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Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Entscheidung lastete schwer auf seiner Seele. Bisher hatte er es vermieden, sich bei Helmbrecht zu melden. Nicht ohne Not, sagte er sich. Nicht, bevor er das nächste Kapitel der Offenbarung in Händen hielt.
    Das Zittern beim Check-in — niemand hatte es zur Kenntnis genommen, und das Bodenpersonal war sogar besonders freundlich gewesen. Flugangst. Natürlich. Er war nicht der Einzige, der mit bangem Blick zur Passkontrolle schritt.
    »Haben Sie noch einen Wunsch, junger Mann?« Das Lächeln der Stewardess war so strahlend, dass er Zahnschmerzen bekam, aber das »junger Mann« schmeichelte ihm.
    Er schüttelte den Kopf. »Danke, ich bin wunschlos glücklich.« Sobald wir unten sind , fügte er in Gedanken noch an.
    Er sah auf die Uhr. Es war kurz vor halb acht, bis zur Landung in Zürich blieb noch eine Stunde. Zeit genug, um ein wenig am Laptop zu arbeiten. Ein Segen, dass er ihn gestern nach Feierabend im Kofferraum gelassen hatte. Das lenkte ab. Immer wieder hatte er sich unauffällig umgesehen und tatsächlich mehrere Männer in gedeckten Anzügen entdeckt, sogar hier, in der Economy Class. Auf der anderen Seite waren gedeckte Anzüge nicht gerade selten — und einen Ring mit einem roten Stein hatte er nirgends erspäht.
    Sein Sitz befand sich am Gang. Zum Fenster hin saß ein altes Ehepaar aus der Schweiz, das sich in der landestypischen Sprache unterhielt, die deutsch war und dann doch wieder nicht. Touristen, dachte Amadeo. Er hatte nur wenige Worte mit ihnen gewechselt.
    Er fuhr seinen Laptop hoch und wählte sich ins Internet ein. Wie gut, dass das mittlerweile möglich war. Dies war für ihn die letzte Gelegenheit, um sich auf den Aufenthalt in St. Gallen vorzubereiten. Dass ein Mann von seinem Bildungsgang die älteste erhaltene Klosterbibliothek der Christenheit noch niemals zu Gesicht bekommen hatte, war ohnehin eine Schande.
    Auf den Seiten der Stiftsbibliothek fand er eine kurze Einführung. Das Kloster St. Gallen war Anfang des siebten Jahrhunderts begründet worden und hatte in den folgenden Jahrhunderten seine Blütezeit erlebt. In dieser Phase war auch ein großer Teil der berühmten Handschriften entstanden, die mit Namen von Mönchen wie Notker dem Stammler verbunden waren. Das Kloster selbst war im Jahre 1805 aufgelöst worden, die Bibliothek hingegen bestand bis heute fort. Sie stellte eine wichtige Forschungsstätte für die Wissenschaft dar, war aber gleichzeitig längst zum Touristenmekka geworden.
    »Fast wie zu Hause«, murmelte Amadeo, während er sich durch den Text scrollte. Nur ohne gedungene Mörder des Heiligen Stuhls oder Polizisten, die mit ihnen unter einer Decke stecken.
    Längst nicht alle Handschriften der St. Gallener Bibliothek stammten aus dem Scriptorium des Klosters. Das wäre auch zu einfach gewesen, dachte Amadeo resigniert. Einer der letzten Äbte der Bibliothek hatte in größtem Maßstab überall in Europa historisches Schriftgut eingekauft und der bereits beachtlichen Sammlung hinzugefügt.
    Vielleicht auch einen Vergil aus dem zehnten Jahrhundert.
    Die Schweizer blickten jetzt aus dem Fenster. Atemberaubend erhoben sich die Alpengipfel im Morgenlicht. Der Himmel war stählern blau, nur an den höchsten Gipfeln hatten sich schneeweiße Wolken gefangen. Es war unwirklich! Dieser Anblick oder das Geschehen von gestern Nacht — nur eines von beiden konnte Wahrheit sein. Amadeo fuhr den Rechner herunter und blickte aus dem Fenster, bis die Anweisung ertönte, die Gurte anzulegen.
    Er wusste, dass er noch immer unter Schock stand, und er fürchtete sich vor dem Augenblick, da er daraus erwachen würde.
    Flug LX 01735 der Swissair setzte zur Landung an.
XXVII
    Amadeo wusste nicht, wie er sich Rebecca Steinmann vorgestellt hatte. Jedenfalls nicht so .
    Sie mochte etwa in seinem Alter sein, doch allein ihre Erscheinung sorgte dafür, dass er sich spießig vorkam in seinem pastellfarbenen Businesshemd und dem anthrazitfarbenen Sakko, das er in Fiumicino erworben hatte. Immerhin war es ganz flott geschnitten, besser als das dunkle, mit dem er versucht hatte, den caffè vom heiligen Antonius zu entfernen. Aber das konnte auch nicht verhindern, dass er sich vorkam wie ein verknitterter Bücherwurm.
    Rebecca Steinmann hatte feuerrotes Haar, und er wollte schwören, dass es nicht gefärbt war. Ihr Mund war sinnlich, mit dunklem Lippenstift betont, und die Augen so grün, dass es ihn irritierte. Ein Piercing in der Augenbraue — die rechte Hand eines Custos mit einem

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