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Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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nur zweitausend Jahre der Zivilisation zerstören und die Welt in einen Abgrund stürzen .
    Ein Abgrund, tatsächlich, für diese Menschen. Für alles, woran sie glaubten.
    Ein Abgrund.
    Amadeo blieb stehen. Beinahe hatte er die Vierung des mächtigen Doms erreicht. Dahinter erhob sich nur noch die Apsis mit Berninis monströsestem Werk, dem thronartigen Stuhl Petri, der hoch über den Gläubigen zu schweben schien. Der Blick des Restaurators blieb am Baldachin des Papstaltars haften und glitt dann entlang der vier wie gedrechselt wirkenden Säulen nach unten. Mehrere Reihen von Stufen führten hinab in die confessio , die Krypta von San Pietro: tief unter dem Marmor verborgen, Jahrhunderte älter als der kurz vor der Reformation begonnene Bau Bramantes, Michelangelos und Berninis.
    Konstantin der Große persönlich hatte den Auftrag gegeben, über dem Grab des heiligen Petrus eine erste Kirche zu errichten. Heute lagen die Reste dieser Anlage halb verborgen, halb vergessen und dennoch mehrfach erneuert tief in den Fundamenten von San Pietro. Die Fundamente, auf denen die Kirche der Päpste gründete. Und darum, Simon, Sohn des Jona, habe ich dich Kephas genannt und Petrus, denn beides heißt: der Fels . Dort in der Tiefe ruhte er, der Mann, dem nicht behagt hatte, dass Jesus und Johannes wie die Griechen taten — und an seiner Seite viele der inzwischen bald zweihundertsiebzig Oberhirten der katholischen Christenheit, an die er die Schlüssel zum Himmelreich weitergegeben hatte. Die Grotte Vaticane , eine enge, unheimliche Unterkirche voller langsam dahintrocknender Leichname unter dumpfen Marmorplatten.
    Ein Ort des Todes und der Hoffnung auf Auferstehung.
Und vor allem eines:
    unübersichtlich.
LXXVI
    Die Krypta mit dem Grab des Apostelfürsten lag vielleicht drei oder vier Meter unter dem Bodenniveau von San Pietro. Vom Baldachin des päpstlichen Altars führten zwei schmale, geschwungene Treppen wie in eine Löwengrube hinab. Sie waren zeremoniellen Anlässen vorbehalten. Besucher ließ man in den letzten Jahren von außen ein.
    Unruhig blickte Amadeo in die Tiefe. Aus gutem Grund hatte er die Grotte Vaticane niemals besucht, denn mit Ausnahme des immer wieder umgestalteten Petrusgrabes gab es dort nichts von besonderem kulturhistorischen Interesse, und vor allen Dingen sah es ziemlich eng und stickig aus dort unten. Hinzu kam noch der Strom schwitzender Touristen, der sich während der Öffnungszeiten lindwurmartig durch die Gänge wälzte.
    Zumindest diese Gefahr bestand heute nicht.
    Quer durch die Basilika kamen Görlitz und seine Leute auf ihn zu. Die Schüsse rissen nicht ab, doch im Laufen konnten die Männer nicht besonders gut zielen. Sie kamen näher. Jetzt, nur für wenige Augenblicke, schob sich die marmorne Wucht des Longinuspfeilers zwischen seine Verfolger und ihn: Eine der vier gewaltigen Stützen, auf denen die Kuppel von San Pietro ruhte. Es blieb keine Zeit mehr zum Überlegen.
    Amadeo stand vor der Absperrung. Gegen den Papstaltar bestand sie lediglich aus einem Samtseil, hinter dem es mehrere Meter in die Tiefe ging. Zu den anderen Seiten hin verwehrte eine hüfthohe Marmorbalustrade den Zugang. Die einzige, schmale Pforte war verschlossen, doch selbst in seinem geschwächten Zugang kein Hindernis für Amadeo. Er krabbelte darüber hinweg. Während der Öffnungszeiten hatte das Wachpersonal ein Auge darauf, dass das nicht passierte, und mit Sicherheit gab es auch einen automatischen Alarm. Andererseits war seit einer halben Stunde im Vatikan ohnehin alles an Alarmsirenen in Gang gesetzt, was nur existierte. Selbst die großen Glocken dröhnten, unheilvoll wie Sturmgeläut. Amadeo stolperte die rechte der beiden Treppen hinab. Auf halbem Wege spürte er, dass sein rechtes Bein unter ihm nachzugeben begann. Humpelnd kam er in der Tiefe an.
    Er hatte ein Labyrinth betreten.
    Und er war nicht allein. Die Toten waren rings um ihn. Die Toten, und auch hier einige Flüchtlinge, die befürchten mussten, dem Tode nahe zu sein.
    »Sind sie noch da oben?«
    Amadeo blieb beinahe das Herz stehen.
    Die Gestalt stand plötzlich vor ihm, sie kam aus den Schatten, in denen die Gänge links und rechts vom beleuchteten Schrein des Apostels verschwanden. Die Frau war totenbleich, die Schminke vom Weinen verlaufen. Sie sieht selbst aus wie eine Leiche — oder wie dieser Schockrocker Marilyn Manson, dachte Amadeo.
    »Sie sind noch da«, flüsterte er. »Und sie werden hier runterkommen. Verhalten Sie sich

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