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Die letzte Nacht

Die letzte Nacht

Titel: Die letzte Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Fazioli
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Mädchen. Vielleicht hatte jedoch auch er sich verändert. Vielleicht hatte er jetzt begriffen, was Lina ihm bedeutete. Aber vorläufig war es besser, mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben. Im wahrsten Sinne des Wortes.
    »Noch sind wir nicht in Sicherheit«, sagte er zu ihr, »und hier in der Gegend gibt es Felsen, deshalb …«
    »Okay, okay, ich pass schon auf! Aber lass mir ein bisschen Genugtuung. Weißt du, normalerweise hab ich kein Glück!«
    Matteo lächelte.
    »Nicht mal heute Abend!«
    Der letzte Satz kam nicht von Matteo.
    Eltons Stimme, deutlich wie eine schlechte Erinnerung. Eltons Stimme mitten im Wald. Wie war das möglich?
    »Ihr habt gedacht: Der dumme, arme Elton schläft.« Die Stimme kam näher. »Aber ich war nicht in der Hütte, ich war hier draußen, um zu telefonieren. Eine schöne Überraschung, nicht wahr?«
    Matteo brauchte ein paar Sekunden, um zu schalten. All die Vorsichtsmaßnahmen, all die Minuten, die es gekostet hatte, über den Boden zu kriechen. Alles umsonst. Elton war draußen! Warum hatten sie nicht nachgesehen?
    »Flieh«, flüsterte er Lina zu. »Flieh und nimm das Telefon!«
    Dann machte er einen Schritt nach vorn und begann laut zu sprechen.
    »Es ist nicht so, wie du denkst, Elton. Wir wollten nicht fliehen. Tatsache ist, dass wir gesehen haben, dass du nicht da bist, also haben wir gedacht, dass …«
    »Schnauze!«
    Elton stand wenige Schritte entfernt.
    »Wo ist sie?«
    Lina versuchte, sich geräuschlos zu entfernen.
    »Stehen bleiben!«, schrie Elton. »Stehen bleiben. Ich hab eine Pistole!«
    In diesem Augenblick stürzte sich Matteo auf ihn.
    Elton wandte sich um und drückte ab.

22
Rhythmusgefühl
    Salviatis Handy klingelte. Er und Contini sahen sich in die Augen. Es war das vereinbarte Zeichen. Salviati schaltete es aus. Dann öffnete er die Tür und stieg aus dem Wagen. Bevor er sich entfernte, warf er noch einen Blick auf Contini.
    Der Detektiv saß mit den Händen am Steuer, den Blick ins Leere gerichtet. Salviati schüttelte den Kopf. Manchmal verstand er ihn einfach nicht. Er hatte eine merkwürdige Art sich zu entziehen, als würde er jegliche Verbindung zur Welt abbrechen, um zu fliehen … aber wohin?
    Salviati sagte:
    »Ich gehe.«
    Contini nickte.
    Salviati nahm den kleinen Weg bis zur Eingangstür. An der Seite befand sich die Codetastatur der Alarmanlage. Salviati kannte das Modell: eine ganz gewöhnliche Anlage für Wohnhäuser, eine Außenvorrichtung mit Magnetsensoren an Fenstern und Türen. Dennoch war es nicht leicht, sie zu deaktivieren, schon allein deshalb, weil durch einen falschen Code versteckte Signale an die Empfangszentrale gesendet wurden.
    Die einzige Möglichkeit war tatsächlich der direkteste Weg: sie auszulösen.
    Viola öffnete die Tür. Schwarzes, ausgeschnittenes Kleid und hochhackige Schuhe, sie sah aus wie die Gastgeberin bei einem Empfang. Sie sprach kein Wort, aber kaum war er eingetreten, führte sie ihn zu einer Treppe. Während Salviati hinaufstieg, hörte er Viola mit lauter Stimme sagen:
    »Ich bin rausgegangen, um ein bisschen frische Luft zu schnappen.«
    Im Erdgeschoss betrat Viola lächelnd und auf Kollers Reaktion gefasst das Wohnzimmer. Er sah sie verständnislos an.
    »Was hast du gemacht?«
    »Ich habe ein bisschen frische Luft geschnappt!«
    »Hast du die Tür geöffnet?«
    »Ja … der Schlüssel hat gesteckt und …«
    »Oh, verdammt!« Koller schnaubte. »Die Alarmanlage war angeschaltet!«
    »Was?«
    »Entschuldige, das konntest du nicht wissen. Der Alarm wird ausgelöst, sobald die Tür oder eines der Fenster im Erdgeschoss geöffnet werden. Du hast die Tür aufgemacht, ohne sie abzuschalten. Wenn ich kein Signal sende, ist in fünf Minuten die Polizei hier …«
    »Die Polizei!« Viola machte große Augen. »Nur weil ich einen Augenblick nach draußen bin?«
    Koller grinste.
    »Na, ich würde sogar das Militär rufen, um dich zurückzuholen, wenn du versuchen solltest zu fliehen …«
    Viola lächelte, wie es sich gehörte. Sie setzte sich auf das Sofa, dicht neben Koller. Das Wohnzimmer war ein luxuriös eingerichteter Raum mit schwarzen Ledermöbeln, abstrakten Gemälden an den Wänden und einer Bar wie aus einem amerikanischen Spielfilm. Koller legte eine Hand auf Violas Schulter.
    »Erst mal bring ich das mit der Alarmanlage in Ordnung, und dann trinken wir einen …«
    Lina war allein im Wald. Sie hatte das Gefühl, in die Zeit der Sagen zurückversetzt zu sein. Ihr Verstand sagte ihr, dass das

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