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Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Befehl zu wiederholen, selbst dann, wenn Menschen mit ihren Kindern zu ihm kamen, ja solchen gar, die noch nicht zu laufen vermochten. Simon Petrus nämlich drängte ihn dazu, damit nicht offenbar werde, dass es einzig Johannes gewesen war, den er bei sich haben wollte. Denn die Pharisäer sannen darauf, ihn zu verderben, und wahrlich, wahrlich: Dies wäre eine Waffe gewesen in ihren Händen, die ihn hätte verderben können — und uns alle mit ihm .
    Da er mir aber später enthüllte, warum er jene Worte gesprochen hatte, und da ich Zeuge war, wie Petrus ihn drängte, sie zu wiederholen, nahm ich sie nicht auf in meinen Bericht. Andere haben sie aufgenommen und berichtet. Sie aber, anders als ich, kannten nicht die ganze Wahrheit .
    An jenem Abend aber trat ich zu ihm und zu denen, die bei ihm waren, und ich setzte mich zum ersten Mal zu seinen Füßen. Und er lehrte uns .
    Als er aber am nächsten Tage nach Kapernaum aufbrach und seine Mutter, seine Brüder und seine Jünger mit ihm, da schlossen auch wir, mein Bruder Jakobus und ich, uns ihm auf seinem Wege an .
    »An der Stelle bricht der Text wieder ab.« Helmbrecht reckte sich. Er hatte diesmal Mühe gehabt, alle Sätze zu entziffern. Die Beschädigungen der Papyri waren zum Teil erheblich, doch er hatte sich an einigen Stellen alle Zeit der Welt gelassen, bevor er einen neuen Satz vortrug. Sie hatten nun jedenfalls einen ziemlich genauen Wortlaut von Johannes' Fortsetzung.
    »Aber das ist noch nicht der Schluss«, sagte Amadeo. »Und eine Offenbarung ist das auch noch nicht.«
    »Na ja.« Der Professor biss sich auf die Unterlippe. »Auf jeden Fall wissen wir jetzt: Unter den Jüngern war auch nicht alles«, er suchte nach Worten, dann sagte er auf Deutsch: »Friede, Freude, Eierkuchen.«
    »Wie bitte? «
    »Eine Redewendung.«
    »Auf so was können nur die direkten Nachfahren der Goten und Wandalen kommen«, murmelte Amadeo.
    »Es gibt da eine interessante wissenschaftliche Erkenntnis«, bemerkte Helmbrecht: »Unsere Vorfahren, die anständigen Goten und Wandalen, waren diejenigen, die zu Hause blieben. Das rauf- und raublustige Pack dagegen wandte sich nach Italien und vermischte sich mit der einheimischen Bevölkerung. «
    Amadeo ging nicht darauf ein. »Jedenfalls ist es eine Erklärung, warum die Segnung der Kinder im Johannesevangelium nicht vorkommt. Die gibt es nur bei den Synoptikern, also bei Matthäus, Markus und Lukas.«
    »Also für mich klingt das nach Profilneurose«, sagte Helmbrecht achselzuckend. »Die haben den Jungspund nicht ernst genommen, und das hat ihm nicht geschmeckt. Auf der anderen Seite...« Er beugte sich über die Papyri und suchte nach der Stelle. »Dies wäre eine Waffe gewesen in ihren Händen, die ihn hätte verderben können — und uns alle mit ihm . Klingt irgendwie kryptisch, oder? Sollte vielleicht niemand wissen, dass er seine Lieblinge hatte?«
    »Markus und die anderen Evangelisten heben die beiden Brüderpaare hervor, Simon Petrus und seinen Bruder Andreas sowie Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus. Johannes selbst dagegen nennt sich niemals mit Namen, sondern spricht stets nur vom Jünger, der beim Mahle an Jesu Schulter ruhte.«
    »Oder ihm zu Füßen saß, wie in diesem Falle«, stimmte der Professor zu. »Da war er ja auch noch kein Vollmitglied im Jüngerclub.«
    »Das wurde er aber später. Dieser Jünger spielt eine große Rolle bei ihm, und außerdem Philippus und Simon Petrus.«
    »Interessant«, murmelte Helmbrecht. »Nach allem, was er hier schreibt, war er auf die beiden vermutlich nicht so gut zu sprechen. Da wird papa Pio kein Halleluja anstimmen.«
    »Wohl kaum«, stimmte Amadeo ihm zu und betrachtete die Handschrift. »Was nun?«
    »Pinsel und Vitriol, bitte«, sagte Helmbrecht.
XXI
    »Nein, natürlich ist das überhaupt kein Problem, mein lieber Ingolfo«, versicherte Giorgio di Tomasi. Er wirkte trotzdem ein wenig enttäuscht. Wahrscheinlich hatte er sich schon darauf gefreut, an seine Monologe über den aufreibenden Arbeitsalltag in der officina anzuknüpfen. »Ich schreibe Ihnen die Adresse auf, und das Hausmädchen wird Sie zu jeder Tages- oder Nachtzeit einlassen. Dafür wird das Geschöpf schließlich bezahlt. Viel zu gut übrigens. Haben Sie in Deutschland auch diese Probleme mit den Gewerkschaften?«
    Amadeo hätte um ein Haar in seinen caffè gespuckt. Er wusste, dass Helmbrecht jahrelang im Personalrat der Universität gesessen hatte.
    »Wir haben sie im Griff«, erwiderte der

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