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Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Amadeo aus.
    Ich lebe noch, dachte er, als er den Fiat zum Campo dei Fiori lenkte. Also wird es wohl so sein.
    Das Theater des Pompeius am Campo dei Fiori war weit genug von Trastevere entfernt. Er konnte einigermaßen sicher sein, hier niemandem zu begegnen, der ihn oder das Mädchen erkannte. Außerdem war diese Gegend, eines der ältesten Viertel der Stadt, voll von Touristen. Einheimische waren hier abends kaum unterwegs.
    Da saß sie, zu Füßen des Denkmals, das an Giordano Bruno erinnerte, der hier auf dem Scheiterhaufen gestorben war. Weil er es gewagt hat, Dinge zu äußern, die dem Heiligen Stuhl nicht gefielen, dachte Amadeo und spürte, wie er eine Gänsehaut bekam. Helmbrecht hatte Recht: Paranoia hin, Paranoia her. Er war zu unvorsichtig.
    Berenice trug einen schwarzen Mantel, der so lang war, wie ihr Rock kurz, dazu schwarze Stiefel über dunklen Nylons. Schon von weitem leuchtete ihr Haar in jenem dunklen Kupferton, den man in alten römischen Familien häufig findet. Sie hatte Amadeo schon vor einiger Zeit ihr Leid geklagt, dass ihr Vater ihr nicht erlaubte, es blond zu färben. Das sehe zu gewöhnlich aus, hatte er offenbar behauptet. Nun, es war Berenices Sache, wenn sie sich das mit Anfang zwanzig noch gefallen ließ, aber in diesem Fall hatte der Mann Recht. Amadeo gefielen die Haare so, wie sie waren.
    »Ciao, Beri!«
    »Ciao, Amadeo!« Sie schluckte ihren Kaugummi herunter und grinste, als sie seinen Gesichtsausdruck bemerkte.
    Wie kann man nur so jung sein?, dachte er und gleich darauf: Wie kann ich nur so bescheuert sein. Was eigentlich mache ich hier?
    Schließlich war er wirklich hundemüde, und es gab genug, worüber er hätte nachdenken sollen. Doch nun war er einmal hier.
    »Steig ein«, sagte er. Sie tauschten einen Kuss, als sie auf dem Beifahrersitz saß. »Na, was stellen wir an?«
    »Keine Ahnung?«, sagte sie. Es klang wie eine Frage.
    »Ich dachte, wir fahren ein wenig raus«, schlug er vor. »Ist ziemlich schwül heute, und wir könnten oben, draußen vor der Stadt...« Er beobachtete sie, ihre Gedanken konnte er nicht erraten.
    Eigentlich war ihr Gesicht nicht sonderlich bemerkenswert, doch ihre Augen waren außergewöhnlich, eher blau als grün. Ein merkwürdiger Kontrast zu ihren Haaren. War es das, was ihn anzog? Er war sich nicht sicher.
    »Die anderen sind im Club.« Sie schob sich einen neuen Kaugummi in den Mund.
    Das fehlte noch, dachte Amadeo. Um nichts in der Welt wollte er mit ihr in die Disco. Da gab es ganz sicher Leute, die sie kannten. Geschwätzige Leute. Sie hatte mal erwähnt, dass ihr Vater dort früher Türsteher gewesen war. Wie er Signor Travelli einschätzte, war er noch gut im Training.
    »An sich ein bisschen zu warm dafür«, meinte er.
    Kauend warf sie ihm einen Seitenblick zu. »Meine mamma meinte auch schon, die Hitze setzt ihr zu, je älter sie wird.«
    Er schluckte. »Frauen sind da immer etwas empfindlicher«, murmelte er. »Also, raus aus der Stadt?«
    »D'accordo« , willigte sie ein, allerdings ohne übermäßige Begeisterung.
    Er lenkte den Wagen auf die Via Flaminia, ein Stück stadtauswärts und dann über den Fluss. Zum Glück wurde der Verkehr schon weniger. Vom Monte Mario würden sie einen herrlichen Blick über die Stadt haben. Außerdem war es nicht zu weit draußen — Berenice sollte nicht das Gefühl haben, er wollte sie in die Einöde verschleppen.
    Sie schlug die Beine übereinander, was eigentlich nicht besonders bequem war in seinem Fiat. Dabei rutschte ihr Mantel zurück, und er konnte erkennen, wo ihr Rock ansetzte. Verdammt weit oben.
    »Du fährst irgendwie ziemlich rechts heute«, bemerkte sie.
    »Scusa.« Er brachte den Wagen weiter zur Mitte und nahm sich vor, stärker auf den Verkehr zu achten.
    Amadeo war froh, als er den Fiat am Osservatorio Astronomico abstellen konnte. Berenice war ausgestiegen, bevor er ihr die Tür öffnen konnte. Sie ließ zu, dass er den Arm um sie legte, und sie schlenderten in den Parco della Vittoria hinein. Er war überrascht, wie viel heute Abend los war. Nun, es war ein lauer Abend, und da strömten die Menschen gerne hinaus aus der Stadt. Familien mit ihren Kindern, Pärchen, wie sie selbst eines waren.
    »Ist dir nicht zu warm unter dem Mantel?«, fragte er.
    Sie zuckte die Achseln und strich ihn von den Schultern. Amadeo nahm ihn ihr ab und drapierte ihn über seinen Arm, bevor er den anderen Arm wieder um Berenice legte. Ihr Kleid bestand im Wesentlichen aus zwei schmalen Trägern und

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