Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne
plötzlich zu husten, heiser und röchelnd. Schwester Christina und ich wussten, was das zu bedeuten hatte. Wir sprangen beide auf.
»Lockert ihre Kleidung«, sagte ich.
»Nein, dafür ist es zu spät«, versetzte Schwester Christina.
Schwester Winifreds bleiches Gesicht lief blutrot an, als sie hustend und um Atem ringend auf ihrer Bank zurücksank.
»Das ist Eure Schuld«, rief Schwester Christina der Novizinnenmeisterin anklagend zu. »Ihr habt sie mit Eurem Gerede aufgeregt. Wir sollen hier in Stille arbeiten!«
Schwester Agatha prustete empört. »Ich bin Eure Novizinnenmeisterin – es steht Euch nicht zu, an mir Kritik zu üben.«
Ich hob Schwester Winifred vorsichtig vom Stuhl. »Ich bringe sie zu Bruder Edmund.«
Nachdem ich sie zur Tür geschleppt hatte, hielt ich inne, aber niemand versuchte, mich aufzuhalten. Unsere Novizinnenmeisterin stritt mit Schwester Christina.
Ich warf einen Blick auf Schwester Helen, die wie immer in ihren Seiden kramte. Aber sie war weit davon entfernt, ungerührt zu sein. Ich bemerkte Tränen auf ihren Wangen.
Kapitel 19
Schon im Kreuzgang konnte ich den Mann schreien hören.
Das Hospital lag auf der Ostseite, am schräg gegenüberliegenden Ende des Wandelgangs, in dem ich mich befand, und um den Weg abzukürzen, schleppte ich Schwester Winifred quer durch den bepflanzten Innenhof, ohne jedoch die Wege zu verlassen. Sie klammerte sich stolpernd an mich, und ich musste achtgeben, dass sie nicht die Körbe mit dem frisch gepflückten Baldrian umstieß oder mit dem Kopf gegen einen Ast des Quittenbaums schlug. Sie fuhr schaudernd zusammen bei dem markerschütternden Geschrei, und ich nahm sie fester um die Schultern. »Es wird alles gut«, versicherte ich.
Als wir eintraten, sahen wir Bruder Edmund über John, einen unserer Stallburschen, gebeugt, der mit geöffnetem Hemd und angstvoll aufgerissenen Augen zusammengekrümmt auf einem Strohlager hockte, während Bruder Edmund vorsichtig seine Schulter und sein Schlüsselbein abtastete. Ich war froh, dass Bruder Edmund an diesem Nachmittag im Kloster war und nicht im Hospital in Stanham, das er zusätzlich betreute.
»Es tut weh, Bruder«, jammerte John. »Beim Blut Christi, das tut höllisch weh.«
»Du sollst den Namen Gottes nicht verunehren«, murmelte Bruder Edmund. »Ich richte die Schulter jetzt ein. Bereite dich darauf vor, dass du gleich einen starken Schmerz verspüren wirst. Aber keine Angst, er wird schnell vergehen.«
John schlug mit fliegender Hand ein Kreuz, und gerade als er fertig war, warf sich Bruder Edmund gegen die verletzte Schulter, dass sein schwarzer Mantel wirbelnd aufflog.
»Bruder, nein!«, schrie ich. Aber meine Stimme ging in den qualvollen Schreien Johns unter, der auf dem Strohsack zusammenfiel.
Als Bruder Edmund zurücktrat, um sein Gewand zu richten, bemerkte er uns an der Tür.
»Schwester Winifred hat wieder einen Anfall«, sagte ich.
Er eilte zu seinem Eichenschrank, in seiner Hand blinkte einSchlüssel. »Setzt sie irgendwo hin«, rief er mir über die Schulter zu.
Ich half Schwester Winifred, deren ersticktes Röcheln in pfeifendes Keuchen übergegangen war, auf einen der anderen Strohsäcke und schob eine dünne Strähne blonden Haares, die ihr ins Gesicht hing, unter ihre Haube zurück.
»Wann hat es angefangen?«, fragte Bruder Edmund, während er in einem Mörser dunkelfarbenes Kraut zerstampfte und es dann in eine Schale gab.
»Vor ungefähr zehn Minuten«, antwortete ich. »Sie hat sich aufgeregt, und dann fing das Röcheln an.«
»Was hat sie so aufgeregt?« Bruder Edmund beugte sich mit seiner Schale zum niedrigen Feuer hinunter.
Ich berichtete ihm von Schwester Agathas Lamento über die Zukunft des Klosters.
»Aha.« Er richtete sich auf. »Ich nehme jetzt die Anwendung vor. Tretet zurück, Schwester Joanna. Es ist besser, wenn Ihr das nicht einatmet.«
Ich wich in die Ecke zurück und sah zu, wie er seine Schwester aufrichtete und die rauchende Schale unter ihr Gesicht hielt. Ich war schon in der vergangenen Woche dabei gewesen, als er das gleiche Kraut eingesetzt hatte. Er hatte viele neue Heilmittel und Tinkturen und neue Verfahren mitgebracht. Schwester Rachel, eine scharfzüngige Schwester, die bis zu seiner Ankunft den Dienst im Hospital versehen hatte, war über ihren Ausschluss wütend gewesen. Aber selbst sie hatte nach einer Weile zugeben müssen, dass Bruder Edmund ein Apothecarius war, dem Respekt gebührte. Und für ihn war es ein Leichtes,
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