Expertin.
    Es war ein Albtraum, wenn ein Mensch, der untertauchen wollte, sich nicht zu einer klaren Linie entschloss. Zu groß war das Risiko, sich zu verraten. Ein falsches Wort zu irgendwem, eine Spur, die man auf einem Computer hinterließ: Solche Fehler konnten sich als fatal erweisen. Sie würde für den Mann Bankkonten in Panama einrichten und ein passendes Haus in der Hauptstadt finden, in einer guten Gegend, wo er nicht auffiel. Natürlich benötigte er einen zuverlässigen Spanisch-Privatlehrer. Sie hatte vor, aus ihm einen Neuseeländer zu machen. Die nötigen Papiere wären innerhalb von zwei Tagen fertig. Mit Hilfe ihres Netzwerks würde sie ihm zu einem neuen Namen und einer neuen Welt verhelfen. Am besten ging sie sofort ans Werk.
    Sie holte ihren Kaffee und ignorierte das Verlangen nach einer Zigarette (die letzte hatte sie vor sechs Monaten geraucht). Sie hörte ein Auto vorbeifahren und wenig später einen Vorhang flattern.
    Das Geräusch kam ihr viel zu laut vor. Sie stoppte die singenden Mörderinnen aus Chicago mitten im Cell Block Tango und lauschte angestrengt. Ein heftiger Windstoß.
    Da war irgendwo ein Fenster offen.
    Es rieselte ihr eisig den Rücken herunter. Sie stand von ihrem Computer auf und eilte über den Flur. An der Tür zum Kinderzimmer blieb sie stehen und drückte die Tür vorsichtig auf. Das Fenster gegenüber, das zum Garten hinausging, stand offen, die Winnie-Puuh-Vorhänge tanzten im Wind.
    Ihr Herz stockte. Sie stürmte durch das dunkle Zimmer. Im Mondlicht sah sie, dass das Gitterbett leer war. Ihr Baby war weg. Sie schrie auf und griff nach der zusammengeknüllten gelben Decke, als könnte Taylor irgendwo darin verschwunden sein.
    Sie taumelte durch das Haus. Bitte sei da, sagte sie sich.
    Doch auch der Rest des Hauses war leer. Der Schock fuhr ihr in die Knochen.
    Das Telefon. Benommen stolperte sie zurück und nahm den Apparat auf. Sie drückte die Neun, die Eins… und hielt inne.
    Was sollte sie sagen? Mein Kind ist weg. Sie würden Fragen stellen. Wer sind Sie, Ma’am? Wer ist der Vater? Wie lange leben Sie schon hier? Haben Sie eine Ahnung, wer Ihr Baby entführt haben könnte? Was war, wenn sie mit ihren Fragen der Wahrheit auf die Spur kamen, dass sie unter einem falschen Namen hier lebte und nicht die war, als die sie sich ausgab.
    Sie wählte die Notrufnummer nicht fertig. Sie musste nachdenken, bevor sie sich an die Polizei wandte. Sie war so vorsichtig gewesen und hatte ein so gutes Versteck gefunden. Niemand würde sie hier finden. Außer…
    Das Telefon klingelte in ihrer Hand, und sie hätte es beinahe fallen lassen, als könnte sich das Geräusch in Hitze verwandeln und ihr die Hand verbrennen. Sie starrte auf das Display. Eine unterdrückte

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