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Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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hin und schlafen etwas schneller, damit Sie morgen früh fit sind. Guten Flug.«
    Damit war das Gespräch beendet.
    Der Raum drehte sich um Amadeo. Sein Schreibtisch mit dem Laptop und dem hohen Regal von Aktenordnern. Der lebensgroße, gerahmte Akt von Mapplethorpe. Die Kochnische. Der Durchgang zum Schlafzimmer.
    St. Gallen. Das bedeutete, er musste die Wäsche nicht mehr einsortieren, sondern konnte sie gleich in den Koffer packen.
    » Va, pensiero, sull' ali dorate...«
    »Was?«
    »Vitriol bekommen Sie in der Apotheke!«
    Aufgelegt.
    Amadeo war übel.
    » Va, pensiero, sull' ali dorate...«
    Er hatte den Apparat noch nicht mal aus der Hand gelegt. »Professor, jetzt reicht es aber!«
    »Amadeo Fanelli?« Eine fremde Stimme, sie klang kühl, sachlich und nicht sehr freundlich.
    »Ja?« Er stockte. »Wer spricht da?«
    »Commissario Umberto Ubaldini von der polizia criminalle . Signor Fanelli, wo halten Sie sich gegenwärtig auf?«
    »Ich bin zu Hause.« Seine Stimme kam von weit her. Maledetto! War es wegen Berenice? Hatte sie doch jemand zusammen gesehen? Nein, das war Unsinn. Das Mädchen war Anfang zwanzig, daraus würde ihm die polizia keinen Strick drehen. Höchstens ihr Vater.
    »Signor Fanelli, in der officina von Signor di Tomasi ist heute Abend eingebrochen worden, doch wir können ihn bisher nicht erreichen. Daher möchte ich Sie bitten, unverzüglich in die Via Oddone zu kommen. Wir warten auf Sie.«
    Wieder aufgelegt, ehe er eine Frage stellen konnte. Ein eiskalter Schauder überkam ihn.
    Jetzt ist es zu spät, dachte er. Sie haben die Papyri.
XXV
    Zehn Minuten später stieg er am Park gegenüber der Via Oddone aus seinem Fiat. Einsatzfahrzeuge der polizia waren zwar nirgends zu sehen, aber im fünften Stock brannte Licht. Das war Beweis genug.
    Er hatte sich kurz gefragt, ob es ein Streich sein konnte. Woher sollten die Beamten die Nummer seines telefonino haben? Aber die stand natürlich in di Tomasis Unterlagen. Sie mussten nach jemandem gesucht haben, der in der Nähe wohnte, oder sie hatten sich einfach die nächstbeste Akte gegriffen.
    Die Tür zum Foyer war nicht verschlossen, doch hier unten brannte nur die Notbeleuchtung. Auf den Aufzug wollte er nicht warten, also stürmte er die Treppen empor, immer zwei Stufen auf einmal. Als er oben ankam, hämmerte sein Herz bis zum Halse. Die Tür der Werkstatt war nur angelehnt. Licht fiel durch die Milchglasscheibe mit der Aufschrift: »Officina di Tomasi e figli, Restauratori« . Amadeo hatte nie herausgefunden, auf welchen Vorgänger des capo sich die Firmenbezeichnung bezog. Giorgio di Tomasi hatte jedenfalls keine Söhne, er war einzig mit Chiara geschlagen. Für einen Augenblick kam Amadeo der Gedanke, ob einer der Gründe für Chiaras Reserviertheit ihm gegenüber vielleicht Eifersucht sein konnte. War sie womöglich in Sorge, er könnte ihr ihren Platz in der officina streitig machen? Andererseits schien sie sich für das Familienunternehmen nicht sonderlich zu interessieren, jedenfalls so lange ihr Vater nicht gerade eine Werkstattführung für Helmbrecht veranstaltete.
    Amadeo holte noch einmal tief Atem, dann stieß er die Tür auf und trat ein. Der große Arbeitsraum war hell erleuchtet.
    »Buona sera« , sagte der Restaurator. »Ich bin gekommen, so schnell ich konnte. Commissario? «
    Er lauschte. Keine Antwort.
    Amadeo sah sich um. Die officina sah aus, als wäre den Wandalen verspätet eingefallen, dass sie bei ihrem letzten Besuch in Rom etwas vergessen hatten. Schreibtischschubladen waren aufgerissen worden, ihr Inhalt lag am Boden verstreut. Der heilige Antonius, den Niccolosi so liebevoll restauriert hatte, war nur noch ein Häuflein Elend. An den anderen Arbeitsplätzen sah es nicht besser aus. Die Tür zum Büro des capo stand einen Spaltbreit offen.
    Amadeo drückte sie auf. »Commissario?«
    Das Licht brannte, doch auch dieser Raum war leer bis auf die Spuren der Verwüstung.
    Amadeo spürte ein warnendes Prickeln im Nacken, als er sich dem Flur zuwandte, der zum Sekretum führte. Hier stand ebenfalls die Tür offen.
    »Commissario?« , fragte er noch einmal.
    Doch auch im Sekretum hielt sich niemand auf, vielmehr sah es aus wie in allen anderen Räumen auch. Herausgerissene Schubladen, Papiere, Manuskripte, Arbeitsgerät am Boden verstreut. Mit klopfendem Herzen trat Amadeo um die Arbeitsfläche herum.
    Da war sie. Seine Schublade, das Versteck der Papyri.
    Die Schublade war leer.
    Sie haben die Texte. Er begann zu zittern.

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