Die letzte Nacht
bereit?«
»Bereit für was?«, fragte Matteo.
»Wir müssen los. Übermorgen wird Marelli sich mit Salviati und Contini treffen.«
»Na und?«, fiel Lina ein.
»Contini könnte dieses Haus entdecken. Ihr wollt doch nicht, dass sie uns finden, oder?« Elton grinste breit. »Los jetzt .. ihr werdet sehen, euer neues Versteck wird euch gefallen!«
Elton befahl ihnen, ihre Sachen zusammenzusuchen, und verließ das Zimmer. Er war unruhig, auch wenn er den Draufgänger mimte. Die Tatsache, dass der Überfall verschoben worden war, bedeutete, dass die beiden Geiseln noch drei Monate lang unter seiner Bewachung bleiben würden. Keine leichte Sache. Die ganze Zeit in ein paar Zimmern eingesperrt, höchstens mal ein Spaziergang unter strenger Aufsicht.
Und wenn ihnen die Nerven durchgingen? Elton hoffte, das verhindern zu können. Aber vor allem wollte er verhindern, dass sie flohen.
Er kam aus dem Souterrain hinauf ins Wohnzimmer, wo Forster ihn, am Fenster stehend, erwartete.
»Wie geht es den beiden?«
»Sie sind nervös.«
»Nun, ich hoffe, sie versuchen nicht noch einmal zu entkommen.«
Elton dachte nach und wählte sorgfältig seine Worte.
»Das glaube ich nicht. Meiner Meinung nach vertrauen sie auf einen guten Ausgang des Überfalls. Und es ist wichtig, dass sie das tun.«
»Hm, ja«, brummte Forster und wandte sich seinem Mitarbeiter zu. »Und du wirst alles daransetzen, sie das glauben zu machen. Nimmst du einen Whisky?«
»Es ist ein bisschen früh …«
»Pech für dich …« Forster trat auf eine Anrichte zu und goss sich ein halbes Glas Whisky ohne Eis ein. »Jedenfalls müssen wir nun zum Angriff übergehen.«
»Inwiefern …«
»Insofern, als dieser Überfall eine einmalige Gelegenheit ist. Wenn Salviati an das Geld kommt, müssen wir es ihm wegnehmen!«
»Sie meinen …«
»Und wir müssen es sofort machen, auf saubere Weise, ohne Spuren zu hinterlassen.«
»Sie meinen, wir sollten nicht warten, bis uns Salviati das Diebesgut übergibt, um dann …«
»Red nicht so lang herum! Was ich sagen will ist, dass wir zur Stelle sein werden, bei der Bank. Sobald er mit dem Geld rauskommt, halten wir ihn an und nehmen’s ihm ab.«
»Aber er wird nicht zulassen, dass …«
»Wir haben Argumente, die ihn überzeugen werden. Wenn wir das Geld haben, müssen wir uns diese Geschichte vom Hals schaffen. Hab ich mich verständlich ausgedrückt?«
»Natürlich.« Elton richtete den Oberkörper auf. »Ich habe verstanden. Dennoch darf ich Sie daran erinnern, dass uns die Details von Salviatis Plan nicht bekannt sind. Und wenn wir eingreifen wollen, sollten wir …«
»Ja, das musst du mir nicht sagen. Klar, dass wir Informationen brauchen.«
»Und haben Sie«, Elton hüstelte, »haben Sie eventuell bereits darüber nachgedacht, wie wir an diese Informationen kommen könnten?«
»Das ist nicht schwer. Jeder hat seine Schwachstelle. Sobald man sie entdeckt hat, ist das Gröbste geschafft. Man muss sie dann nur noch treffen.«
»Haben Sie Salviatis Schwachstelle schon entdeckt?«
»Möglicherweise.« Forster nahm den letzten Rest Whisky in einem Schluck. »Lassen wir’s auf einen Versuch ankommen.«
6
Der Gefangene
Durch das Fenster drangen die Geräusche des Sees herein. Das Dröhnen eines Motorbootes, Wasser, das gegen die Mole schwappte, die Schreie der Möwen. Und der Wind, der die Blätter auf dem Schreibtisch bewegte. Drinnen drei Gesichter, die ihn anstarrten, sich keines seiner Worte entgehen ließen.
Matteo Marelli atmete tief durch, bevor er zu sprechen begann. Er wusste, dass diese Unterredung so kompliziert wie eine Schachpartie sein würde. Er musste Salviati und Contini etwas mitteilen, ohne dass Elton es bemerkte. Er musste einen Hinweis auf ihr neues Gefängnis geben, wo er und Lina – wie es schien – die nächsten drei Monate verbringen würden.
»Ich mach das Fenster zu«, sagte Contini.
Matteo nickte. Er bedauerte, diesen Hauch von Freiheit nicht länger zu spüren – den See, die Sonne, den Wind. Aber entscheidend war, an die wahre Freiheit zu denken.
»Wie ihr wisst«, begann er, »habe ich bei der Junker-Bank gearbeitet …«
»Ach, übrigens«, unterbrach ihn Elton, »nehmt ihr das Gespräch eigentlich auf?«
»Was interessiert Sie das?«, erwiderte Contini.
Elton zuckte mit den Schultern.
»Gar nicht. Es sind bloß Worte. Falls ihr die Absicht habt, uns nachher zu verfolgen …«
»Wir werden euch nicht verfolgen«, sagte Salviati.
»Gut, denn andernfalls
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