Die letzte Nacht
wir unsere Bekanntschaft vertieft, und sie hat mir gestanden, dass sie die Situation sehr bedauert.«
Elton warf ihm einen warnenden Blick zu.
»Jedenfalls hat sie, wie gesagt, die Gefangenschaft satt«, beeilte sich Matteo hinzuzufügen. »Ich übrigens auch, aber wir sind zuversichtlich und … wir haben auch nicht mehr versucht zu fliehen, stimmt’s?«
»Nein«, erwiderte Elton und richtete seine Augen wie zwei Messerspitzen auf ihn. Matteo schlug einen unverfrorenen, ironischen Tonfall an, um ihn auf diese Weise zu überraschen.
»Und dann ist da noch unser Elton, der für uns das Kindermädchen spielt und uns die Gefangenschaft erleichtert … bis Dezember, eine lange Reise, was, Elton?«
Matteo schaute zu Elton, wie um Bestätigung zu suchen, und bemerkte, dass er unschlüssig war. Er nutzte die momentane Unaufmerksamkeit, um zum Schlag auszuholen.
»Auch jetzt, da wir an den Anfang zurückgekehrt sind, jetzt, wo wir warten müssen …«
»Was sagst du da?« Elton wurde hellhörig.
Aber das Schwerste war geschafft.
»Jetzt, wo wir da sind, wo alles noch vor uns liegt, jetzt, da wir dort gefangen sind, wo …«
»He!«
Elton sprang drohend auf. Matteo ging in Deckung und fuhr in ebenso dreistem Ton fort:
»Oh, ich Ärmster, ich Ärmster …!«
»Was soll das?«, wetterte Elton.
»Tut mir leid, ich hatte nicht die Absicht … ich habe nichts gesagt …« Matteo redete schnell, überschlug die Worte, um Verwirrung zu stiften. »Tut mir leid, ist schon klar, natürlich darf ich nichts verraten, aber ich kann euch versichern, dass wir zuversichtlich sind, wir hoffen, dass der Überfall klappt und …«
»Schluss jetzt!« Elton sah erst Salviati, dann Contini an. »Seid ihr zufrieden? Dieses Treffen hat schon lange genug gedauert.«
»Tut mir leid«, begann Matteo erneut, »wenn ich bedenke, dass ich kurz davor war …«
»Halt die Klappe!« Elton kam hinter dem Schreibtisch hervor und stieß ihn gegen die Schulter. »Wir haben geredet, jetzt können wir gehen.«
Matteo nickte. Er hatte gesagt, was er sagen wollte.
»Wir verlassen jetzt dieses Büro«, schloss Elton, »und wir sehen uns am Ende der Geschichte wieder.«
Contini begleitete sie zur Tür und schloss sie hinter ihnen.
Draußen an der frischen Luft atmete Matteo tief durch. Er hatte einen Hinweis gegeben. Contini konnte ihn aufgreifen, wenn … da gab es dieses »Wenn«, das ihn beunruhigte. Wenn Contini das getan hatte, was Matteo glaubte, bestand die Möglichkeit, dass er begriff.
»Wenn.« Er und Lina vertrauten auf ein »Wenn«. Aber an diesem Punkt blieb ihnen nichts weiter übrig. Nur warten und hoffen. Während sie die Stufen hinaufstiegen, die zur Straße führten, wandte Matteo den Blick zurück zum See, der ruhig und hell in der Sonne lag. Er hätte gern einen Stein hineingeworfen, die Oberfläche in Bewegung gesetzt und die Wellen beobachtet, die langsamen, weiten Kreise auf dem Wasser …
7
Salviatis Plan
Eine Stunde, nachdem Elton und Marelli gegangen waren, gegen sechs Uhr abends, sollte eine Generalversammlung stattfinden. Jean Salviati würde endlich seinen Plan darlegen und der Überfall auf die Junker-Bank Gestalt annehmen.
Unterdessen versuchte Contini zu verstehen.
Dreimal hörte er sich die Aufnahme des Gesprächs an. Er grenzte die Stelle ein, an der Marelli seinen Hinweis gegeben hatte … jetzt, da wir an den Anfang zurückgekehrt sind, jetzt, wo wir warten müssen. So hatte er gesagt. Aber was bedeutete das? Und weiter: Jetzt, wo wir da sind, wo alles noch vor uns liegt. Schließlich hatte Elton ihn unterbrochen.
MARELLI : …jetzt, da wir dort gefangen sind, wo…
ELTON : He!
Dann das Geräusch von herumgerückten Stühlen, Marelli, der in Deckung ging, und ein Wortschwall, um abzulenken. Contini schaltete das Aufnahmegerät ab und öffnete das Fenster. Er zündete sich eine Zigarette an und fragte Salviati:
»Was hältst du davon?«
Salviati schüttelte den Kopf.
»Ich denke, es lag ihm was auf der Zunge, und er hat ihn rechtzeitig daran gehindert.«
»Hm …«
Contini war nicht überzeugt. Zwischen den Zeilen war eine Botschaft für ihn versteckt. Er hatte das Gefühl, auf einem Weg zu gehen, den er schon einmal beschritten, aber den er vergessen hatte. Als habe sein Unterbewusstes das Zeichen erkannt, schaffte es aber nicht, es ans Licht zu bringen.
»Da ist nichts«, sagte Salviati. »Hätte er dir einen Hinweis gegeben, wäre Elton das auch aufgefallen, oder?«
»Nicht gesagt.« Continis
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