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Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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blättern.
    »Ein Caesar... und das hier ist... Augustinus? De civitate dei? «
    Amadeo nickte. Die Texte waren antik, aber die Pergamenthandschriften als solche waren deutlich jünger als bei Walahfrids Hortulus und dem Seneca. Als Versteck für weitere Fragmente kamen sie damit von vornherein nicht infrage. Wer auch immer die Johannes-Papyri zerschnippelt und mit kryptischen Hinweisen versehen hatte, er musste längst tot gewesen sein, als diese Codices entstanden.
    »Ah, und hier ist der Isidor.« Vorsichtig blätterte Helmbrecht in den Seiten. »Stimmt«, brummte er. »Übel mitgenommen.«
    Isidors Physiologos war das Erste gewesen, was Amadeo in den Sinn kam, als der capo wissen wollte, womit sie sich gerade befassten. Die Handschrift musste einmal wunderschön gewesen sein, mit verschwenderisch geschmückten Initialbuchstaben auf jeder Seite. Sie gehörte zudem zu den wenigen Bänden in dem Konvolut, die zu Lebzeiten ihres geheimnisvollen Helfers schon existiert hatten. Nur leider war sie gar kein Band mehr, sondern eher eine Ansammlung loser Blätter, die nicht die einstige Fadenbindung, sondern nur noch reines Wohlgefallen zusammenhielt.
    »Was ist das hier?«, fragte Helmbrecht. »Der Anfang fehlt.«
    »Der Schluss dagegen ist da«, sagte Amadeo.
    »Immerhin etwas«, murmelte der Professor. »Was ist es denn nun?«
    »Petronius Arbiter«, erwiderte Amadeo lächelnd. »Die Cena Trimalchionis.«
    Helmbrecht starrte auf das Manuskript. »Ein vollständiger Petronius?«
    »Na ja, nicht ganz. Wie gesagt, der Anfang fehlt.«
    »Den Anfang kennen wir! Der ist doch erhalten!« Helmbrecht schnappte nach Luft. »Aber den Schluss suchen wir seit... seit... Und sie haben ihn die ganze Zeit...«
    »Vielleicht fanden sie ihn zu unanständig, um ihn auf die Christenheit loszulassen.«
    »Dann hätten sie ihn zur Heizkosteneinsparung eingesetzt«, brummte der Professor, während er fasziniert in den Seiten blätterte. »Da haben sie sonst auch keine Skrupel. Schon dieser Fund... Allein dieser Fund...«
    »Oder papa Pio brauchte Lektüre vor dem Einschlummern. «
    Helmbrecht blickte auf, und ein Zucken lag auf seinen Mundwinkeln, das Amadeo nicht zu deuten wusste. »Das glaube ich nicht«, sagte der Professor. Entschlossen klappte er den Petronius zu und ging weiter die Bände durch. »Ein Stundenbuch, spätmittelalterlich, das kommt sowieso nicht infrage. Eine Heiligenvita, alt genug. Wundervolle Stücke — nur kein Vergil. Ich sehe hier überhaupt nichts, was Ähnlichkeit mit dem Hortulus und dem Seneca hat.« Er betrachtete den Stapel alter Codices, jeder von ihnen ein Vermögen wert, darunter manch einer, von dem Generationen von Wissenschaftlern geträumt hatten. »Kein Vergil«, sagte er enttäuscht. Verwirrt nahm er die Brille von der Nase und blickte hindurch. »Würden Sie...«
    »Sie ist sauber!«, sagte Amadeo, ohne sie entgegenzunehmen.
    »Wenn Sie es sagen«, murmelte Helmbrecht.
    »Die Brille wird Ihnen auch nicht helfen«, sagte Amadeo. »Der Vergil ist nicht da. Er muss irgendwo anders sein. In den Konvoluten, die Pozzo bekommen hat oder Grotta-Ferrese. Oder sonst wer.«
    »Die Konkurrenten Ihres capo? Diejenigen, auf die der Vatikan nicht gut zu sprechen ist?«
    »Hat das den Heiligen Stuhl jemals daran gehindert, mit solchen Leuten Geschäfte zu machen?«, fragte Amadeo.
    »Nein.« Helmbrecht schüttelte den Kopf. »Allerdings ist das keineswegs die einzige Möglichkeit.«
    Der Restaurator nickte. »Vielleicht hat der Brand sie gar nicht beschädigt.« Er wusste, was das bedeutete. »Dann werden wir sie niemals zu Gesicht bekommen.«
    »Möglicherweise.« Der Professor wiegte den Kopf. »Möglicherweise sind sie auch schon vor Jahrhunderten vernichtet worden. Doch es gibt noch eine Möglichkeit.« Nachdenklich verschob er die einzelnen Fragmente. »Puzzlespiele sind eigentlich langweilig, finden Sie nicht auch?«
    Amadeo sah ihn fragend an.
    »Man kann sie nur auf eine Weise zusammensetzen«, erklärte Helmbrecht. »Jede andere Möglichkeit ist falsch. Deshalb hat meine Tochter immer Legosteine von mir bekommen. Damit ließen sich ganz unterschiedliche Sachen bauen.«
    »Sie können die Fragmente auch anders sortieren«, sagte Amadeo. »Nur ergibt es dann keinen Sinn mehr. Ohne den ersten Teil wüssten wir auch nicht, wo wir den zweiten suchen müssen. Selbst wenn wir den zweiten gefunden hätten — und nur den zweiten —, gäbe es dort keinen Hinweis auf den ersten.«
    »Sie sagen es, mein lieber

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