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Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Titel: Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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zwischen dem Kloster und dem kleinen Hospital im Dorf hin- und herzupendeln. Ordensbrüder waren es gewöhnt, sich in der Außenwelt zu bewegen, sie waren nicht, wie Mönche und Nonnen im Kloster, der Klausur unterworfen.
    »Tief einatmen«, befahl er. »Noch einmal. Und noch einmal.«
    Schwester Winifred schöpfte noch einmal tief Luft und fasste seine Hand. »Danke«, sagte sie schwer atmend. Er zog ihre Hand an die Lippen und küsste sie leicht, dann ließ er sie sachte wieder niedersinken. Wieder fiel mir die starke Ähnlichkeit zwischen den Geschwisternauf. Aber mir fiel auch auf, dass Bruder Edmund an diesem Tag nicht wohl aussah. Seine Haut hatte einen Stich ins Gelbliche, und seine Augen wirkten müde.
    Ich trat vorsichtig an die glühend heiße Schale heran. »Was ist das für ein Heilmittel?«, fragte ich.
    »
Ephedra helvetica
ist ein linderndes Mittel, kein Heilmittel«, sagte er, »das Blatt einer italienischen Pflanze. Ein Bruder aus der Schweiz, der nach Cambridge kam, brachte einen kleinen Vorrat für sich selbst mit und berichtete mir davon. Ich lasse mir alle sechs Monate etwas schicken. Jetzt werde ich wohl einen größeren Vorrat anlegen müssen. Das Klima hier ist nicht das gesündeste für meine Schwester   – die vielen Sümpfe in der Gegend   –, aber das lässt sich nicht ändern. Ich kann nur die Behandlungsdosis verdoppeln.«
    Hinter uns machte John sich bemerkbar. Zu meiner Überraschung lachte er. »Bruder, es ist viel besser, Ihr hattet recht«, sagte er. »Wann kann ich wieder an die Arbeit gehen?«
    »Ihr dürft in den nächsten zwei Wochen nicht schwer ziehen oder heben«, sagte Bruder Edmund.
    John sprang schon von seinem Lager. »Ein einarmiger Stallknecht ist nutzlos«, sagte er. »Der neue Pförtner ist ein harter Mann   – der wird meinen Lohn kürzen oder mich vielleicht sogar rauswerfen. Im Dorf gibt’s Männer genug, die meine Arbeit gleich morgen übernehmen könnten. Im Kloster wird man am besten entlohnt. Könntet Ihr ein gutes Wort für mich einlegen? Bitte, Bruder, ich habe eine Frau, die im fünften Monat schwanger ist.«
    Er begann sinnloses Zeug zu brabbeln, und Bruder Edmund hob die Hand. »Ich kann nichts versprechen, aber ich werde es versuchen.«
    »Dank Euch, Bruder«, sagte John inbrünstig. »Der Tag, als Ihr zu uns nach Dartford gekommen seid, war ein guter Tag.«
    Nachdem John gegangen war, sagte ich: »Er ist Euch aus tiefstem Herzen dankbar.«
    Bruder Edmund seufzte. »Ich kenne ein paar Kräuter und ein paar Verfahren, aber das heißt nicht, dass ich Wunder wirken kann. Letztlich kann ich nur wenig tun, um anderen zu helfen. Es liegt alles in Gottes Hand.« Er wies zur Seite, wo eine zwischen zwei Stangen gespannteDecke einen Bereich abtrennte. Nur zwei bestrumpfte Füße waren zu sehen.
    »Lettice Westerly?«, flüsterte ich.
    Bruder Edmund stand an seinem Schrank, um seinen Pflanzenvorrat aufzuräumen. Ich sah, wie er einen kleinen Samtbeutel aus einer Schublade nahm.
    »Ich kann nur das Leiden lindern«, bemerkte er auf dem Weg zu Lettices Lager.
    »Darf ich sie sehen?«, fragte ich.
    Er zog die Decke zurück. Im ersten Moment glaubte ich, eine Tote vor mir zu haben. Ihre Haut war aschen; ihr Mund stand offen; ihre Zunge war mit abstoßendem dunklem Schleim belegt. Dann sah ich, dass sie atmete.
    Bruder Edmund entnahm dem Beutel ein glänzendes schwarzes Kügelchen. Er hob Lettice Westerlys Kopf an, um ihr das Kügelchen tief in den Mund zu schieben. »Holt mir etwas Bier, um es hinunterzuspülen, Schwester Joanna«, bat er mich. »Ich muss sie dazu bringen, dass sie schluckt.«
    Ich schenkte das Bier ein. »Wie heißt dieses Mittel?«, fragte ich.
    »Es hat keinen lateinischen Namen«, antwortete er. »Es kommt aus dem Osten. Man nennt es die Steine der Unsterblichkeit.«
    Ein Schauer überlief mich; der Name hatte etwas Unheimliches.
    »Komm, Lettice, du musst schlucken. Ja, so ist es gut.« Er ließ ihren Kopf langsam wieder sinken.
    »Wie lange hat sie noch?«
    Er fühlte erst ihre Stirn, dann ihr Handgelenk. »Eine Woche. Vielleicht zwei.«
    Mein Herz zog sich zusammen, als ich an die drei Westerly-Kinder dachte.
    Plötzlich hielt Bruder Edmund meine Hand in der seinen. Ich zuckte zusammen und stieß ihn erschrocken zurück.
    »Schwester Joanna, Ihr blutet«, sagte er geduldig und wies auf meine linke Hand. Der Stoffrest, mit dem ich sie umwickelt hatte, war heruntergefallen, das Blut sickerte immer noch.
    »Ach, das ist nichts«, sagte ich.

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